Montag, 1. August 2011

Die Zukunft von Hugendubel (12): Die Marke "Hugendubel"

"Der Charakter einer Marke definiert sich also nicht über die Markenzeichen, sondern über die typischen Eigenschaften der Objekte, die mit dem Markennamen in Verbindung stehen bzw. vom Inhaber und den Zielgruppen der Marke in Verbindung gebracht werden.
Besonders ausschlaggebend für die Beurteilung eines Markencharakters sind die Assoziationen, die die Marke bei den Mitgliedern ihrer Zielgruppen auslöst (z. B. innovativ, exklusiv, hochwertig, zuverlässig,etc.)."
(Vgl. den Wikipedia-Artikel "Marke").
Der Markenname "Hugendubel" steht im Selbstverständnis und in der Außendarstellung der Firmenbesitzer wie auch bei vielen Kunden nach wie vor für ein traditionsreiches, qualitätsorientiertes Familienunternehmen.
Wir werden im folgenden einen Blick auf die Zukunft der Marke Hugendubel im Kontext der DBH-Markenpolitik werfen.

Die DBH als "Partnerschaftsmodell" starker Regionalmarken?

"Vielfalt wird dadurch gesichert", sagte Nina Hugendubel nach der DBH-Gründung in einem Interview mit dem Magazin Cicero, "dass die einzelnen Marken bestehen bleiben. Auch die eigenen Geschäftsführungen unserer Partner bleiben erhalten. Das Ziel ist nicht, alles zu vereinheitlichen und überall Hugendubel drüberzuschreiben. Die Buchhandlungen des Verbundes sollen sehr regional, sehr individuell, ihrer bestehenden Marke entsprechend agieren können." Und Maximilian Hugendubel ergänzte: " Wir verstehen die DBH Buchhandelsholding als ein Partnerschaftsmodell, wir sind sozusagen die Star Alliance des Buchhandels."




Die Aussage von Maximilian Hugendubel, daß die einzelnen Marken im DBH-Konzern "sehr regional, sehr individuell" agieren sollen, war zunächst durchaus nachvollziehbar. Die Marke Hugendubel hatte eine sehr starke Markenpräsenz in Bayern, speziell im Großraum München und war zudem  in Berlin und Frankfurt deutlich sichtbar. Praktisch unbekannt war der Name aber in Norddeutschland, im Südwesten oder im nördlichen Teil der neuen Bundesländer. Ausgleichen konnte dieses Defizit der Einkauf regional starker Marken wie Weiland (Norddeutschland), Ganghofer (Ingolstadt) oder Schmorl & von Seefeld (Hannover).


Reduktion auf zwei Marken?

Aber schon die Integration der im Rhein-Main-Gebiet sehr starken und traditionsreichen Marke Buch Habel 
demonstrierte, daß es mit dem Hugendubel´schen Partnerschaftsmodell nicht allzu weit her ist. Flaggschiff-Filialen im Rhein-Main-Kerngebiet wie Wiesbaden, Darmstadt oder Mainz wurden in Hugendubel umfirmiert, der unprofitable Rest - vor allem in Ostdeutschland - abgestoßen. Ähnliches passierte ja schon mit Wohlthat.

Die Infoblog-Redaktion hat natürlich keinen Einblick in die Verkaufsverträge, nämlich ob und wie lange die Altbesitzer sich die Fortdauer ihres Traditionsnamens haben festschreiben lassen. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß nach einer gewissen Schonfrist (auch zur Vermeidung des Gesichtsverlusts in der lokalen Öffentlichkeit) ihre Namen verschwinden werden. Das DBH-Management ist weder besonders sentimental noch zimperlich, wenn die Controlling-Abteilung die Zusatzkosten für z.B. eigens produziertes Werbematerial für kleine Regionalmarken vorrechnet. Das Ende der Markennamen von Ganghofer und Schmorl & von Seefeld ist damit nur noch eine Frage der Zeit. Es blieben dann nur noch Hugendubel als vermeintliche Premium-Marke und Weltbild als Discounter-Marke übrig.


Moment of truth?


"Aus der Sicht des Markeninhabers sollen die relevanten Zielgruppen die Produkte und Angebote des Markeninhabers von konkurrierenden Produkten und Angeboten anderer Markeninhaber unterscheiden können. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Produkte und Angebote unverwechselbare Eigenschaften aufweisen." (...) Die wesentlichen charakterprägenden Eigenschaften einer Waren- oder Dienstleistungsmarke sind ihre sog. Markenwerte, allen voran die Nutzenversprechen, das Qualitätsniveau und das Preisniveau "(Wikipedia).

Damit kommen wir zu einem äußerst interessanten und hoch brisanten Aspekt der Marketing-Theorie.
Wenn nämlich der Kunde mit seiner Assoziation der Marke Hugendubel mit dem Nutzenversprechen einer traditionsreichen Qualitätsbuchhandlung auf die Realität trifft, im Marketing-Sprech Moment of truth genannt: es ist die "Bewährungsprobe des Unternehmens um die Gunst der Person, um eine Kundenbeziehung zu beginnen, die bestehende Kundenbeziehung zu festigen und im besten Fall positive Mundpropaganda zu generieren." (Wikipedia).

Im Falle von Hugendubel könnte der moment of truth darin bestehen, daß der Kunde feststellt, daß er es gar nicht mit einer Qualitätsbuchhandlung zu tun hat, sondern in Wirklichkeit mit einer XXL-Weltbild-Filiale.
Die Marke Hugendubel wäre dann eine Potemkin´sche Fassade, dahinter die Weltbild-Discounter-Realität.
Die "Bewährungsprobe" wäre dann nicht bestanden und natürlich auch keine "positive Mundpropaganda generiert" worden. Kunden-Zitate in einschlägigen Internet-Bewertungs-Foren deuten in diese Richtung.


Ein Konzern, eine Marke?

Denken wir diese Situation einmal weiter. Nicht nur einige Jahre, sondern vielleicht ein Jahrzehnt weiter.
Die Zwei-Marken-Strategie hätte den Nachteil, daß in den Aufbau der Marke Hugendubel erheblich  investiert werden müßte. Dies betrifft,wie vorhin gezeigt, die weißen Flächen auf der Buchhandels-Landkarte in West-, Südwest- und Norddeutschland. Im Prinzip müßte dort die Marke neu aufgebaut werden.
Innerhalb der DBH würde sich das Budget für Werbung aber auf zwei Marken verteilen: Weltbild und Hugendubel. Denn der Anspruch der Marke Hugendubel wäre natürlich der einer bundesweiten Reichweite.

Während der DBH-Konzern das Werbe-Budget auf zwei Marken aufsplitten müßte mit der damit verbundenen halben Durchschlagskraft, kann sich der einzige bundesweite Konkurrent mit Multi-Channel-Strategie auf eine einzige Marke konzentrieren: Thalia.

Denken wir diese Option bis zum bitteren Ende durch: Wäre es nicht eine betriebswirtschaftlich logische Konsequenz, sich als DBH-Konzern nur noch auf eine Marke zu konzentrieren? Alle Ressourcen und Strategien auf eine Marke fokussieren? Und welche Marke würde da wohl übrig bleiben?

Hugendubel oder Weltbild ?

Eine rhetorische Frage.




10 Kommentare:

  1. Ich bin gespannt, wie es mit Hugendubel weitergeht. Allerdings kann ich mir kaum vorstellen, dass der Name Hugendubel verschwinden wird. Allein der Name ist viel wert. Der Name ist nun mal eine Marke.

    Was allerdings hinter dem Namen stehen wird (wahrscheinlich komplett Weltbild), ist eine andere Sache.
    Ich frage mich schon lange, wer wirklich das Sagen hat und wie das in Zukunft aussehen wird.

    Hugendubel wird womöglich irgendwann nur noch als Name (Marke) existieren?

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  2. Ich schließe mich Fragezeichen an: der Name wird bleiben als Fassade, die Technik im Hintergrund ist alles Weltbild. Investiert in die Marke Hugendubel wird auch nicht mehr groß werden, es läuft halt so mit. Die Zukunft von Hugendubel heißt Weltbild, auch wenn der Name bleiben sollte.

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  3. Und erneut wieder ein sehr informativer, nachdenklich machender und die richtigen Fragen stellender Bericht.
    Ist der Name "Hugendubel" wirklich so viel wert? In Bayern ja, im Rest der Republik? ... Fraglich. Ich vermute eher, daß auf lange Sicht über den Läden der Name Weltbild hängen wird. In Bayern kann man ja Hugendubel hängen lassen. Und fraglich ist auch, wieviele einzelne Filialen in einem Jahrzehnt überhaupt noch übrig sind. In den Großstädten vielleicht noch ein paar Filialen, der Großteil des Umsatzes wird dann im Internet verdient. Schaut euch die Stellenanzeigen bei Weltbild an. Es werden IT Spezialisten gesucht. Vollzeit Medienverkäufer Stellen sucht man vergebens.
    Eine düstere, doch in meinen Augen realistische Zukunftsvorstellung.

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  4. Cooles Foto am Ende des Artikels. Hat zwar im Original einen anderen Zusammenhang gehabt, aber irgendwie passt es hier auch perfekt... :-)

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  5. Danke für den Kommentar, dem ich nur zustimmen kann. Ich bin mir sicher, daß die Entwicklung in diese Richtung läuft, wahrscheinlich sind entsprechende Planungen und Berechnungen schon längst in der Mache.

    In München kriegt man das vielleicht noch nicht so mit, aber in Berlin sieht jeder, der nicht beide Augen verschließt, daß die Filialen sich in der Praxis immer mehr dem Weltbild-Niveau und dem Weltbild-Anspruch angleichen. Das betrifft die Minimalbesetzung, die zurückgefahrene Servicequalität, das abgespeckte Warenangebot, den plakativen Verweis der Kunden auf die Onlineschiene und natürlich den auf Aufräumen und Kassendienste reduzierten Arbeitsalltag von uns Beschäftigten. Vor allem aber zeigt sich der Trend zu Weltbild in der mittlerweile völlig unverstellten Geringschätzung buchändlerischer Erfahrung und Kompetenz durch die Führungsebene und in der Abschaffung regionaler Eigenständigkeit und dezentraler Entscheidungsstrukturen.

    Vielleicht geht Weltbild einen ähnlichen Weg wie der Karstadtkonzern. Der Marienplatz spielt dann eine Sonderrolle wie das Berliner KaDeWe oder der Münchner Oberpollinger - ein Premiumhaus, das aus Image-, Marketing- und Standortgründen den alten Namen beibehält und das anspruchsvolle und kaufkräftige Kundensegment bedienen soll. Der Rest der Filialen wird dichtgemacht oder geht in Weltbild auf. Um das Standortgeschäft so profitabel wie möglich zu machen, wird qualifiziertes Personal weiter abgebaut und durch billige Teilzeitkräfte und Rackjobber ersetzt. Verlage bekommen die Möglichkeit, sich Flächen zu mieten und ihr "Standardsortiment" zu präsentieren, sonst fliegen sie raus.

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  6. @Gutenberg
    Nur dass Karstadt mit dieser Technik tief in die Pleite geschlittert ist = Zukunftsvision für WB-Hugendubel?

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  7. Hier ein interessanter link für T.Nitz und die anderen Geschäftsführer, aber auch für alle Nachdenklichen:

    http://www.buchmarkt.de/content/47891-beckmann-kommentiert.htm

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  8. @Ver-Linker:
    Interessanter und nachdenklich stimmender Kommentar: Kunden legen also doch Wert auf Beratung und Empfehlungen... Ich fürchte, unsere GL ist zu eingefahren und zu fantasielos, daraus Lehren für Hugendubel zu ziehen. Die Priorität Nr. 1 ist und bleibt Kostensenkung mit allen Mitteln. Wenn der Kunde Empfehlungen will, dann soll er sie sich auf der Internetseite besorgen, aber nicht bei "teuren" Buchhändlern.

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  9. Vielen, vielen Dank an Herrn Beckmann für diesen Kommentar, toll, dass es noch unabhängige Meinungen gibt in der Branchenpresse: leider lassen sich die Ideologen bei den Filialisten durch Argumente aber kaum erreichen, sie leben in ihrer eigenen, von den realen Kundenwünschen abgeschotteten Welt.
    Traurig für uns Mitarbeiter.

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  10. Und da mir selbst im Moment nicht viel einfällt: der "Buchmarkt" verweist heute auf einen großartigen Text zur Borders-Pleite.

    www.publishersweekly.com/pw/by-topic/columns-and-blogs/soapbox/article/48165-fatal-mistakes.html

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