Mittwoch, 11. April 2012

Die Mitarbeitervertretung - Ein Interview


Zu den Tätigkeiten eines „Betriebsrates“ in der katholischen Kirche, hat unser Redaktionsteam mit einem Mitarbeitervertreter ein Interview geführt.
Da dieser lieber anonym bleiben möchte und über konkrete Inhalte schweigen muss, hat er das Pseudonym „Zacharias“ gewählt.

Foto: wallgünthergehtüberallhin



Blog:
Hallo Zacharias, Du hast unseren Artikel von letztem Mittwoch gelesen. Sind die Inhalte dort richtig wiedergegeben?

Zacharias:
Ja und Nein. Was vergessen wurde ist die Tatsache, dass laut der Grundordnung auch nichtkatholische christliche und auch nichtchristliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer katholischen Einrichtung beschäftigt werden dürfen. Für diese Beschäftigten gibt es eigens formulierte Loyalitätsobliegenheiten. Ansonsten bin ich mit dem Artikel einverstanden.

Blog:
Wie sieht Dein Tagesablauf als Mitarbeitervertreter aus?

Zacharias:
In unserer kleinen Einrichtung gibt es eine dementsprechend kleine Mitarbeitervertretung, mit einem kleinen Freistellungsanspruch. Unser Gremium tagt alle 2 Wochen für knapp 2 – 3 Stunden; an Themen und Beschlüssen mangelt es nicht. Zu meinen Aufgaben gehört es, jeden Tag unser Postfach und den Briefkasten anzulaufen, damit zeitnah Anhörungen, Anfragen oder Seminarunterlagen gesichtet und bearbeitet werden können. Auch besuche ich regelmäßig die Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen um ganz aktuell die Stimmungen dort aufzunehmen und nach dem Befinden zu fragen. Diese Aufgabe haben wir übrigens auf mehrere Köpfe aufgeteilt.
Die Vorbereitung zu unseren Sitzungen übernimmt unsere MAV-Vorsitzende.

Blog:
Welche Rechtsquellen stehen der Mitarbeitervertretung zur Verfügung?

Zacharias:
Vielleicht habt Ihr schon bemerkt, dass in der katholischen Kirche ganz vieles in sogenannten „Ordnungen“ geregelt ist.

Die Grundordnung für den kirchlichen Dienst habt Ihr schon kennengelernt. Für uns Mitarbeitervertreter gibt es eigene, umfassende Richtlinien, die in der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) zusammengefasst sind. Dort ist unter anderem geregelt:

  • Die Bildung von Mitarbeitervertretungen
  • Wahlverfahren
  • Amtszeit, Tätigkeit und Rechtsstellung
  • Schulungen und Kosten
  • Schutz der Mitglieder der MAV, Kündigungsschutz und Schweigepflicht
  • Mitarbeiterversammlung
  • Formen der Beteiligung wie Anhörung und Mitberatung, Vorschlagsrecht, Zustimmung und Antragsrecht
  • Dienstvereinbarung
  • Bildung der Einigungsstelle
  • und vieles mehr.
Begleitende Handbücher und Kommentare sind hierbei sehr hilfreich und tatsächlich finden diese Vorschriften, wenn man seine Aufgaben ernst nimmt, auch Anwendung. Nächstes Jahr stehen z.B. wieder Neuwahlen der Mitarbeitervertretungen an, und es ist sehr hilfreich, wenn klar ist, wo man nachschlagen kann.

Als weiteres Regelwerk ist noch das Arbeitsvertragsrecht der bayerischen (Erz-)Diözesen (ABD) zu nennen. Hier haben wir es quasi mit dem „Manteltarif“ der Diözesen in Bayern zu tun. Auch dort sind verschiedene Ordnungen für bestimmte Berufsgruppen zu finden, besondere Dienstordnungen für Pädagogische Fach- und Ergänzungskräfte, Pfarrsekretärinnen, Mesner, Kirchenmusiker …
Wen es interessiert, das ABD ist veröffentlicht unter:


Dies alles findet seine Zuordnung im Kirchenrecht, bei Diskussionen immer ein schlagendes Argument.

Blog:
Wie gestaltet sich die Arbeit für die KollegInnen?

Zacharias:
Es ist immer wieder erstaunlich, wie ahnungslos viele Kolleginnen und Kollegen sind. Viele kennen ihre arbeitsrechtliche Stellung nicht, geschweige denn irgendwelche Gesetzestexte. Wir müssen schon kräftig Aufklärung betreiben, auch bezüglich unserer Arbeit als Mitarbeitervertreter. Wenn man weiterhelfen kann, dann ist es schon erfreulich. Noch besser ist es wenn es gelingt, etwas gegenüber dem Dienstgeber für die Belegschaft durchzusetzen.

Insgesamt macht mir dies alles aber sehr viel Spaß.

Blog:
Du hast die kommenden MAV-Wahlen angesprochen. Welche Ratschläge würdest Du neuen Mitarbeitervertretern mit auf den Weg geben?

Zacharias:
Von Anfang an muss man zeigen, wie ernst es einem ist. Möglichst bald auf Schulungen gehen und sich innerhalb der Dienstgemeinschaft, aber auch innerhalb der Mitarbeitervertretung kräftig einmischen. Es kann schon sein, dass man sich unbeliebt macht, engagiertes Arbeiten für die Kolleginnen und Kollegen ist jedoch wichtiger. Dies erfordert Mut und Tatkraft.

Für komplett neu gewählte Mitarbeitervertretungen ist dies viel schwieriger. Sie müssen sich erst etablieren, damit meine ich, dass sie sich mit grundsätzlichen Dingen behaupten müssen. Beispielsweise die Frage nach Freistellungen, Sitzungen, Beteiligungsrechten bis Mitbestimmung. Solche Dinge sind auch manchen Dienstgebern nicht klar. Da braucht man ein starkes Rückgrat.

Hilfestellungen und auch Rechtsberatung bietet die DiAG (Diözesane Arbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen) an.

Blog:
Zuletzt noch Dein persönlicher Wunsch als Mitarbeitervertreter?

Zacharias:
Meine Wiederwahl im nächsten Jahr und die Hoffnung auf viele weitere neue MAVen ab 2013.

Blog:
Vielen Dank für die Fülle an Informationen in diesem knappen Interview und für die Zukunft alles Gute.

6 Kommentare:

  1. Mehr würde mich interessieren was unser eigener BR so treibt.

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    1. Alleine in unseren Sitzungen haben wir ein großes Pflichtprogramm, welches in Tagesordnung und Protokoll dokumentiert ist, abzuarbeiten.
      Sehr viele Vorgänge innerhalb des Betriebes bekommen Nichtbetriebsräte nicht mit, weil diese nicht (oder auch noch nicht) veröffentlicht werden (dürfen).
      Einmal im Jahr wird über unsere Arbeit auch auf der Betriebsversammlung berichtet; bei regelmäßigem Besuch dieser Veranstaltung bleibt man immer am Ball und bekommt klar und eindeutig mit bei welchen Themen die GL, die RL und auch die Hausleiter um den Betriebsrat nicht herumkommen, was demnach immer mit Arbeit für den BR verbunden ist.
      Sollte Dir jetzt noch etwas unklar sein, dann frage einfach den Betriebsrat Deines Vertrauens, über verschiedene Themen darf dieser berichten, über Personen und Vertrauliches darf er dies nicht.

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  2. Der Betriebsrat ist kein Geheimrat und kann über alles berichten; außer über einzelne Personelle Angelegenheiten.

    Die Betriebsversammlungen finden 1x im Quartal statt. Hingehen und sich dort informieren.

    Immer nur meckern, das kann's doch nicht sein.
    Reden mit dem BR ist immer noch die einfachste Möglichkeit sich schlau zu machen und auf den neuesten Stand zu bringen.

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  3. Unser BR erzählt da nix. Geht uns nix an. Auf den BVers. werden nur Dinge erzählt die wir sowieso schon wissen.
    Ansonsten machen sie ständig Büroarbeit, keine Ahnung was sie da treiben. Oder sie tagen zusammen. Davon hören wir auch keine Ergebnisse.

    Wenn man sie fragt kommen große Augen "aber darüber dürfen wir doch nicht reden".
    Ach ja und ansonsten verbringen sie den kärglichen Rest ihrer zeit mitnichten bei uns im Laden sondern auf Seminaren.

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  4. @die ganzen Kritiker
    Ich empfehle dazu eine spannende Lektüre:
    das Betriebsverfassungsgesetz!

    Insbesondere zu den Geheimshaltungspflichten eines Betriebsrates, zu dessen Aufgaben und co.

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  5. Nochmal: ein Betriebsrat ist kein Geheimrat.

    Es gibt nur einen minimalen Teil, der geheim gehalten werden muß. Die Unternehmer würden das aber gerne anders haben, um mit dem BR im stillen Kämmerlein was zu vereinbaren.
    Doch ein guter BR informiert natürlich seine Kollegen und läßt sich davon nicht beeindrucken.

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