Dienstag, 18. Januar 2011

Arbeit für andere?

Wir verrichten auf dieser Welt die verschiedensten Arbeiten unter extrem unterschiedlichen Bedingungen. Jeder für sich, jeder für sein eigenes Wohl, jeder mit der Angst im Nacken, seine Familie nicht ernähren zu können; dahinter steckt der Überlebenswille, der Antrieb sich fortzupflanzen und die „eigene Saat“ unter günstigen Bedingungen wachsen zu sehen. Sollen die Nachkommen doch mal ein besseres Leben haben, ein anderes Leben, ein Wohlstandsleben, ein Leben, in dem sie sich eine bessere medizinische Versorgung leisten können – oder sogar ein Leben in Überfluss.


In den Industrieländern arbeiten wir sogar des Status wegen. Der neue BMW, die Eigentumswohnung, die neue Spielekonsole: wir messen uns mit den anderen – wohl wissend, dass es unterhalb unseres eigenen Status noch andere Menschen gibt. Wir haben Angst vor dem Abstieg und verteidigen unseren Status, wir empfinden Neid; und sollte uns jemand den Status streitig machen wollen, uns angreifen oder überholen, dann fahren wir den Ellenbogen aus, erwidern den Angriff und schlagen hart zurück.

Doch was daran ergibt einen Sinn?

Es gibt unter uns jene die behaupten, sie würden aus Spaß arbeiten. Doch dies ist definitiv nicht so, denn sie arbeiten aus den genannten Gründen. Manche schaffen es zwar, eine Arbeit zu finden, die ihnen eine Art Erfüllung oder Sinn vermittelt. Sie machen ihre Arbeit gerne; doch arbeiten sie nicht für sich, sie arbeiten für andere, und vor allem arbeiten sie gegen andere.

Denn während wir hier im Wohlstand leben, erfrieren anderswo Menschen, sie verhungern, werden erschossen, erschlagen oder hingerichtet. Sie sterben mangels sauberen Wassers, mangels medizinischer Versorgung, an Überschöpfung und aus Mangel an westlicher Solidarität. Teilweise führt unser Konsum zu ihrem Tod.
Aus Mangel an Nahrung starben letztes Jahr 8,8 Millionen Menschen.
Aus Mangel an sauberem Wasser sterben allein täglich 5000 Kinder – Kinder, denen die Zukunft genommen wurde.

Doch dies sind nur diejenigen Menschen, die sterben; diejenigen, deren Leiden vorüber sind.
Sehr viele Menschen, viele davon Kinder, arbeiteten unter Qualen für das Wohl anderer.
Sie arbeiten mehr als 16 Stunden am Tag: in Bergwerken, in Industriebetrieben, auf Plantagen (Erdnüsse, Bananen, Kaffee, …); sie arbeiteten unter unmenschlichen Bedingungen.

Chiapas – Ein Beispiel:

In Mexiko arbeiten Kaffeepflücker, die sich selbst keinen Kaffee leisten können; eine gestohlene Bohne – und es gibt Schläge vom Plantagenbesitzer; wehrt sich jemand, droht ihm der Tod. Diese Schläge, diese unmenschlichen Arbeitsbedingungen stecken in den 500g-Packungen, die wir für weniger als 2 Euro im Discounthandel kaufen.
Warum kaufen wir diese Schläge? Warum wissen so wenige davon?
Der Wohlstand, das Vermögen, die effektive Liquidität eines Volkes ist auch immer der Wohlstand eines Staates.

In Mexiko gab es Mitte der 90er Jahre einen Aufstand gegen die Großgrundbesitzer. Eine indigene Bauerngemeinschaft griff zu den Waffen, die EZLN war geboren. Der Bundesstaat Chiapas, ca. 4 Millionen Einwohner, wurde unabhängig, die Regierung ging mit militärischer Härte dagegen vor. Großgrundbesitzer schufen Privatarmeen, sie kauften Waffen und Fahrzeuge von der mexikanischen Regierung: Waffen, die wiederum von deutschen Firmen - mit Billigung der deutschen Regierung - dorthin verkauft worden sind.

Mexiko rüstet aus Angst vor zurückgehenden Kaffeeexporten auf, Deutschland verdient an den Waffenverkäufen, unser Kaffe bleibt billig, wir kaufen billigen Kaffee – und unsere Ersparnisse werden bei Banken angelegt die in die Plantagenbesitzer investieren.
Und dies geht bis heute so. Die Lage in Chiapas ist immer noch unruhig. In allen anderen Bundesstaaten Mexikos haben die Großgrundbesitzer weiterhin die Macht und beuten ihre Arbeiter aus. Die Kaffeepflücker sind die Verlierer, während wir unseren Wohlstand daraus ziehen.

Die Firma Heckler&Koch wurde erst im Dezember 2010 durchsucht: sie hat Waffen nach Chiapas verkauft, was der Firma erst vor ein paar Jahren verboten worden war. Auch wenn der deutsche Staat sich inzwischen den Protesten beugen musste und die Waffenexporte nach Chiapas verboten hat, so ziehen wir weiterhin unseren Nutzen aus dem Leid anderer Menschen.
Ob Fahrzeuge, landwirtschaftliche Technik oder Werkzeuge, die wir nach Mexiko exportieren, wir ziehen daraus unseren Profit. Arbeitsplätze in unserem Land hängen daran. Außerdem: als drittgrößter Waffenexporteur der Welt haben wir noch genügend andere Abnehmer unserer tödlichen Waren.
Chiapas ist nur ein Beispiel – und es gibt schlimmere.

Was soll dieser Text jetzt eigentlich?

Er soll zum Nachdenken anregen:
Wo kommt der gedruckte Buchblock her? Aus China.
Durch wessen Qualen wurde der günstige Druck ermöglicht?
Was macht mein Riesterfond? Investiert in Kriegsgüter und spekuliert auf Rohstoffpreise, toll!
Warum kaufe ich die Produkte von Nestle und Coca Cola wenn diese Konzerne in Kolumbien paramilitärische Truppen zur Ermordung von Gewerkschaftern bezahlen?

In Chiapas kämpft die EZLN weiterhin um ihre Autonomie. Großgrundbesitzer wurden enteignet, die Kaffeepflücker ernten jetzt ihren eigenen Kaffee.
Und die Solidarität anderer Menschen hilft! 500g des zapatistischen Kaffees kosten zwischen 5 und 7Euro.
Die EZLN ist zu etwas geworden, was einer Gewerkschaft indigener Gemeinden gleichkommt. Menschen schließen sich zusammen und kämpfen.

Was können wir tun?
Wir müssen nicht auf die Straße rennen und eine Revolution anzetteln, also...wenigstens nicht sofort...
Es genügt und hilft den Menschen bereits, wenn wir erst einmal nur nachdenken.

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