Wie der Verleger und Prinzipal Hans Dieter Beck seine Druckerei-Belegschaft erpresst
Tatort Nördlingen, Druckerei des C.-H.-Beck-Verlags:
Ein Exempel, wie einer gewerkschaftlich selbstbewussten und aktiven 390-köpfigen Belegschaft das Rückgrat gebrochen werden soll. Mit Spaltung, Drohung, Erpressung. Der Etappensieg geht an Kapitaleigner und Verleger Hans Dieter Beck und seinen Unternehmensberater Michael Apenberg.
In nur fünf Wochen wird alles auf den Kopf gestellt:
Seit 29. April 2011 gilt der Tarifvertrag nicht mehr; das Unternehmen Beck ist im Arbeitgeberverband nur Mitglied ohne Tarifbindung. Es soll Einzelverträge geben; der Chef lädt Beschäftigte aus allen Abteilungen in eine „Verhandlungskommission“ ein, die ein bisschen mitreden soll. Der Betriebsrat macht bei diesem rechtlosen Gremium nicht mit.
Stattdessen loten sein Vorsitzender Werner Wittal und ver.di-Sekretär Rudi Kleiber bei Beck die Chancen einer neuen kollektiven Regelung aus. Die ver.di-Mitglieder im Haus beschließen, eine Reduzierung der Personalkosten solle mit einem Haustarifvertrag und Altersteilzeitregelungen abgefedert werden.
Da dreht sich der Wind: keine Gespräche mehr.
Stattdessen wird der Druck auf die Beschäftigten erhöht, Einzelverträge zu unterschreiben.
Die Mitglieder der „Verhandlungskommission“ raten zu; die Belegschaft wird gespalten. Die Entschlossenen antworten mit einem zweitägigen Streik. Mit massiven Kündigungsdrohungen – im Betrieb und per Telefon bei den Beschäftigten zuhause - holt sich die Geschäftsleitung weitere Einzelverträge.
Vorläufiger Höhepunkt am 3. Juni: 83 Prozent haben unterschrieben, „viele mit der Faust in der Tasche und Tränen in den Augen“, berichtet der Betriebsratsvorsitzende.
Mit der Faust in der Tasche und Tränen in den Augen
Und das schreiben diese Einzelverträge fest:
Eine unbezahlte Verlängerung der Arbeitszeit, weniger Jahresleistung und zusätzliches Urlaubsgeld. Gestrichen sind u. a. Essensgeld und Freischichten. Dafür verzichtet Beck auf betriebsbedingte Kündigungen bis 2013 – aber nur dann, wenn der Betriebsrat die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit mitträgt. Eine Investitionszusage des Hauses bleibt vage.
Sandra Schneider, die als Sachverständige für den Betriebsrat die Lage des Unternehmens untersucht hat, kommt zu dem Schluss: „Beck steht nicht mit dem Rücken zur Wand.“
Es sei wenig verständlich, warum das Haus allein durch die Reduzierung der Personalkosten wettbewerbsfähiger werden soll. „In einer noch nicht eingetretenen Notsituation wird von der Belegschaft dauerhafter Verzicht verlangt, bei begrenzten Zusagen.“
Nach Schockstarre und Katzenjammer wird in der Druckerei wieder Unmut laut:
Das spüren der Prinzipal und seine Mannen auf der Betriebsversammlung am 8. Juni 2011. Unruhe im Saal und Hohngelächter erntet Beck, als er vom „harmlosen Verzicht von ungefähr 5 Prozent“ spricht, den die Beschäftigten nun leisten würden.
Er sei „entsetzt“ über die Erpressungsvorwürfe von Betriebsrat und Gewerkschaft, ruft der Verleger:
„Wir haben nur gesagt: Wenn wir die Unterschriften nicht bekommen, gibt es Entlassungen. Das ist keine Drohung, sondern eine Reaktion auf wirtschaftliche Realitäten.“
Da klatscht niemand.
Bravorufe und starker Applaus dagegen kommen auf, als ver.di-Sekretär Kleiber kontert:
„Ich bin entsetzt, dass es hier so weit gekommen ist.“
Quelle: http://www.verdi-news.de/
Weitere Infos: www.drupa.verdi.de
krass
AntwortenLöschen"Dafür verzichtet Beck auf betriebsbedingte Kündigungen bis 2013 "
AntwortenLöschenIch dachte betriebsbedingte Kündigungen können eh nur ausgesprochen werden, wenn ansonsten die Firma Pleite geht (was zu überprüfen ist). Wie kann man das dann als Drohung aussprechen? Da stimmt doch was nicht...
Es ist eine traurige Realität, dass viele Arbeitgeber sich die Freiheit nehmen, ihre Mitarbeiter zu nötigen um höhere Renditen einzufahren. Sie nutzen dazu die Abhängigkeit ihrer Mitarbeiter vom Arbeitsplatz aus, die eine Familie ernähren, ein Haus abbezahlen oder ein gewisses Alter erreicht haben. Doch da beginnt der große Irrtum, denn nur wer zufriedenes Personal, kann auch wirtschaftlich erfolgreich sein. Behandelt sein Personal schlecht und ungerecht, zahlt nach einer kurzen Gewinnerhöhung mit fehlender Motivation den doppelten Preis mit hohen Verlusten und fehlenden Reserven für wirklich schlechte Zeiten. Sollte wirklich eigentlich Krise eintreten , so hat man zum eine keine Solidarität in der Belegschaft und die Belegschaft keinen finanziellen Spielraum für Freiwilligen Gehaltsverzicht.
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