Gespräch mit der GBR-Vorsitzenden von Weltbildplus/Jokers
Im Juli 2011 führte die Infoblog-Redaktion ein erstes Interview mit Nicole Molthan. Seitdem hat sich nicht nur bei Weltbild und Hugendubel, sondern auch bei Weltbildplus/Jokers eine Menge getan. Anlaß genug, um mit Nicole Molthan, der Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrates, über die aktuelle Lage zu sprechen.
Infoblog: Der im November 2011 geplante Weltbild-Verkauf betrifft auch Jokers und Weltbildplus. Gab es viele Nachfragen von Kolleginnen und Kollegen an Dich deswegen?
Nicole Molthan: Ja, bei mir riefen etliche verunsicherte Kolleginnen und Kollegen an, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Die Massenentlassung im Jahr 2009, von der vor allem die Weltbildplus/Jokers Filialen betroffen waren, hat uns gezeigt, wie schnell man auf der Straße stehen kann.
Aber die Sorge um die Zukunft hat bei einigen meiner KollegInnen positive Energien entwickelt, so daß in weiteren Filialen Betriebsräte gewählt wurden (lacht).
Infoblog: Ist bekannt, daß der Zukunftstarifvertrag nur für den Standort Augsburg gilt?
Nicole Molthan: In persönlichen Gesprächen mit KollegInnen aufgrund des Weltbild-Verkaufs habe ich diesen Sachverhalt erklärt. Um aber auch alle anderen KollegInnen zu informieren, habe ich zusätzlich in einer Rundmail nochmals deutlich darauf hingewiesen.
Infoblog: Bei unserem letzten Gespräch mit Dir im Juli 2011 hier im Infoblog hast Du erzählt, daß von den ca 180 Filialen von Jokers und Weltbildplus, die zur Wahl eines Betriebsrates berechtigt sind, nur zwei einen Betriebsrat haben. Was hat sich seitdem getan?
Nicole Molthan: Eine ganze Menge. Weitere Filialen haben sich einen BR gewählt, so daß der Gesamtbetriebsrat mittlerweile aus 17 Mitgliedern besteht. Weitere Wahlvorstände sind bereits benannt.
Infoblog: Das ist ein unglaublicher Erfolg! Vermutlich ein zäher Kampf, oder?
Nicole Molthan: Ja, denn es kann aufgrund der Filialgrößen leider nur immer jeweils ein 1-köpfiger Betriebsrat gewählt werden. Die Rolle des Einzelkämpfers liegt naturgemäß nicht jedem. Umso wichtiger ist das Gremium des Gesamtbetriebsrats.
Ein Teil des Erfolgs ist sicherlich auch der Beharrlichkeit und der kontinuierlichen Informationsweitergabe an die KollegInnen geschuldet.
"Umso mehr wir werden, umso mehr können wir erreichen"
Infoblog: Montag letzter Woche hattet ihr in Kassel das erste GBR-Treffen in großer Runde. Was kam dabei heraus?
Nicole Molthan: Nun, es kam zunächst einmal heraus, daß wir uns erstmals von Angesicht zu Angesicht gegenüber gesessen haben. Das war schon spannend, da wir uns größtenteils bisher nur von Mails und Telefonaten kennt.
Es war sehr schön, von Kolleginnen und Kollegen umgeben zu sein, die sich ebenfalls aktiv einbringen möchten. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, den werden wir ab jetzt gemeinsam gehen.
Infoblog: Was ist für die nächsten Monate geplant?
Nicole Molthan: Wir haben vor, mit dem Arbeitgeber die ersten Betriebsvereinbarungen abzuschließen. Bisher gibt es in unserem Unternehmen keine einzige. Einen Tarifvertrag gibt es ebenfalls nicht. Es liegt daher auf der Hand, daß die Arbeitnehmerinteressen bisher, sagen wir mal, eher unterrepräsentiert sind. Daran soll sich natürlich etwas ändern.
Wir hoffen zudem, daß in den nächsten Monaten noch weitere Betriebsräte gewählt werden. Umso mehr wir werden, umso mehr können wir für die KollegInnen erreichen.
Infoblog: Liebe Nicole, wir danken Dir sehr herzlich für das Gespräch und wünschen Dir und Deinen Kolleginnen und Kollegen - besonders denen, die sich als Betriebsrätinnen und Betriebsräte engagieren - alles Gute für die Zukunft!
***
Zum Nachlesen hier das Interview mit Nicole Molthan vom Juli 2011:
Das Beispiel zeigt, dass selbst eine einzige engagierte Kollegin trotz widriger Umstände etwas bewegen. Da können sich sehr viele Kolleginnen und Kollegen hier - speziell im betriebsrat - eine dicke Scheibe abschneiden.
AntwortenLöschenVon Weltbild lernen, heißt siegen lernen.
AntwortenLöschenVon Weltbildplus lernen, heißt kämpfen lernen.
Das ist eben der Unterschied: bei Weltbildplus/Jokers kandidieren KollegInnen als Betriebsräte, obwohl dazu in einer kleinern Filiale sicher einiger Mut gehört.
AntwortenLöschenBei uns hält es 75% der Belegschaft nicht einmal für nötig, eine Betriebsversammlung zu besuchen.
Ihr kriegt das, was ihr verdient!
Meinen Respekt an Kollegin Molthan.
Wie man sieht, trägt die Pionierarbeit von Nicole Molthan schon einige Früchte. Wollen wir hoffen, dass es mehr und mehr werden. Ich wünsche ihr jedenfalls weiterhin viel Erfolg und bin überzeugt, sie wird noch weitere, vielleicht derzeit noch unschlüssige Kollegen überzeugen, dass es ohne BR nicht geht....
AntwortenLöschenCheers.
Mit BR geht's aber scheinbar auch nicht. In unserer Filiale ist es egal ob wir einen haben oder nicht. Sie fehlen uns im Laden, nur daran bemerken wir dass wir einen BR haben.
AntwortenLöschenIch hätte gerne mal ein bisschen "Action" von BR-Seite.
Kandidiere beim nächstenmal und mach "Action". Animiere noch einige "Mit-Actionäre", denn allein wirds verdammt schwer.
LöschenOK also ich fass mal zusammen.
AntwortenLöschenWenn ich mich an nichts beteilige und mir alles egal ist, dann bin ich unkolliegial usw.
Wenn ich aber gerne einige Tätigkeiten und Aktionen seitens des BR hätte, dann soll ich doch bitteschön selbst kandidieren und es selbst machen.
Öhm. Was wollt ihr denn nun eigentlich?
Du hast recht. Die BR fehlen in den Läden. Und da die Filialen so knapp besetzt sind (diese Entscheidung hat im Übrigen der Arbeitgeber getroffen, nicht der BR. Und diese Entscheidung ist lange vor den BR Wahlen gefallen), daß die Leute massiv Überstunden schieben müssen, um überhaupt die Ladenöffnungszeiten abzudecken, fehlen die BR umso intensiver.
LöschenIm Umkehrschluss würde es also bedeuten, wir sollten lieber keine BR mehr wählen, weil der Arbeitgeber die Filialen ohnehin personell ausbluten läßt? Mein Eindruck ist, daß sich deine verständliche Wut gegen den Falschen richtet. Der Arbeitgeber ist laut Gesetz verpflichtet, den BR für die notwendige BR Arbeit von der regulären Arbeit freizustellen und seinen Betrieb dementsprechend zu organisieren. Genau das tut aber der Arbeitgeber nicht. Logisch, daß wir als Angestellte erstmal den angreifen, der auch greifbar für uns ist. Also den BR. Unser Unverständnis und unsere Wut sollten wir jedoch an die richtige Adresse schicken. Für die Situation in den Filialen ist einzig und allein der Arbeitgeber verantwortlich.
Und klar fehlen unsere BR in den Filialen. Die sind alle komplett neu und lernen gerade einen neuen Beruf. Den des Betriebsrat.
Meinst du denn, sie können dem Arbeitgeber auf Augenhöhe begegnen (wie es im Betriebsverfassungsgesetz heißt), der im Übrigen eine Armada von Anwälten beschäftigt und sicherlich sein Führungspersonal auch entsprechend qualifiziert, wenn sie die Betriebsratsbücher nur unter das Kopfkissen legen? Ich hab zwar schon von "schlank im Schlaf" gehört, aber "Betriebsrat im Schlaf" ist mir neu.
Und schlußendlich. Ich finde, der BR hat für die kurze Zeit und in Anbetracht daß alle einköpfig, neu und die meisten nur Teilzeitkräfte sind, schon eine ganze Menge erreicht.
Der Arbeitgeber hat auf Druck des BR eine Anweisung heraus gegeben, daß die Arbeitszeiten korrekt aufgeschrieben und bezahlt werden sollen.
Alle Mitarbeiter dürfen jederzeit auf die Toilette gehen, auch wenn sie alleine im Laden sind.
Der BR informiert unzensiert alle Mitarbeiter. War wohl auch nicht so einfach.
In den BR Filialen wird schon jetzt das Bundesurlaubsgesetz eingehalten. Die Leute dort können ihren Urlaub nach ihren Wünschen nehmen, müssen ihren Urlaub nicht mehr willkürlich abbrechen, können ihren Urlaub frei auf das Kalenderjahr verteilen und sind nicht mehr gezwungen, Urlaub zurückzuzahlen, wenn sie aus dem Arbeitsverhältnis scheiden.
Und ab März bekommen jetzt alle Mitarbeiter bei Krankheit die korrekte Arbeitszeit bezahlt. Wenn man mal die vergangenen Jahre anschaut und einfach mal die von den Mitarbeitern "geklauten" Stunden zusammen rechnen würde, kommt da ganz schön Knete für den Arbeitgeber zusammen.
Wenn dieser BR so weitermacht und sich noch viele Angestellte anschließen und alle gemeinsam (BR und Nicht BR) an einem Strang ziehen, können die langfristig (die Betonung liegt auf langfristig) noch viel erreichen.
Ich drück euch also ganz fest die Daumen!
Macht weiter so!
Wie sagten die 68er so treffend: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt :-)
Kann mich der/dem Kommentator/in voll und ganz anschließen.
LöschenBetriebsratsarbeit ist Arbeit.
Siehe BetrVG Paragraph 30 u 37. Wenn zu wenig Leute im Laden sind, ist das ganz allein die Schuld des AG. Dann muss er dafür Sorge tragen, dass welche eingestellt werden.
Wie soll ein BR seine Arbeit machen, wenn ihm keine Zeit dafür zur Verfügung gestellt wird? Soll er sich zweiteilen?
Lt. BetrVG ist BR Arbeit eine ehrenamtliche Tätigkeit, die während der Arbeitszeit zu verrichten ist.
Wie soll er seine BR Arbeit gut machen, wenn er sich nicht zb durch Seminare weiterbilden kann? Gefordert wird, dass der BR eine gute Arbeit macht, aber gleichzeitig auch ständig auf der Ladenfläche präsent ist. Wie soll das gehen? Jedem normalen Mitarbeiter ist ja wohl klar, dass das überhaupt nicht möglich ist!
Zeit ist begrenzt und der Tag hat nun mal nur 24 Stunden!
Das alles, weil er gewählt wurde, die Interessen der Belegschaft vertritt. BR Hand in Hand mit der Gewerkschaft zum Wohle der Belegschaft.
Was denkt ihr denn, wie es (auch in den Hugendubelläden) aussehen würde, wenn es keinen BR gäbe? Das wünsche ich keinem.
Ist doch ganz einfach:
AntwortenLöschen- sich informieren, auf Betriebsversammlungen gehen und dort den Mund aufmachen
- seine(n) Betriebsrat/in auf Themen ansprechen, ihn/sie fordern
- sich gewerkschaftlich organisieren
- sich an Aktionen beteiligen
-wenn man sich fit fühlt, selber als BR kandidieren
Super Arbeit, die Nicole Molthan leistet!!! Je mehr BRs in den Filialen gewählt werden, umso mehr können wir Angestellten gemeinsam verändern. Nur gemeinsam sind wir stark...
AntwortenLöschen