Mittwoch, 19. Juni 2013

Wieviel Umsatz kostet uns der Kirchenfilter?

Spricht man unter vier Augen mit Hugendubel-Führungskräften über den Kirchenfilter, dann wird einem hinter vorgehaltener Hand meistens gesagt: "Ja das ist eine peinliche, dumme und überflüssige Sache, für die man sich fremdschämen muß. Aber ökonomisch fallen die paar Titel doch eher nicht ins Gewicht."

Diese Aussage ist falsch.

Bestseller bei Amazon, bei Hugendubel: Fehlanzeige!

Mag sein, daß kirchenkritische und linke Literatur nicht die großen Umsatzbringer sind;
für schwul-lesbische und insbesondere für das boomende allgemeine Erotik-Segment gilt dies mit Sicherheit nicht. Hier eine kleine Liste mit Erotik-Bestsellern, die im Online-Shop von Hugendubel alle unauffindbar sind. Es dürfte sich um gigantische Mengen handeln, die Amazon in diesem Bereich verkauft - vor allem dann, wenn man bedenkt, daß Shades of Grey laut Nitz 3 % vom Jahres-Gesamtumsatz des Unternehmens Hugendubel ausmacht.


Amazon-Bestseller-Ranking Platz 8 
 Sylvia Day: Crossfire 3, Erfüllung

Amazon-Bestseller-Ranking Platz 35
Sylvia Day: Crossfire 2, Offenbarung

Amazon-Bestseller-Ranking Platz 46
Sylvia Day: Crossfire 1, Versuchung

Amazon-Bestseller-Ranking Platz 121
Sadie Matthews: Fire after Dark 3, Gefährliche Erfüllung

Amazon-Bestseller-Ranking Platz 147
Sadie Matthews: Fire after Dark 1, Dunkle Sehnsucht

Amazon-Bestseller-Ranking Platz 160
Sadie Matthews: Fire after Dark 2, Tiefes Begehren

Amazon-Bestseller-Ranking Platz 242
Vina Jackson: 80 Days 5, Die Farbe der Sehnsucht

Amazon-Bestseller-Ranking Platz 260
J. Kenner: Dir verfallen

Amazon-Bestseller-Ranking Platz 323
Vina Jackson: 80 Days 1, Die Farbe der Lust

Amazon-Bestseller-Ranking Platz 325

Cherry Adair: Nimm mich!
Amazon-Bestseller-Ranking Platz 341

Vina Jackson: 80 Days 3, Die Farbe der Erfüllung



Aber wir verkaufen doch Shades of Grey!

 
Stimmt. Aber nicht jeder Kunde legt Wert auf den moralinsauren Appell, das Buch doch bitte  n i c h t
zu kaufen, wie der Kommentar der Kundin Marlene S. aus Berlin vom 24.08.2012 auf der Hugendubel-Homepage zeigt: 
 
"Ihr Unternehmen verdient viel Geld mit diesem Titel. Wir Kundinnen geben Ihnen dieses Geld, können aber gern auf Ihre erzieherischen Bemühungen verzichten: "...widerspricht dem Welt- und Menschenbild, von dem wir uns als Buchhändler leiten lassen".
Dann sollten sie das Buch aber auch nicht so offensiv im Eingangsbereich der Filialen präsentieren. Sie wollen aber offensichlich viel Geld damit verdienen. Lassen Sie dann aber doch diese peinlichen Belehrungen der Käufer sein, als Kundin fühle ich mich brüskiert.
Das Buch ist gutgemachte Unterhaltung, Frauenfantasien sind manchmal etwas härter als Buchhändler sich vorstellen können.
Die Folgebände kaufe ich woanders."

http://www.hugendubel.de/3/17343803-1/buch/shades-of-grey-geheimes-verlangen-band-1.html#kundenkommentare

 
Was ist denn das offizielle Statement der Hugendubel-GL zum Kirchenfilter?

 
Die offizielle - und bis heute nicht veränderte - Stellungnahme der Hugendubel-Geschäftsleitung stammt von Dr. Maximilian Hugendubel und wurde im Januar 2011 gegenüber Börsenblatt und Buchreport verkündet:
 
1. Es gibt keinen Kirchenfilter.
2. Wenn Titel nicht erscheinen, dann liegt es an technischen Umstellungsproblemen.
3. Titel, die nicht auftauchen, sollen der Abteilungsleiterin New Media zur Freischaltung gemeldet werden.
4. Einzig Nazi- und Pädophilen-Literatur wird aus dem Sortiment des Online-Shops herausgefiltert.
 
Wenige Monate nach dieser Stellungnahme für die Öffentlichkeit fielen alle kirchenkritischen, linken, schwul-lesbischen und erotischen Titel wieder dem Kirchenfilter zum Opfer. Nur Sahra Wagenknecht nicht.
Gott weiß, warum...


Und was ist die inoffizielle "Wahrheit" für die Belegschaft?

Auf der Betriebsversammlung im Herbst vergangenen Jahres gab sich Nitz - auf den Kirchenfilter angesprochen - ahnungslos ("Ach tatsächlich, den Kirchenfilter gibt es wieder...?) um im nächsten Satz auf angebliche Verhandlungen mit Weltbild wegen Abschaltung des Kirchenfilters hinzuweisen.
Ja was denn nun? Entweder ahnungslos - oder Verhandlungen? Nitz hält anscheinend die Hugendubel-Belegschaft für so treudoof, daß man ihr jedes Märchen erzählen kann.
Leider muß man davon ausgehen, daß einem Großteil der Führungskräfte das Thema herzlich egal ist.


Was sagen denn die - insbesondere schwul-lesbischen - Führungskräfte bei Hugendubel zum Kirchenfilter?

Darauf kann man kurz und knapp antworten:  Nichts. 


10 Kommentare:

  1. Ich gehe davon aus dass es den "insbesondere schwul-lesbischen" Führungskräften ebenso herzlich egal ist, ob ihr wisst was sie davon halten.
    Geht euch schlicht und ergreifend nix an.
    Und das sage ich als normale Buchhändlerin.

    Eine Firma, die tonnenweise Bücher in Form von unverkäuflichem MA und seltsamen Aktionen auf den Müll kippt, kann auch woanders auf Umsatz verzichten, denn sie wird ea ganz einfach nicht schaffen, nicht, solange sie diese Personen im Sortimentsmanagement beschäftigt und auf alle Rückmeldungen aus den Filialen pfeift.

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  2. Hätte ich eine eigene Buchhandlug, würde ich auch nicht jeden Schrott verkaufen. Ja, der Filter ist scheiße, aber ich denke, die paar schlechten Erotiktitel ziehen den Karren auch nicht aus dem Dreck.

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  3. Dem von Euch angeführten Zitat der Kundin Marlene S. ist nichts hinzuzufügen. Die Homepage-Erklärung, dass der zeitweilig für unsere kette sicher umsatzstärkste Titel"Shades of Grey" nicht mit dem hehren Menschenbild unserer Unternehmensleitung zu vereinbaren sei, wirkt in seiner moralischen Integrität etwa so überzeugend, als würde der weltgrößte Waffenhersteller verkünden, er achte auf maximale gesundheitliche Verträglichkeit seiner Produkte.

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  4. Einige KollegInnen, die schwul bzw. lesbisch sind, haben Vorgesetzte wg. des Kirchenfilters angesprochen und als Antwort nur Achselzucken erhalten. Ein Kollege hat u.a. deswegen gekündigt. Ich halte es durchaus für legitim, an die besondere Verantortlichkeit schwuler oder lesbischer Führungskräfte zu appelieren, wenn es um homophobe Tendenzen in der Firma geht. Oder gibt man seine Identität an der Firmengarderobe ab? Am schlimmsten sind die Ausflüchte der GL und das peinliche Schweigen der Hugendubels.

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  5. Ich halte es für sehr wichtig, den finanziellen Aspekt des Kirchenfilters anzusprechen, wie es der Artikel tut. Auf jeder, wirklich jeder Betriebsversammlung heißt es, daß kein Geld da ist. Und dann verzichtet man auf ziemliche Umsätze. Zahlt die katholische Kirche die Differenz?

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  6. Das Schweigen der Führungskräfte ist eine traurige Tatsache, auch gerade das Schweigen der schwulen und lesbischen Führungskräfte. Aber man muss natürlich auch sagen: sie schweigen immer, egal was gerade im Unternehmen angerichtet wird. Sonst dürfte man/frau in diesem Unternehmen keine Führungskraft sein, Kritiklosigkeit ist leider eine der Grundbedingungen, um im Unternehmen Karriere zu machen.

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  7. Zwei Anmerkungen zum Erotik-Sortiment von Amazon:

    Ein Titel wie Sadie Matthews,Fire after Dark 3, Gefährliche Erfüllung, ist als Vormerk-Titel bereits jetzt weit vorn im Amazon-Bestseller-Ranking. Bei Hugendubel tauchte Shades of Grey erst einen Tag (!) vor dem offiziellen Erstverkaufstag auf.

    Bei den Top-100-Erotik-Bestsellern bei Amazon gibt es mittlerweile sehr viele Titel, die es nur im Kindle-Format gibt. d.h. Amazon betreibt dort eine konsequente Wertschöpfung im Erotik-Bereich.

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  8. Es kursiert schon seit längerem das Gerücht, dass Hugendubel von den ganzen Internet-bestellungen nur minimal profitiert. Vielleicht ist das einer der Gründe für das Desinteresse am ganzen Kirchenfilter.

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    1. Bei der derzeitigen Wirtschaftslage besonders im Buchhandel, die von der GL gebetsmühlenartig stets in düstersten Farben gemalt wird, können wir wir ja wohl auch auf solche "minimalen" Profite schwerlichst verzichten-oder?

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  9. Elende betriebswirtschaftliche Denke!
    Es geht mitnichten nur um die vermeintlich verschmerzbaren Verluste wegen nicht feilgehaltener Erotik-Titel.

    Woran Hugendubel wirklich interessiert sein müßte, ist, was die Kunden von dieser Firma halten.

    Wenn die unser Sortimentsgebaren wahrnehmen, dann denken die doch, wir sind ebenso verklemmt wie inkompetent, aber dafür umso arroganter.

    Das kann sich doch kein Unternehmen leisten. Das kann sich in Wahrheit noch nicht einmal die katholische Kirche leisten.

    Die Menschen lassen sich heute kein paternalistisches Verhalten mehr bieten. Das sieht man z.B. heute in der Türkei, oder in Brasilien.

    Den Wutbürger gibt's übrigens auch bei uns. Die z.T. älteren Herrschaften gelten ja als gebildet und gut situiert.

    Ja glaubt ihr denn, die sehen einen Grund, bei uns einzukaufen?
    Welchen denn? (Vielleicht mal 'ne Rheumaunterhose...)

    Wahrscheinlich gibt's im Sortimentsmanagement einen Typen in Volker-Kauder-Optik, der den Einkäufern auf die Bildschirme kuckt, und dann ab und zu mal mit seinem (behaarten) Zeigefinger herumwedelt und vorwurfsvoll "Du! du! du! du! du!" sagt.

    Den sollten wir uns auch als Gummipuppe in die Schaufenster stellen, und natürlich auch auf die Internetseite, als virtuellen Einkaufsberater.
    Und wenn ein Kunde Gefahr läuft, durch unbedarftes Herumklicken mit seinem Seelenheil zu spielen, dann sagt er: "Du! du! du! du! du!"

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