Thauma und Tarif
Es wäre ein Wunder gewesen, bemerkte jüngst ein Kollege, dass im Bayerischen Buchhandel bis vor kurzem noch Tarifverträge in Kraftwaren - und Recht hat er. Angesichts der vielen, die alle Jahre wieder nicht dafür eingetreten sind, könnte man dies glatt "das Mirakel des Hauses Hugendubel" nennen.
Bei weitem wohl am wunderlichsten aber dürfte
jene fordernde Selbstverständlichkeit sein, die mitklingt und mitschwingt,
wenn sich just dieselben dann von Zeit zu Zeit nach demStand
der Tarifverhandlungen erkundigen - und zwar mit dem Hinweis,dass
mehr Geld ganz gut wäre.
Da stehst du und fragst dich: seit wann gibt
es ein Anrecht auf Wunder!
"Wunder
gibt es immer wieder. Heute oder morgen können sie geschehn.
Wunder gibt es immer wieder. Wenn sie dir begegnen, musst
du sie auch sehn" - so hieß es in Katja Ebsteins altem Grand-
Prix-Song.
In jedem Fall verlassen dürfen wir uns auf diese Hochfrequenzthaumasiologie
allerdings keineswegs - und schon gar nicht,
wenn es um so wichtige und handfeste Sachen wie Urlaubs- und
Weihnachtsgeld,
Abendzuschläge und Kündigungsschutz geht.
Denn kaum
etwas ist augenblicklich problematischer, brüchiger und gefährdeter
als besagter Zusammenhang zwischen Wunder und Tarif. Physikstundenschwänzern,
die es besser nicht wissen, und Kirchensteuerzahlern,
die für ihre sauer verdienten Euros eine solide übernatürliche
Leistung sehen wollen, gelten Wunder als Ausnahmevon
den Naturgesetzen mit spiritueller Eingriffstiefe.
Das Wunder sei des
Glaubens liebstes Kind - sagen die Leute deshalb auch! Ob das immer
ganz stimmt, sei dahin gestellt. Eines jedenfalls dürfte sichersein:
so ein Wunder ist meist eine nützliche und erfreuliche Sache,doch
stets unwahrscheinlich und oft unerklärlich. Wir wissen dergleichen
aus den Evangelien, wo Kranke urplötzlich genesen und Tote
wieder quietschlebendig werden.
Dass
darauf kein Anspruch besteht, versteht sich eigentlich von selbst. Denn
betriebliche Übungen, aus denen einer ableitbar wäre, kennt die göttliche
Heilsökonomie nicht. Hier nun stoßen wir auf eine
bemerkenswerte
Parallele zur Arbeitswelt: jene, welche dort dieWunder
wirken könnten, sind leider ebensowenig dazu verpflichtet.
Beigekündigten
und nachwirkenden Tarifverträgen liegen die Dinge deswegen
ähnlich. Sie erinnern je länger je mehr zwar an den alten Lazarus,
von dem Jesus behauptete, er schlafe nur - und bald wird esheißen:
Herr, er riecht schon! Aber dann nochmal -quasi postfinal - aus der
Grube fahren?
Forget it!
All
dies endlich lässt nur einen Schluss zu: per se sind Arbeitgeber keine
Wundertäter. Deshalb gibt es auch kein Anrecht auf Wunder,doch
stattdessen etwas viel zuverlässigeres: ein Streikrecht, um bei
Tarifauseinandersetzungen
Forderungen durchzusetzen, Die schönsten und
die besten Wunder sind nämlich immer noch die aus eigener Produktion
- und vor allem: du kannst stolz auf sie sein
Leute, ihr irrt euch! Wir warten schon lange nicht mehr auf ein Wunder. Wir warten auf den nächsten Steik. Ostern wäre kein schlechter Zeitpunkt dafür gewesen. Wann geht es endlich los?
AntwortenLöschenGenau. Wann gehts los zum.nächsten Streik? Ich mach mit.
LöschenOstern wäre kein schlecher Zeitpunkt dafür gewesen. Da hätten sich die vor Kündigung geschützten BR mal auf den Hosenboden setzen und etwas auf die Beine stellen können. Um sich nur den Bauch zu kraulen sind sie schließlich nicht gewählt worden.
LöschenÜber einen Streik entscheiden nicht Betriebsräte, sondern die ver.di-Tarifkommission. Streik ist keine Betriebsratssache, sondern ausschließlich Gewerkschaftssache. Im übrigen geht es hier nicht nur um Hugendubel, sondern es geht um den gesamten Buchhandel und die Verlage in Bayern. Deswegen sind hier viele Aspekte zu berücksichtitgen. Jedes Gewerkschaftsmitglied kann sich über eine ver.di-Mitgliederversammlung in eine Tarifkommission wählen lassen. Auch Du. Aber darum geht´s dir nicht. Kenntnisfrei geht es dir nur um einbißchen Betriebsratsbeschimpfung. Schade. Auch in den Betriebsrat könntest Du Dich wählen lassen. Aber dazu müßteset Du den Mumm haben, dich einer demokratischen Wahl zu stellen.
LöschenIch glaube nicht, dass man unseren Betriebsräten in München vorwerfen darf, sie hätten sich bei den Streiks und Aktionen im letzten Jahr gedrückt. Es gab sogar ein paar kleinere Aktionen vor den Filialen, an denen fast nur Betriebsratsmitglieder beteiligt waren. Dafür haben die eine Menge Freizeit geopfert. Die Bilder kann sich hier im Blog jeder ansehen, der es nicht glaubt.
LöschenDass wir streiken ist leider nötig. Tarifverträge und Lohnerhöhungen fallen nicht vom Himmel.
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