Was bei einem solchen Angebot zu beachten ist
Rechtliche Aspekte
Nicht alle Arbeitsverträge werden mit einer Kündigung seitens des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers aufgelöst. Es gibt Möglichkeiten, im Wege einer Einigung zwischen AG und AN ein Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt enden zu lassen. Das Kündigungsschutzgesetz findet hierbei keine Anwendung.
Auch hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht (aber: als Unterstützung empfiehlt es sich, zu den Verhandlungen mit dem AG einen Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen).
Der Abschluß eines Aufhebungsvertrages bedarf gemäß § 623 des Bürgerlichen Gesetzbuch der Schriftform.
Wenn ein solcher Aufhebungsvertrag vorgelegt wird, sind viele KollegInnen natürlich unsicher, weil sie nicht wissen, was drinstehen darf und was nicht. Sie können in Fallen laufen und den Abschluß des Aufhebungsvertrages bitter bereuen.
Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.11.2003 unterliegt ein zwischen AN und AG im Personalbüro abgeschlossener Aufhebungsvertrag nicht dem Widerrufsrecht nach § 312 BGB, wie es nach dieser Vorschrift für so genannte Hautürgeschäfte besteht.
Also: bevor ihr einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, solltet ihr Folgen und Inhalt kontrollieren und überdenken.
Sperrfrist beim Arbeitslosengeld
Nach § 114 (1) SGB II verhängt die Agentur für Arbeit eine Sperrfrist
von zwölf Wochen, wenn ihr ohne wichtigen Grund euer Arbeitsverhältnis
löst.
Beim Abschluß eines Aufhebungsvertrages geht die Agentur für Arbeit zunächst von einem „versicherungswidrigen Verhalten“ aus, wenn „der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst…“ hat und „dadurch vorsätzlich oder groß fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat" (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Ein Aufhebungsvertrag wirkt immer wie eine Eigenkündigung.
Dabei kommt es nicht darauf an, auf wessen Wunsch oder Veranlassung hin
das Beschäftigungsverhältnis gelöst worden ist. Es gibt nur wenige
wichtige Gründe, die keine Sperrfrist zur Folge haben.
Lasst euch daher vor Abschluß eines Aufhebungsvertrages von ver.di rechtlich beraten!
Abfindung
Bei langjährigen Beschäftigten bieten Arbeitgeber, die sich von einem Arbeitnehmer trennen wollen, häufig eine Abfindung an, um den Verlust des Arbeitsplatzes „attraktiver“ zu machen.
Es besteht grundsätzlich kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung!
Ausnahmen: Nur bei einem gewonnenen Kündigungsschutzprozeß und der
Nichtzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung für den AG gibt es einen
Anspruch aufgrund §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz. Ebenso gibt es gemäß §
1a Kündigungsschutzgesetz einen Anspruch auf Abfindung.
Wie hoch die Abfindung ausfällt, hängt von verschiedenen Umständen ab:
Beschäftigungsdauer, Lebensalter (gibt es noch Chancen auf dem
Arbeitsmarkt?), Familienstand (Unterhaltsverpflichtungen) und Verlust
eventueller betrieblicher Altersversorgung etc.
Als Orientierung (die allerdings nicht allgemein anerkannt ist) sollte
eine Abfindung nicht weniger als ein halbes Monatsgehalt pro
Beschäftigungsjahr betragen. Hier kann man selbstverständlich auch keine
verbindliche Richtlinie abgeben, ob „höher gepokert“ werden kann, da jede einzelne Situation sich anders darstellt.
Sind kleine Abfindungen generell steuerfrei?
Nein, eine solche Regelung gibt es nicht mehr. Die diesbezüglichen
Ausnahmevorschriften wurden zum 01.01.2006 abgeschafft. Abfindungen
müssen vom AN voll versteuert werden. Unter Umständen kann jedoch bei
Vorliegen weiterer Voraussetzungen eine Steuerermäßigung in Frage
kommen.
Ob man diese Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen kann oder nicht,
hängt nicht von der Höhe der Abfindung ab, sondern für was diese gezahlt
wurde. Dies sollte im Falle eines Aufhebungsvertrages klar geregelt
sein und aus diesem hervorgehen. Steuervergünstigt ist beispielsweise
eine Abfindung, die durch die Auflösung des Arbeitsvertrages aufgrund
von Rationalisierungen im Unternehmen oder durch Umstellung des
Unternehmens gezahlt wird.
Da Abfindungen in der Regel weit über einem Jahresnettogehalt liegen
können, kann hier eine sehr hohe Steuerlast entstehen, die den Wert der
Abfindung nachhaltig schmälert. Bei einer Abfindung richtet sich die
Höhe der Steuer nach dem Einkommen. Um dieses abzusenken, und die
Progressionsstufe damit zu senken, und eine niedrigere Steuer zahlen zu
können, sollte die Abfindung stets als „Entlassungsentschädigung“
gezahlt werden. Dann unterliegt die Abfindung zwar weiterhin der
Versteuerung, jedoch kann dann die für den Steuerzahler günstigere
Fünftel Regelungen im Rahmen der außerordentlichen Einkünfte angewendet
werden. Die Fünftel Regelung ist besser, da hier die Zahlung der
Abfindung, auch wenn sie auf einen Schlag gezahlt wurde, auf 5 Jahre
verteilt wird, was das jährlich zu versteuernde Einkommen und damit die
Progressionsstufe senkt – und somit eben auch die gesamt zu zahlende
Steuerlast.
Wichtige Überlegungen
Wenn ihr euch über die Nachteile eines Aufhebungsvertrages im Klaren
seid und ihr euch dennoch entschließen solltet, diesen zu
unterschreiben, bitte unbedingt folgende Punkte beachten:
- Dass die Vergütung bis zum Ende des Arbeitsvertrages bezahlt wird, ist an sich selbstverständlich. Anders könnte es aussehen, wenn ihr von der Arbeit freigestellt werdet, das heißt, dass ihr bis zur Beendigungsfrist nicht mehr zu arbeiten braucht. In diesem Fall sollten sowohl die Freistellung als auch die Weiterzahlung der Bezüge schriftlich festgehalten werden.
- Verlangt, dass euch die noch zustehenden eventuellen Zahlungen wie das Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld (unter Umständen Gratifikationen usw.) unter Nennung des genauen Betrages im Aufhebungsvertrag genannt werdet. Unterschreibt nicht: „Ich verzichte auf alle weiteren Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ bzw. „Damit sind alle Ansprüche abgegolten“, bevor nicht eindeutig klar ist, dass wirklich alle Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag, aus dem geltenden Tarifvertrag, aus den gesetzlichen Regelungen und aus dem Aufhebungsvertrag erfüllt sind.
- Ihr solltet festschreiben, wie viel Urlaub euch noch zusteht und wann ihr diesen nehmt, damit es darüber nicht noch unnötigerweise eine Auseinandersetzung gibt.
- Besteht darauf, dass ihr mit dem Abschluß eines Aufhebungsvertrages ein Zeugnis erhaltet. Ihr habt nämlich durch diesen Vertrag vom Beginn der ordentlichen Kündigungsfrist des AG einen Anspruch auf ein Zeugnis und auf „angemessene“ bezahlte Freistellung, um sich anderweitig zu bewerben (rechtzeitig mit dem AG absprechen)
Ein Hinweis zum Schluß
Lasst euch nie dazu drängen, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen, wenn ihr das nicht selbst auch ausdrücklich wollt! Niemand kann dazu gezwungen werden!
Der Arbeitgeber kann auch nicht verlangen, dass ihr den Aufhebungsvertrag sofort unterschreibt. Bittet euch Bedenkzeit aus, überschlaft die ganze Sache und prüft den Vertrag sorgfältig.
Bei Fragen wendet euch bitte an den Betriebsrat oder ruft bei ver.di an. Die Geschäftsstelle in eurer Nähe findet ihr im Internet unter www.verdi.de.
Quellen:
www.verdi.de
www.steuerncheck.net
Ob ich wohl die einzige bin, der so ein Vertrag aktuell "angeboten" wird? Oder hat es uns allen die Sprache verschlagen? Ich werde mich dazu auf jeden Fall juristisch beraten lassen.
AntwortenLöschenDu bist nicht die einzige, der ein Aufhebungsvertrag angeboten wurde. In den letzten Wochen wurden gezielt Kolleginnen, die "rentennah" sind (ab 60), länger krank gewesen sind oder sonstwie unliebsam aufgefallen sind, angesprochen.
LöschenWie der Artikel empfiehlt. niemals allein in ein solches Gespräch gehen, immer mit Betriebsrat, sich rechtlich beraten lassen, bei der Rentenversicherung und bei der Arbeitsagentur die Konsequenzen abklären. Insbesondere was die Sperrfrist angeht und die Auswirkung auf die Höhe der Rente.
In anderen Filialen wird jedem und jeder ein solcher Vertrag anbegoten und mitgebracht. Also deutlich unauffälliger, als nur denen die Foltergeräte zu zeigen, die "unliebsam aufgefallen" sind. Wobei sich dem aufmerksamen Beobachter die Frage stellt, woher weißt du, Anonym, wer so unliebsam aufgefallen ist und daher einen Aufhebungsvertrag unter die Nase gehalten bekam? Wird so was bei Euch im Kollektiv diskutiert?
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