Montag, 13. Januar 2014

Offener Brief an Bischof Zdarsa von Herbert Woerlein




Der Augsburger SPD-Abgeordnete im Bayerischen Landtag, Herbert Woerlein, hat gestern einen Offenen Brief an Bischof Zdarsa geschickt. Hoffentlich folgen viele PolitikerInnen und andere Personen des Öffentlichen Lebens diesem Beispiel.
Hier der Brief von Herbert Woerlein:

Hochwürdiger Herr Bischof Zdarsa,

in Ihren Glückwünschen zu meiner Wahl in den Landtag haben Sie mir die Zusammenarbeit angeboten, und nun komme ich sehr schnell dankbar darauf zurück.

Der drohende Verkauf des Weltbild-Verlags durch einen Insolvenzverwalter gefährdet 2200 Arbeitsplätze, das sind 2200 Einzelschicksale, hinzu kommt die noch höhere Zahl der Familienmitglieder, Lebenspartner und Angehörigen, die ebenfalls von dieser Entwicklung betroffen wären.

Nach dem grünen Licht des Aufsichtsrats und der Banken liegt jetzt alles in den Händen des Eigentümers, der Katholischen Kirche: Sie muss auf dem festen Fundament christlicher Werteorientierung die Weichen richtig stellen. Es liegen Konzepte vor, die hoffen lassen, dass sich der Weltbild-Verlag durch neue Marketing-Strategien erholen und auf dem Markt wird behaupten können. 
 
Diese einmalige Chance, sich als christlicher Arbeitgeber zu präsentieren, der mehr anbietet als Leistungen, zu denen er ohnehin rechtlich verpflichtet ist, und der sein Team in einer für den Betrieb überlebenswichtigen Phase voll unterstützt, muss genutzt werden.  
Als bekennender Christ und Katholik sehe ich die Kirche im Bistum Augsburg vor einer historischen Aufgabe. Ich bitte Sie, hochwürdiger Herr Bischof Zdarsa, die Hoffnungen der Arbeiterinnen und Arbeiter und ihrer solidarischen Weggefährten, zu denen ich mich zählen darf, nicht zu enttäuschen. Bitte sorgen Sie für die Rettung des Weltbild-Verlags – die dort arbeitenden Menschen müssen Ihnen das Wert sein! 
Für Ihre Bemühungen erbitte ich Gottes Segen und danke Ihnen für alles, was Sie für die bei Weltbild beschäftigen Menschen tun.  
Hochachtungsvoll
Herbert Woerlein
Abgeordneter im Bayerischen Landtag

1 Kommentar:

  1. So langsam geht mir dieses heuchlerische Gesülze um christliche Wertevorstellungen, Moral und die Verantwortung der Kirche für insgesamt 7000 (die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze wurde mit jeder neuen Berichterstattung immer mehr, konkret sind es jedoch unmittelbar die 2200 Arbeitsplätze in Augsburg) Arbeitsplätze mächtig auf den Sack.

    Aus meiner Sicht wurden einige, sehr wichtige Fragen noch gar nicht gestellt, geschweige denn beantwortet.
    Was ist zum Beispiel mit dem Sanierungspapier der KPMG, welches mittlerweile sogar schon den Zeitungen vorliegt?
    Liegt dieses Papier im Original auch den diversen Betriebsräten in den verschiedenen Konzernteilen vor? Wenn nein, warum nicht?
    Hätten diese nicht, noch vor den Zeitungen, einen mehr als berechtigten Anspruch darauf?
    Falls das Papier dem Augsburger Betriebsrat vorlag, warum wurden nicht umgehend die Mitarbeiter in den Weltbildplus und Jokers Filialen informiert?

    Immerhin ist hier jetzt erstmals offiziell zu lesen, was sonst immer nur gemunkelt und hinter vorgehaltener Hand geraunt wurde. Unabhängig von der Insolvenz wollte sich Weltbild eh von dem Großteil der Filialen trennen, und zwar schon bis 2016.
    Hey Leute, des is nimmer lang.

    Warum führt diese Erkenntnis nicht zu einem großen Aufschrei in den Filialen und zu Aktivitäten? Lieber wird weiter Arbeit nach Dienst geschoben und die unangenehmen Wahrheiten verdrängt.

    Und dann noch ein Wort zu den ach so schützenswerten 7000 Arbeitsplätzen. Diese 7000 Arbeitsplätze beruhen auf welchen Angaben? Woher kommt diese Zahl?

    Für die Weltbildplus und Jokers Filialen, die ca. 2500 Arbeitsplätze stellen ist folgendes festzustellen. Zwar hart, aber dafür nicht weniger wahr ... es gibt Arbeitsplätze, die müssen nicht zwanghaft am Leben erhalten werden. Und die allermeisten Arbeitsplätze in den Filialen der Weltbildplus Medienvertriebs GmbH & Co. KG gehören dazu.
    Warum?
    Weil uns diese Arbeitsplätze gesellschaftspolitisch noch das Genick brechen werden und weil wir alle mit unseren Steuergeldern diese prekären Beschäftigen bezahlen. Durch Subventionen nämlich. Die meisten Mitarbeiter verdienen um die 8 €, einige noch weniger. Vollzeitstellen gibt es pro Filiale in der Regel nur eine, der Filialleiter.
    Alle Mitarbeiter werden grundsätzlich nur befristet eingestellt. Und dann in Halbjahres Etappen mal verlängert oder auch nicht. Tolle verläßliche Zukunftsaussichten für die Mitarbeiter, fürwahr.
    Darum hätte sich die Kirche schon längst mal kümmern sollen, aber auf diesem Auge waren sie blind.
    Die Insolvenzsicherungen und die 65 Millionen Euro, die die Weltbild Mitarbeiter zur Abmilderung der sozialen Härten bekommen sollten, gelten natürlich auch nur für die Mitarbeiter in Augsburg.

    Der stinknormale Filialmitarbeiter bekommt beim Verlust seines Arbeitsplatzes (und das dürften dann bis 2016 fast alle sein) nischt. Richtig, nischt.
    Warum?
    Da die allermeisten eh befristet sind, kann man es schön deixeln, das mit Schließung der Filiale der Vertrag ausläuft. Die wenigen unbefristeten müssen dann schon eine Kündigungsschutzklage einreichen und sich ein paar Euros mühsam vor Gericht erstreiten. Und dies ist dann wenig genug. Die Bruttogehälter sind gering, der Faktor liegt bei 0,4 bis 0,6.

    Zur Erklärung: Abfindungsformel: Bruttomonatsgehalt x Beschäftigungsjahr x Faktor.

    Die meisten Filialmitarbeiter werden mal eine sehr mickrige Rente haben, Altersarmut ist vorprogrammiert und wieder von der Gesellschaft zu tragen.

    Auf die unwürdigen Arbeitsbedingungen, die in manchen Filialen zusätzlich herrschen, gehe ich an dieser Stelle nicht weiter ein, würde den Text dann sehr lang machen.

    Für den einzelnen Filialmitarbeiter tut mir der Verlust des Arbeitsplatzes leid (wenn er dieses denn überhaupt als Verlust empfindet, ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass es den meisten Minijobbern ziemlich egal ist, da die Filiale eh nur als Zwischenstation betrachtet wird), aber ich würde da kein gutes Geld mehr reinpumpen.
    Manchmal ist es vielleicht ganz gut, wenn der Markt schlechte und homophobe Arbeitgeber verschwinden lässt.

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