Donnerstag, 24. Oktober 2013

Mit dem "gelben" Schein in die Arbeitslosigkeit?



Eine Informationen des ver.di-Fachbereich Handel zum Umgang mit kranken KollegInnen im Betrieb

Von vielen Unternehmern wird zur Zeit auch auf kranke und behinderte Menschen im Betrieb verstärkt Druck ausgeübt.

WER KRANK IST, HAT SELBST SCHULD (??!)

Krankheit gilt in unserer Gesellschaft häufig als selbst verschuldet. In Betrieben werden
Kranke als Kostenfaktor und damit als betriebsschädigend betrachtet. Im Umgang mit Krankheit wird den Beschäftigten von den Vorgesetzten und z. T. von den KollegInnen vermittelt, sie verhielten sich unkollegial . Damit gelingt es zunehmend, die Belegschaft zu spalten und chronisch kranke und behinderte KollegInnen sind schnell als vermeintliche Sündenböcke z.B. für die knappe Personalbesetzung ausgemacht.



WER KRANK WIRD, KANN GEKÜNDIGT WERDEN (??!)

Seit dem 1. Mai 2004 hat die betriebliche Eingliederung von kranken und behinderten
Menschen mit dem SGB IX eine gesetzliche Grundlage. Im SGB IX werden vor allem die Rechte behinderter Menschen geregelt (Rehabilitation und Integration), nach der Novellierung haben diese Regelungen auch Auswirkungen auf kranke Beschäftigte. 

Dafür stehen vor allem § 83 Integrationsvereinbarung in Abs. 2a Pkt. 5 „In der Vereinbarung können insbesondere auch Regelungen getroffen werden ... zur Durchführung der betrieblichen Prävention (betriebliches Eingliederungsmanagement) und zur Gesundheitsförderung“ und der neugefasste § 84 Abs. 2... „Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber (...), wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.“

Mit der Änderung des SGB IX nutzen einige Unternehmer das innerbetriebliche Angst-Klima, um mit einer eigenen, neuen Interpretation von Gesundheit den Druck auf Beschäftigte weiter zu erhöhen. Einige Unternehmer drohen öffentlich mit Kündigungen wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten!

KOSTEN LASSEN SICH NUR DURCH PRÄVENTION SENKEN, NICHT DURCH
DROHUNGEN UND KONTROLLE!


Mangelnde / bzw. fehlende Präventionsmaßnahmen in den Betrieben kosten die gesetzlichen Krankenkassen jedes Jahr rund 28 Milliarden €!
Arbeitgeber sind zu Präventionsmaßnahmen verpflichtet! Nach § 3 und § 4 des Arbeitsschutzgesetzes trägt der Arbeitgeber die volle Verantwortung dafür, dass Gefährdungen für Leben und Gesundheit möglichst vermieden werden!
Die Vorgehensweise einiger Arbeitgeber führt im Gegenteil zu einer Kultur des Mißtrauens und der Angst. Mit dem Hinweis auf angeblich zu hohe Krankenstände in den Betrieben (z.T. sogar mit Auflistung der „Besten“ und der „Schlechtesten“) und Androhung „kritischer
Fehlzeitengespräche“ kündigen sie „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ an. Das ist auf der
Grundlage des Grundgesetzes und des Sozialgesetzbuches unzulässig!

Außerdem ist klar: Krankenrückkehrgespräche und andere Kontrollmechanismen sind kein
Instrument zur Motivation und schon gar nicht ein Mittel zur Gesundheitsförderung! Sie
erhöhen den psychischen Druck auf die Beschäftigten und gefährden zusätzlich die deren
Gesundheit.
Auch hier wird deutlich: Krank werden Beschäftigte nicht durch ihr Verhalten, sondern durch die Arbeitsverhältnisse.

10 Kommentare:

  1. Wie so oft kann das nicht pauschalisiert werden. Auch beim letzten Satz bestätigen Ausnahmen die Regel ;-)

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  2. Krankheit ist oft genug selbst verursacht.
    Mangelnde Bewegung, Alkohol, Rauchen, unkontrollierter Konsum verschreibungsfreier Medikamente, falsche Berufswahl, Promiskuivität - das alles tun sich viele Menschen selber an. Da kann der Arbeitgeber mit Prävention wenig tun und die Kollegen schaun in die Röhre und müssen es ausbaden.

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    1. Entschuldige mal: Promiskuivität als selbstverschuldete Ursache für Erkrankung? In welchem Jahrhundert leben wir denn? Und Masturbation führt zu Blindheit und Rückgratverkrümmung, schon recht!

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  3. Also dass grundsätzlich und von vornherein der Job dran schuld ist, wenn jemand krank ist, kann ja wohl nicht wirklich ernst gemeint sein

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  4. Dass grundsätzlich der Job für Krankheiten verantwortlich ist, hat doch auch niemand behauptet. Aber dass psychischer Druck, Stress durch Überlastung und Zeitknappheit, fehlende Wertschätzung und permanente Unsicherheit über die eigene berufliche Zukunft auf Dauer sehr belastend sind und krankmachen können oder zumindest den Ausbruch von Krankheiten begünstigen, wird wohl jeder Arzt bestätigen. All diese Zustände sind für die Arbeit bei Hugendubel in den letzten Jahren immer prägender geworden, wohingegen gesundheitsfördernde Faktoren wie das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, selbständig zu gestalten, Erfüllung und Anerkennung in der Arbeit zu finden, an Gewicht verlieren. Auch wenn ich mich selbst schon wegen krankgeschriebener Kollegen und daher noch schlechterer Besetzung geärgert habe, sollte man den Zusammenhang nicht aus den Augen verlieren. Es gibt auch viele Kollegen, die sich trotz angeschlagener Gesundheit in den Laden schleppen, weil sie wissen, dass sonst die anderen noch mehr darunter leiden.

    Ziemlich fragwürdig finde ich, hier als Moralapostel aufzutreten, und persönliche Schwächen oder einen "promisken" Lebenswandel für Krankheiten verantwortlich zu machen. Damit wird der Arbeitgeber von jeder Verantwortung für das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter entbunden, auch wenn er es ist, der die Arbeitsbedingungen ganz wesentlich gestaltet und sehr wohl viel Positives bewirken kann. Der Grund, warum unser Krankenstand ansteigt, sind doch wohl nicht Süchte oder Geschlechtskrankheiten, sondern eher eine allgemeine Schwächung der Abwehrkräfte durch Stress und Erschöpfung, plus psychischer Druck (ich spreche für den Berliner Raum; woanders mag es anders sein).

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  5. Das ist nicht nur in Berlin so, dass betrifft bundesweit alle Kollegen im Unternehmen

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  6. @Promsiker Kollege: Doch, es wird im letzten Satz geschrieben, dass grundsätzlich der Job für sämtliche Krankheiten verantwortlich ist: Zitat: "Krank werden Beschäftigte nicht durch ihr Verhalten, sondern durch die Arbeitsverhältnisse."

    Wenn man das so nicht stehen lassen kann, ist man noch lange kein Moralapostel ;-)

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  7. @Anonym 12:44

    Der Satz ist, wie der ganze Artikel, sehr zugespitzt formuliert. Aber ich habe ihn so verstanden, dass es darin um den Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und Krankenstand geht, und nicht um die ausschließliche Erklärung aller Krankheiten durch die Arbeit. Mit Moralapostel habe ich Anonym 24.10./22.21 gemeint, denn das was er oder sie schreibt, klingt für mich so, als ob Krankheit die Strafe für unmoralisches Verhalten (Trinken, Rauchen. Drogen, wechselnde SexpartnerInnen) sei, und das ist mindestens genauso abstrus und einseitig, als wenn man behaupten würde, an allen Krankheiten seien die Arbeitsbedingungen schuld. Außerdem wird jeder Kranke dadurch von vornherein moralisch beurteilt und abgewertet.

    Aber das führt eigentlich schon wieder zu weit... Ich fand den Artikel gut, weil er ein Problem aufgreift, dass durch die neuen Personalpläne noch akuter spürbar wird, und würde mich freuen, wenn mehr Leute ein Bewusstsein für die strukturellen und von unserer Unternehmensleitung hausgemachten Probleme bekommen würden, statt einzelne Kollegen, die aus welchen Gründen auch immer vielleicht etwas häufiger ausfallen, für die Misere verantwortlich zu machen.

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    1. Krankheit ist nicht Strafe für sondern Folge des persönlichen Lebensstils.
      Jeder weiß, was er tun und lassen sollte, um sich halbwegs gesund zu erhalten - außer Angehörigen der nachwachsenden Generation, deren Gott Facebook ist und die meint, Kühe seien lila.
      Viele machen es aber nicht. Wenn Kollegen morgens erkennbar besoffen zur Arbeit kommen und andere jede freie Sekunde zum Rauchen vor die Tür gehen, kann das wer will damit begründen, dass die Arbeit bei HUG nicht anders zu ertragen sei (AG ist Schuld). So sehe ich es aber eben nicht

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  8. Ungewollte Arbeitslosigkeit

    Das Geld zerlegt den Tausch in zwei Teile: Die eine Hälfte ist der Verkauf des eigenen Erzeugnisses gegen Geld, die zweite der Kauf eines fremden Erzeugnisses gegen Hingabe dieses Geldes. Nur wenn beide Teile, sowohl Verkauf als auch Kauf erfüllt sind, ist der Tausch vollendet, nur dann ist der "vollkommene Tausch" verwirklicht. Die Aufspaltung des Tausches durch das Geld ermöglicht es nun, dass Angebot und Nachfrage sich nicht mehr immer decken müssen. … Es ist vielmehr jetzt möglich, dass beide auseinanderklaffen. Dieser Fall muss ganz zwangsläufig dann eintreten, wenn manche Teilnehmer am Tauschverkehr wohl ihr eigenes Erzeugnis verkaufen, ohne indes für den erzielten Gelderlös in angemessener Frist ein fremdes Erzeugnis einzukaufen. Durch ein solches Verhalten der Tauschteilnehmer wird der "vollkommene Tausch" verhindert, es entsteht eine Tauschstörung und damit ungewollte Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise. … Unerheblich für den "vollkommenen Tausch" bleibt es, dass der Verkäufer mit dem empfangenen Geld selbst Nachfrage nach fremden Waren hält. Es genügt, wenn er das Geld auf dem Kreditweg (z. B. über eine Bank) einem Dritten zum Ankauf von Gütern zur Verfügung stellt. Entscheidend ist nicht, wer kauft, sondern dass gekauft wird. … Allgemeine Geldhortung (in bar oder auf Giro-Konten) in diesem Sinne muss daher notwendig zu einem Auseinanderklaffen von Gesamtangebot und Gesamtnachfrage und damit zu ungewollter Arbeitslosigkeit führen.

    Wie ist dieses Auseinanderklaffen zu vermeiden? Wie schaffen wir eine Wirtschaft des "vollkommenen Tausches", die keine ungewollte Arbeitslosigkeit kennt?

    Es ist nur erforderlich, dem Geld seine heutige Hortbarkeit zu nehmen, d. h. das Geldstreikmonopol zu brechen. Ein solches nicht hortbares Geld erfüllt die erste Forderung, die man an ein ideales Geld stellen muss: Es läuft um! Läuft es aber um, dann kommt es zu allen Arbeitswilligen. Die Gesamtnachfrage wird durch ein unhortbares Geld … dauernd dem Gesamtangebot angepasst, mit dem Ziel einer Vollbetriebswirtschaft. … Die Beseitigung des Geldstreikmonopols ist die erste Voraussetzung, um die Marktwirtschaft aus ihrem heutigen halbmonopolistischen Zustand zu befreien und in erstaunlicher Weise zu wandeln, ihr soziale Züge aufzuprägen und sie in eine echte Soziale Marktwirtschaft hinüberzuführen.

    Marktgerechtigkeit

    Die freie (d. h. monopolfreie) Marktwirtschaft ist einfach. Wer aber noch religiös ist, wird den eigentlichen Beginn der menschlichen Zivilisation bis zum Jüngsten Tag nicht verstehen:

    Glaube Aberglaube Unglaube

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