Freitag, 10. Mai 2013

Was würde Tucholsky dazu sagen?

Zum 80. Jahrestag der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933

Am 13. März 2013 starteten wir in diesem Infoblog die Reihe "Bibliothek der verbotenenen Bücher", um in loser Folge auf bei Hugendubel von derKirchenzensur betroffene Bücher vorzustellen. Zu diesem Zeitpunkt existierte eine 10-bändige Kassette, die der Olms-Verlag unter dem Titel "Bibliothek Verbrannter Bücher" herausgebracht hatte sowie eine Reihe  "Bibliothek der verbotenenen Bücher" des Marix-Verlages, die von der Bücherverbrennung der Nazis betroffene Titel enthielt.

Am 25. März wurde bekannt, daß die BILD-Zeitung anlässlich des 80. Jahrestags der Bücherverbrennung in Zusammenarbeit mit „Vorsicht Buch!“, der Kampagne der deutschen Buchbranche, ebenfalls eine Sonderedition herausgibt: "Die Bibliothek der verbotenen Bücher".

Die 10-bändige BILD-Edition enthält u. a. Bücher von Kurt Tucholsky ("Deutschland, Deutschland über alles"), Brecht (Hauspostille und Songs der Dreigroschenoper), Heinrich Mann (Der Untertan), Lion Feuchtwanger (Jud Süß) oder Stefan Zweig (Verwirrung der Gefühle).

Das Anliegen, von den Faschisten verbrannte Bücher wieder in Erinnerung zu rufen, ist sicher ehrenwert.
Es seien aber dennoch folgenden Fragen erlaubt:


Was würde Kurt Tucholsky dazu sagen,

daß eine chauvinistische und sexistische Dreckszeitung wie BILD sein Buch "Deutschland, Deutschland über alles", ein gegen deutschen Militarismus, gegen soziales Unrecht und Klassenjustiz, gegen neuen deutschen Chauvinismus gerichtetes Werk, publiziert?


Was würde Brecht dazu sagen,

daß Hugendubel-Rechtsanwälte die Nennung der Firma Hugendubel als Mitveranstalter einer Lesung des Kommunistischen Manifests durch Rolf Becker in Berlin verbieten lassen?


Was würde Stefan Zweig dazu sagen,

daß Hugendubel seinen Roman "Verwirrung der Gefühle", der Homosexualität zum Thema hat, verkauft, ansonsten aber systematisch schwul-lesbische Titel unterdrückt?

Was würde Lion Feuchtwanger dazu sagen,

daß auf der Hugendubel-Homepage Nazi-Videos und Nazi-Literatur verkauft wurden bzw. werden?


















3 Kommentare:

  1. Langjährige MitarbeiterinFreitag, 10. Mai 2013 um 14:58:00 MESZ

    Hugendubel entblödet sich nicht, systematisch kirchenkritische, politisch mißliebige und schwul-lesbische Bücher zu unterdrücken und gleichzeitig die Bücher der von den Nazis verbotenen und verbrannten Schriftsteller zu verkaufen.
    Als Mitarbeiterin schäme ich mich dafür!

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  2. Den Hugendubels und den anderen Verantwortlichen in der Firma fehlt es einfach an politisch-moralischer Sensibilität, sie folgen - zumindest das Online-Angebot betreffend - blindlings den Vorgaben der Weltbild-Zensur. Wahrscheinlich würden wieder mehr Kosten entstehen, würde man sich zu einer von Weltbild abweichenden Haltung entschließen, und das ist für die Führung ja immer das ausschlaggebende Argument. Es darf alles nichts kosten, man braucht ja das Geld für die wichtigen Image-Projeke.

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  3. 10 Bände - die Sammlung der bekannten und immer wieder aufgelegten Titel. Alle kennen diese Bücher (zumindest dem Titel nach), viele wurden seit der eigenen Schulzeit immer wieder als lesenswert gelobt, verschenkt, geschenkt, gekauft und hingestellt (den / die titel muß man schließlich haben - und tatsächlich in unterschiedlichen Verlagen und Aufmachungen wurden die Bände immer wieder publiziert. Kaufmännisch kann man da scheinbar nichts mit falsch machen. Das über dem Kanon der ´bekannten´ Autoren und Titel sehr viele weitere schöngeistige aber auch wissenschaftliche Titel verboten und ausgesondert wurden wird darüber gerne vergessen. ---- Was zeigt uns das alles heute - na klar jede Zeit hat ihre Sieger, ihre Lebensart, ihre moralischen Standarts, ihre besseren Menschen und Ideologien. Was heute nicht geht, nicht verkauft wird, mit gesellschaftlichem Tabu belegt ist, abartig ist oder einfach nur politisch unkorrekt, kann in einigen Jahren der Best-Seller sein.

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