Interview mit zwei Beschäftigten der Mayerschen
Am 24. September 2012 lud der Inhaber H. Falter die Beschäftigten der Aachener und Dürener Filialen sowie des Zentrallagers und der Hauptverwaltung in Aachen zu einem sogenannten „Infomorgen“. Auf dieser Quasi-Betriebsversammlung wurde den gut 200 anwesenden Beschäftigten eröffnet, dass die Geschäfte nicht so gut liefen, und deshalb der Ertrag gesteigert werden müsse. Für 2013 erwarte man von allen Beschäftigten, dass sie freiwillig unbezahlte Mehrarbeit leisten. Ein Formular wurde an jeden Beschäftigten ausgehändigt, und selbstverständlich sei dies nur ein Gefallen, den man tue. Beantworte man mit Ja, könne dies monatlich widerrufen werden. Vollzeitbeschäftigte sollen nun 40 Stunden arbeiten, statt bisher 37,5, für Teilzeitkräfte gelte dies entsprechend.
Die Mayersche Buchhandlung mit Stammsitz in Aachen und 45 Filialen in ganz Nordrhein-Westfalen ist die größte Inhabergeführte Buchhandelskette in Deutschland. Im Laufe des Jahres 2012 wurden bereits mehrere Filialen geschlossen, so in Leverkusen, Iserlohn, Essen und in der Kölner Schildergasse.
Die Kritische Aachener Zeitung (www.kraz.ac) sprach mit zwei Beschäftigten, die wir aus offensichtlichen Gründen anonymisieren.
KRAZ: Liebe KollegInnen, ersteinmal herzlichen Dank für eure Bereitschaft mit uns zu sprechen. Jener „Infomorgen“ ist jetzt gut vier Wochen her, wie ist die Stimmung unter den Beschäftigten, haben viele bereits der Mehrarbeit zugestimmt?
A: An jenem „Infomorgen“ war nach den Ausführungen von Herrn Falter die Stimmung erstmal gedrückt, kaum jemand konnte oder wollte etwas sagen. Ein Kollege hat sich dann zu Wort gemeldet und von „emotionaler Erpressung“ gesprochen, weil Herr Falter an die persönliche Solidarität eines jeden Einzelnen appeliert hatte. Dieser Kollege, wie einige andere auch, die sich kritisch geäußert hatten, wurden in den folgenden Tagen zu Herrn Falter persönlich zu Vier-Augen-Gesprächen geladen, ein Kollege diskutierte öffentlich mit Herrn Falter während der Versammlung. Einerseits herrscht große Angst, weswegen viele KollegInnen wohl zustimmen werden, andererseits gibt es großen Frust wegen der hohen Arbeitshetze und der gar nicht familiären Stimmung im Unternehmen. In der Herforder Filiale arbeiten gerade einmal vier KollegInnen auf mehreren Hundert Quadratmetern, die sind eh schon so im Stress, die haben bereits alle zugestimmt, aus Angst, den Job zu verlieren. Hier in der Zentralverwaltung ist die Mehrheit gegen Mehrarbeit, die Personalabteilung sogar fast geschlossen, wie wir hörten.
KRAZ: Zwischenzeitlich wurden ja fast alle Beschäftigten in regionalen „Info-Versammlungen“ über die Pläne informiert, gibt es denn überhaupt die Möglichkeit, sich über die Filialen hinaus auszutauschen? Einen Betriebsrat hat die Mayersche ja nicht, also auch nicht die Möglichkeit, auf einer Betriebsversammlung gemeinsam zu diskutieren.
A: In der Tat gab es wohl vor einigen Jahren den Versuch, einen Betriebsrat zu gründen. Damals waren es mehrere KollegInnen, von denen drei dann sehr schnell aus den verschiedensten Gründen gekündigt wurden. In zwei Filialen, Trier und Dortmund, gibt es Betriebsräte, weil diese Filialen von der Mayerschen übernommen wurden. Austausch gibt es sonst nur in kleinen Gruppen in den Raucherräumen, den „Flurfunk“, oder über Telefon, weil man eben manche KollegInnen schon länger kennt und nachfragt, wie es denn bei ihnen so aussieht. Zynischerweise hatte Herr Falter an jenem „Infomorgen“ die Installierung eines „Mitarbeiter-Ausschuss“ in Aussicht gestellt, der sich alle paar Monate treffen soll.
KRAZ: Wie reagieren denn die KollegInnen, die gegen unbezahlte Mehrarbeit sind? Gibt es erste Überlegungen für Gegenwehr?
A: Bisher haben sich viele nicht für die Gewerkschaft interessiert, zuständig ist ja Ver.di. Die Aachener Arbeitsagentur vermittelt bereits niemanden mehr an die Mayersche, soweit hat sich das Klima bei uns schon herumgesprochen. Jetzt sind die ersten KollegInnen zu Ver.di gegangen, einige wollen jetzt auch eintreten, und erwarten zurecht, dass jetzt etwas passiert. Schon lange hat man bei uns das Gefühl, dass Herrn Falters schwadronieren über die familiäre Stimmung leere Worthülsen sind, von Wertschätzung ist hier keine Spur zu fühlen. Viele sind schon lange frustriert und machen Dienst nach Vorschrift. Natürlich kommt jetzt wieder die Idee auf, einen Betriebsrat zu gründen, auch deswegen gibt es jetzt eine hohe Erwartungshaltung gegenüber Ver.di.
KRAZ: Die Aachener Medien haben bisher nur wenig berichtet, die WDR Lokalzeit brachte einen zweiminütigen Bericht mit dem Tenor, dass alles eigentlich völlig in Ordnung sei. Wie empfindet ihr das?
A: Der WDR-Bericht war eine einseitige Darstellung, wie eine Hofberichterstattung. Der interviewte Ver.di-Sekretär kam kaum zu Wort. Wir können es uns einfach nicht vorstellen, wie unkritisch berichtet wurde! Zudem gibt es alteingesessene freundschaftliche Beziehungen zwischen Herrn Falter und der Aachener Presselandschaft, anscheinend wird auch deswegen nicht kritisch berichtet. Auch deshalb sind wir froh, dass es noch andere, unabhängige Medien gibt.
KRAZ: Rein rechnerisch entsteht ja durch unbezahlte Mehrarbeit kein höherer Gewinn, steht nicht zu befürchten, dass durch das Ankreuzen von Ja oder Nein zu Mehrarbeit schon jetzt anstehende Entlassungen vorbereitet werden sollen?
A: Angeblich ist es jetzt schon so, dass sich die KollegInnen erpresst fühlen, und in der Personalabteilung stehen bereits zwei Aktenordner, die mit den Ja-Sagern, und die Nein-Sager. In der Branche rumort es, die Firma Hugendubel hat kürzlich angekündigt, im kommenden Jahr den Arbeitgeberverband verlassen zu wollen. Und die andere große Kette Thalia wurde vor kurzem an einen US-Investor verkauft. Es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis auch bei uns Entlassungen anstehen.
KRAZ: Liebe KollegInnen, vielen Dank für dieses Gespräch. Ich denke, es wird deutlich, dass die Beschäftigten der Mayerschen dringend Vernetzung und Solidarität benötigen, sowie endlich den Aufbau eines Betriebsrates für alle bei der Mayerschen. Wir wünschen euch in den kommenden Wochen Standhaftigkeit und Erfolg!
Quelle: http://www.kraz.ac/index.php/8-soziales/105-unbezahlte-mehrarbeit-alles-fuer-die-grosse-familie
Die Redaktion des Hugendubel-Infoblog dankt der Kritischen Aachener Zeitung für die freundliche
Abdruckgenehmigung.
Kommt so etwas auch auf uns zu? Was unterscheidet uns bei Hugendubel überhaupt von dem Schicksal unserer "Konkurrenten" Thalia und Mayersche? Ich fürchte für uns Angestellte, hier wie dort: nur sehr wenig!!!
AntwortenLöschenDas ist doch unfassbar, was sich die GLtungen erlauben.
AntwortenLöschenSie sollen alle an Ihrer scheiß Kohle ersticken.
Gut das der Hugendubel-Blog gut 3 Wochen nachdem das Thema durch die Branchenpresse ( www.boersenblatt.net/568780 ) gegangen ist, auch schon aufgreift
AntwortenLöschenUnd:
LöschenSehr
"gut das
(KORREKT: gut , daß ODER dass)
der Hugendubel-Blog"
-Leser (anonym)
in beeindruckender Selbstüberzeugtheit
"gut 3 Wochen nachdem"
(KORREKT: gut 3 Wochen , nachdem)
er erstmals das Thema in der Branchenpresse wahrgenommen hat,
dieses "auch schon aufgreift"
PUNKT !
-------
Menschenskind, was soll das?
Setze bitte das nächste Mal einen wichtigen Börsenblatt-Link (am besten jedoch: die übrigen Medien/Quellen gleich auch noch) sofort nach Entdecken hier rein - und nicht erst 3 Wochen später!
Oder noch besser: Schreibe selbst einen kleinen Artikel und maile ihn an die Blog-Redaktion. Diese wird sich über Deine Basis-Aktivität sehr freuen und wird Deinen Beitrag online setzen.
Worum geht es Dir eigentlich:
Willst Du Deine Kollegen informieren - oder willst Du nur den Superklugen spielen?
(Überzeugender käme das Ganze übrigens rüber, würdest Du zuvor die Rechtschreib- und Zeichensetzungsregeln studieren!)
Wie wär's mit gemeinsamen Aktionen: Nach dem Weltbild-Sonderweg ist für Hugendubel sowieso angesagt, zum Verhandlungstermin am nächsten Mittwoch (19.12.) Druck zu machen. Dann holen wir doch am besten viele KollegInnen aus anderen Unternehmen mit ins Boot, um uns vor Weihnachten öffentlich Gehör zu verschaffen. Unser Hugendubel-Protest sollte nicht auf München beschränkt bleiben, Frankurt / Bad Homburg / Rhein-Main müßten z.B. noch dazu kommen; außerdem auch KollegInnen von Amazon, Mayerscher und Thalia. Damit würde in der letzten Vorweihnachtswoche die Lage der Buchhandels-Angestellten ins Zentrum treten. Diese Chance sollten wir unbedingt nutzen; und zwar sofort!
AntwortenLöschenZur neuesten Entwicklung bei Thalia:
http://www.buchreport.de/nachrichten/handel/handel_nachricht/datum/2012/12/11/ab-2014-muss-thalia-wieder-geld-verdienen.htm
http://www.buchreport.de/blog.htm?p=2754
"Kein Mucks von den Mitarbeitern":
Das läßt sich ändern!!
@Anonym 10:07 Uhr
AntwortenLöschenDein Kommentar ist für mich ein typisches Beispiel für die unter der Hugendubel-Belegschaft weit verbreitete Konsumenten-Mentalität - und entschuldige, wenn ich es es so deutlich sage: in einer besonders unverschämten Variante.
Dieser Infoblog wird von Kolleginnen und Kollegen in ihrer Freizeit gemacht, ehrenamtlich ohne Bezahlung, mit Schwerpunkt Hugendubel.
Wie kommst Du eigentlich darauf, daß Du hier ein Recht auf s o f o r ti g e Berichterstattung über die Situation der Mayerschen hast?
Schreibst Du für diesen Infoblog?
Zahlst Du für die Benutzung dieses Infoblogs?
Bist Du überhaupt Gewerkschaftsmitglied? Oder greifst Du hier nur gratis Infos ab? Geiz ist geil und ich bin doch nicht blöd, oder?
Im übrigen ist Dein Anwurf sachlich falsch.
Wenn ich es richtig sehe, ging es der Infoblog-Redaktion um das Interview mit den beiden KollegInnen von der Mayerschen, also um Information aus erster Hand. Und dies tauchte nur ganz versteckt bei einem Kommentar im Böresenblatt auf, ohne konkreten Hinweis. Im übrigen stellt sich die Frage, warum Du selbst nicht einen Link reingesetzt hast, wenn Du es für so dringend hältst.Aber jetzt darüber kräftig meckern.
Es ist die selbe Konsumenten-Mentalität, die sich die Lohnerhöhung von der streikenden Weltbild-Lagerarbeiterin erkämpfen läßt und die sich nicht am Warnstreik beteiligt, sondern als TrittbrettfahrerIn andere für sich kämpfen läßt.
Gut, dass die deutschen Universitäten für so viele abgebrochene Germanistikstudentinnen sorgen, wo wäre der deutsche Buchhandel sonst? Schade dass sowenige abgebrochene Grafikdesignstudentinnen den Weg in den Buchhandel oder zumindest in die Blogredaktion finden, dann wären vielleicht manche Beiträge auf Anhieb lesbar. Und ich gestehe, meine Rechtschreibe- und Zeichensetzungsschwäche sorgt dafür, dass ich mich nur im Schutz vermeintlicher Anonymität traue, Kommentare zu schreiben.
AntwortenLöschenDas Interview mit den beiden Kolleginnen der Mayerschen ist seit Wochen bei Labournet.de verfügbar.
Ich habe überhaupt keine Ansprüche an den Blog, nur wenn uns ein Konkurrentin schon eine solche Steilvorlage für den Kampf um den Erhalt des MTV liefert, und Ihr das erst Wochen später aufgreift, finde ich Kritik an angeblich nicht streikwilligen Kolleginnen verfrüht.
@Anonym 14:30
AntwortenLöschen"Steilvorlage für den Kampf um den Erhalt des MTV liefert, und Ihr das erst Wochen später aufgreift, finde ich Kritik an angeblich nicht streikwilligen Kolleginnen verfrüht"
Meinst Du das im Ernst?
Weil der Bericht über die Mayersche erst jetzt im Infoblog kommt,haben bei Hugendubel etliche KollegInnen nicht am Warnstreik teilgenommen?
Das glaubst Du doch selbst nicht.
Ausserdem: auch die Redakteure und Redakteurinnen arbeiten im Weihnachtsgeschäft, haben wahrscheinlich auch noch ein Privatleben und nicht immer Lust, nach Feierabend noch das Internet nach den neuesten Artikeln zur Mayerschen zu scannen, um nicht von irgendwelchen Schlaumeiern und Sclaumeierinnen eins auf die Mütze zu kriegen, weil der Gratis-Service nicht zackzack geliefert hat. Also: wieso hast Du nicht auf die Situation bei der Mayerschen hingewiesen?
Anscheinend hast Du selber mehr Zeit & Energie in Deine Animositäten bzgl. abgebrochener Germanistiktudentinnen (abgebrochene Germanistikstudenten gibt´s wohl keine?) gesteckt.
Was wir hier nicht brauchen können, ist eine Konsumentenmentalität. Diser Blog ist von der basis - für die Basis. Und Du bist Teil der Basis.