Dienstag, 28. Februar 2012

MEDIEN-LINKS: Heimsuchung im Lustschlößchen – oder „Die Hugendubel/Weltbild/Kirchen-Achse“


+ München + + + Augsburg + + + Regensburg + + + + + + + Rom/Vatikanstadt + + + + + + + + + + +


Neues aus der Welt der Postkarten und der Offenen Briefe,
der Welt der Kardinäle und der (Ober-)Hirten,
der Welt der Gewerkschaften und der Buchhändler





Die zeitgleich gestarteten „Kirchen-Aktionen“ der Belegschaften von Hugendubel und Weltbild schlagen – vor dem Hintergrund der in diesen Tagen in Regensburg versammelten katholischen Kirchenoberhäupter – hohe mediale Wellen.


Der Buchreport berichtet über beide Aktionen:

DBH-Mitarbeiter erhöhen Druck 

Im Vorfeld der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz
haben sich die Mitarbeiter von Weltbild und Hugendubel noch einmal energisch zu Wort gemeldet:

In München haben 400 Hugendubel-Mitarbeiter auf eine Verdi-Initiative hin Postkarten an Reinhard Marx verschickt, in der Hoffnung, dass der Erzbischof (als Weltbild-Gesellschafter) die Geschäftsführung dazu drängt, die Tarifverhandlungen aufzunehmen.

In Augsburg beklagen sich die Weltbild-Mitarbeiter in einem offenen Brief an die Bischöfe darüber, dass sie in den vergangenen drei Monate bei den Verhandlungen über einen Zukunftstarifvertrag mit der Forderung der Beschäftigungssicherung bei Carel Halff auf Granit gestoßen sind – die Geschäftsführung wolle angesichts schwieriger Marktbedingungen nicht auf die Möglichkeit betriebsbedingter Kündigungen verzichten:


„Wir sind sicher, dass Sie einen würdigen Käufer finden können, der den Kolleginnen und Kollegen bei Weltbild für vier Jahre ihre Arbeitsplätze garantiert. Mag sein, dass Sie als Eigentümer unter diesen Voraussetzungen einen etwas geringeren Verkaufspreis erzielen. Aber wir meinen: Das haben wir uns in den letzten 30 Jahren verdient.“ (so ein Zitat aus dem „Offenen Brief“ der Weltbild-Kolleg/innen)

Der Buchreport behandelt außerdem die Frage, ob bzw. wie eine Sortimentsbereinigung – nach der Devise: „Erotik + Esoterik raus!“ – innerhalb einer (als „Dritter Weg“ bezeichneten) Umwandlung des Weltbild-Konzerns in eine kirchennahe Stiftung überhaupt einen realistischen Ausweg aus dem (durch den bischöflichen Verkaufsbeschluss entstandenen) Dilemma weisen könnte: Was brächte „Weltbild clean“?

Und schließlich wird hingewiesen auf den entscheidenden Erfolgsfaktor beim Vorgehen von Weltbild-Belegschaft und -Betriebsrat – im Schulterschluss mit der Gewerkschaft ver.di:

Der kämpferische Betriebsrat und das vergleichsweise große Engagement der Belegschaft bei der Verteidigung der eigenen Interessen dürfte auf mögliche Investoren, die grundlegend an der Weltbild-Struktur Veränderungen vornehmen wollen, abschreckend wirken.


Hugendubel: Druck auf Marx

-  so überschreibt MM-Chefreporter Daniel T. Schmidt im Münchner Merkur (vom 28.2.2012 / Seite 34 der Print-Ausgabe) seinen Artikel.

Mit einer Postkarten-Aktion wollen 400 Hugendubel-Mitarbeiter den Münchner Erzbischof Reinhard Marx in die Pflicht nehmen, Arbeitsplätze zu sichern. Wie berichtet, befürchtet die Belegschaft, dass der von den deutschen Bischöfen angestrebte Verkauf des Weltbild-Verlages auch bei Hugendubel zu Entlassungen führen wird.

Aus dem Ordinariat verlautet, Marx habe sich zum Thema mehrfach geäußert und „klar und deutlich gesagt, dass ihm die Menschen und ihre Sorgen am Herzen liegen und dass er sich der katholischen Soziallehre verpflichtet fühlt“. Das ist den Beschäftigten nicht genug. Sie erhoffen sich tatkräftigen Beistand des Bischofs in ihrem Kampf um einen Tarifvertrag, der die Arbeitsplätze dauerhaft sichert. Sie verweisen auf Filialschließungen am Münchner Salvatorplatz sowie in Kassel, Berlin und Krefeld und auf eine Verkleinerung der Filiale in Mainz – und fragen nach der Zukunft anderer Standorte. ...

Die Beschäftigten warten weiter auf ein Treffen mit Bischof Marx und kündigen indirekt an, ihn in seinem Schwabinger Domizil Schloss Suresnes heimzusuchen:

„Wenn der Hirte nicht zur Herde kommt, dann kommt die Herde zum Hirten.“


Und hier - schon mal zur Vorab-Orientierung –
so sieht es aus, das ursprünglich als „Lustschlösschen“ erbaute,
„für den Publikumsverkehr nicht zugängige“ Marx-Domizil in München-Schwabing:


"Jetzt ist Schluß mit lustig..."  -  SCHLOSS SURESNES  –  Foto: wikipedia / rufus46

In der SZ geht’s um ziemlich tief im Weihrauchfass versenkten Kapitalismus:

Das Leben des Kardinals – so überschreibt der Leiter des Wirtschaftsressorts der Süddeutschen Zeitung, Hans-Jürgen Jakobs seine Glosse „Zwischen den Zahlen“.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx – als Stellvertreter des Stellvertreters des Herrn sozusagen auf der dritten Führungsebene angesiedelt – hat für den Verkauf des Weltbild-Konzerns plädiert ...

... aber womöglich hat er ja zu wenig mit dem Personal der Verlagstochter geredet. Die Gemeinde des Buchhändlers Hugendubel, die zum Teil zu Weltbild gehören, hat ihm jedenfalls kürzlich 400 Protestpostkarten geschickt. Sie beklagen sich, der Kardinal ... habe sich bisher nicht ausreichend um ihre Probleme gekümmert. Gewünscht ist seit zwei Jahren ein Zukunftssicherungstarifvertrag. 'Wann empfangen Sie unsere Tarifkommission?', steht auf den Postkärtchen, und: 'Keine vertröstenden Briefe mehr, keine weichen Worte mehr zur katholischen Soziallehre.' Man muss wissen, dass Kardinal Marx vor drei Jahren in einem Buch den aktuellen Kapitalismus ziemlich tief im Weihrauchfass versenkt hat. 'Das Kapital' hieß das Werk, so wie einst das Oeuvre des Namensvetters aus Trier.

Gut kapitalistisch würde aus Weltbild zusammen mit der Beistand bedürfenden Douglas-Tochter Thalia die Deutsche Buchhandel AG, das wäre mit Job-Abbau verbunden und fürs Image schädlicher als Softsexspuren im Verlagsangebot. ...

Doch könnte ja stattdessen das Ganze in eine Stiftung wandern, und der Umgang der Medien mit den Kirchlichen wäre nicht so rau ... 


Der Süddeutschen Zeitung war die Hugendubel-Postkarten-Aktion noch eine weitere Meldung – im Münchner Lokalteil – wert:

Hugendubel: Post für den Kardinal   

400 Hugendubel-Mitarbeiter haben Postkarten an Kardinal Reinhard Marx geschickt. Sie fordern Verhandlungen der Kirche mit der Tarifkommission zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze ... Der Verkauf oder eine Umstrukturierung von Weltbild würde ... nicht spurlos an den Hugendubel-Filialen vorübergehen, befürchtet die Gewerkschaft Verdi. ... Den 'leeren Sonntagspredigten' sollten endlich auch 'handfeste Kardinals-Taten' folgen, fordert Verdi. In München macht sich die Gewerkschaft Sorgen um die Zukunft der Hugendubel-Filialen am Salvatorplatz und am Stachus.


Auch mehrere kirchliche Medien haben das Thema aufgegriffen:


Die konservativ-katholische Zeitung Deutsche Tagespost berichtet:

Hugendubel-Mitarbeiter:  Protest-Postkarten an Marx 

Die Mitarbeiter des Buchhändlers Hugendubel haben dem Münchner Kardinal Reinhard Marx 400 Protestpostkarten geschickt. Darin beklagen sie, dass sich Marx bisher nicht ausreichend um ihre Anliegen gekümmert habe.


Und sogar das französische katholische Magazin la Croix befasst sich im Kontext der Regensburger Bischofs-Vollversammlung mit Weltbild:


Sehr ausführlich berichtet die österreichische Nachrichtenagentur kathweb unter dem Titel Deutsche Bischofskonferenz eröffnet Vollversammlung in Regensburg zunächst über den offenen Brief der Weltbild-Kolleg/innen – und schreibt dann weiter:

Die Mitarbeiter von "Hugendubel" schickten am Montag Kardinal Marx 400 Protestpostkarten. Darin beklagen sie, dass sich Marx bisher nicht ausreichend um ihre Anliegen gekümmert habe. Die Mitarbeiter kämpften seit zwei Jahren für einen Zukunftssicherungstarifvertrag, Verhandlungen seien jedoch von den Chefetagen beider Häuser bisher abgelehnt worden. "Wann empfangen Sie unsere Tarifkommission, Herr Kardinal Marx?", heißt es auf den Postkarten. Dabei wird auf das Treffen des Augsburger Bischofs Konrad Zdarsa mit Arbeitnehmervertretern von "Weltbild" verwiesen.
- Marx habe Gesprächsangebote bisher nicht angenommen.


Im offiziellen bischöflichen Videobeitrag "Domspatzen, Papstbruder, Dialog und ein bisschen Weltbild ... " (ab Minute 2:00) gibt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, mit etwas holprigen Worten u.a. eine kurze Stellungnahme zum Thema „Weltbild“ ab:


„... und vor allem haben wir ein großes Interesse: Wir wollen denen, die als Angestellte, als Mitarbeiter bei Weltbild beschäftigt sind, hoffentlich eine gute Zukunft wirklich sichern. ... Und wie die Wege sein werden - da werden wir alle prüfen, und da kann ich selber noch keine Entscheidung vorwegnehmen ...“

Nun, was auch immer das tatsächlich heißen soll: 
.........   h o f f e n t l i c h   eine  gute  Zukunft   w i r k l i c h   s i c h e r n  .........  


Ein weiteres Bischofskonferenz-Video ist zu sehen bei TVA-regional-fernsehen.


Das Regensburger Wochenblatt berichtet unter dem Titel 

Wenn ein Weltbild wankt: Deutsche Bischöfe beraten in Regensburg

Auch die Mitarbeiter des Weltbild-Verlages lauschen genau, was Zollitsch und seine Kollegen in Regensburg bei ihrer Frühlings-Vollversammlung ausbaldowern. Es geht für sie und ihre Kollegen bei Hugendubel – um ihre Existenz ...

... es geht die Angst um, der Verkauf käme einem Ausverkauf gleich.



Und wir alle - bei Hugendubel und Weltbild - sind jetzt äußerst gespannt auf Ergebnisse und Folgen dieses „Ausbaldowerns“: denn - es geht um unsere "Existenz"! 
 








2 Kommentare:

  1. Tolle Sache, die beiden Parallelaktionen, einmal Brief, das andere Mal Postkarte.

    Ich hoffe bloß, es zeigt mal endlich Wirkung!

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  2. Die Firma Hugendubel baut seit längerer Zeit Personal ab und wird es in Zukunft weiter tun. Nicht ein Wort von Bischof Marx kann da etwas ändern, wichtiger ist die Entwicklung von Mut und Kampfbereitschaft unter den Mitarbeitern.

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