Mittwoch, 22. Februar 2012

Kardinal Marx steht Beschäftigten bei

Aber nicht bei Hugendubel.

Laut  Pressestelle des Erzbistums München-Freising vom 15. Februar 2012 ist die katholische Kirche von München und Freising "äußerst besorgt über die Situation der Mitarbeiter von Nokia Siemens Networks, die von der geplanten Schließung des Münchner Unternehmensstandorts betroffen sind."
„Ich frage mich", so Kardinal Reinhard Marx in einem Appell an die Unternehmensspitze, "ob wirklich alles getan wurde, um die Arbeitsplätze in München zu erhalten und die Existenz der Beschäftigten zu sichern. Der Konzern steht in der Verantwortung für die Arbeitnehmer – erst recht, wenn es tatsächlich zu einer Schließung kommen sollte.“  Marx entsandte den Münchner Weihbischof Engelbert Siebler und weitere Vertreter der Kirche zu einer offenen Mitgliederversammlung der IG Metall für die Mitarbeiter von Nokia Siemens Networks, die einen Tag später, am Donnerstag, 16. Februar, um 16 Uhr in den Räumen der Münchner Pfarrei Sankt Wolfgang (Balanstraße 22) stattfand.

Als Beschäftigter bei Hugendubel reibt man sich verwundert die Augen:

HESSSSMTZ

Im Erzbischöflichen Ordinariat scheint es zwei Zeitzonen zu geben. In der ersten Zeitzone mahlen die Mühlen Gottes langsam. Man rechnet nicht nach Minuten, Stunden oder Tagen, sondern eher nach Wochen, Monaten und Jahren. Die Rehabilitierung von Galileo Galilei? Sehr gerne! Melden Sie sich bitte in einem halben Jahrtausend wieder! Diese Zeitzone ist die HESSSSMTZ, die Hugendubel-Employees-Social-Security-Super-Slow-Motion-Time-Zone:

Wir warten jetzt seit September letzten Jahres auf die Einladung zu einem Gesprächstermin bei Kardinal Marx und auf den längst überfälligen Besuch unserer Betriebsversammlung. Ganz zu schweigen von der Unterzeichnung unseres Sozialtarifvertrages, um den wir seit mehr als zwei Jahren kämpfen. Das einzige, was der Kardinal und sein Kirchenapparat zustande kriegte, war eine läppische Empfangsbestätigung nach sechs Wochen und eine weitere briefliche Vertröstung Ende Dezember 2011. Nicht mal die korrekte Absage unserer Betriebsversammlung am 6. Februar klappte, weil man angeblich die Fax-Nr. unseres Betriebsratsbüros nicht zur Hand hatte.


KMSRMPTZ

In der zweiten Zeitzone geht es genau anders herum -  hier herrscht eine aberwitzige Geschwindigkeit:
Wir befinden uns nämlich in der KMSRMPTZ, der Kardinal-Marx-Social-Responsability-Media-Publicity-Time-Zone. Hier - und nur hier - ist die katholische Soziallehre im Nanosekunden-Bereich getaktet.So schnell, wie Weihbischof Siebler sich auf Befehl von Marx auf der offenen IG Metall-Mitgliederversammlung der Siemens-Nokia-Beschäftigten einzufinden hatte, konnte der wahrscheinlich gar nicht schauen.

Wäre doch auch ´ne Idee gewesen, Kardinal Marx: Wenn Sie sich in Rom aufhalten und deswegen bei uns leider leider leider absagen mussten - was war mit Weihbischof Siebler und Generalvikar Beer? Auch verhindert in dringenden Amtsgeschäften? Das ist alles nur noch traurig, peinlich, beschämend und unglaubwürdig.


VAAFPANUBTZ

Darf ich ihnen einen guten Rat geben,  Herr Kardinal Marx ? (die  Eminenz lasse ich jetzt mal weg, auch den Preisträger "Soziale Marktwirtschaft 2011" - den müssen Sie sich erst verdienen). Bevor Sie dem Siemens-Management wohlfeile Gratis-Tipps geben, die Sie keinen Cent kosten, kümmern Sie sich doch erst einmal um Ihren eigenen Weinberg, in dem wir zur Hälfte als Arbeiter auch für Herren wie Sie arbeiten.

Sonst kann es gut sein, daß Sie in Ihrer erzbischöfliche Administration noch eine weitere Zeitzone einrichten müssen: die Very-Angry-About-False-Promises-And-Now-Unionized-Booksellers-Time-Zone, kurz VAAFPANUBTZ.



DZL!

Die Zeit läuft!

15 Kommentare:

  1. Ich würde mal sagen, das der Unterschied klar ist: 1.500 Nokia-Siemens-Network-MitarbeiterInnen verlieren, auch aufgrund unternehmerischer Fehlentscheidungen in München in Bälde ihren Arbeitsplatz, die sind auch interessiert sich ein wenig selber um ihre Probleme zu kümmern. Immerhin 500 von ihnen demonstrierten gestern in München, trotz Fasching und Ferien

    Bei uns hingegen genau das Gegenteil: Weltbild wird verkauft und Kardinal Marx oder ein Vertreter kommen ebensowenig wie mehr als 3/4 der Münchner Belgegschaft zu einer Betriebsversammlung, auf dem die Auswirkungen des Weltbildverkaufs thematisiert werden. Auch Kirchenvertreter müssen mit ihrer Zeit haushalten

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  2. Very-Angry-About-False-Promises-And-Now-Unionized-Booksellers-Time-Zone:

    zu schön, um wahr zu sein. Leider leider leider.

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  3. Zitat Süddeutsche, 22.2.2012

    "Bei den Mitarbeitern indes herrscht inzwischen enorme Kampfbereitschaft. "Die Kollegen sind alle heiß drauf, gegen Siemens zu demonstrieren", sagt Horst Schön, Vorsitzender des Münchner NSN-Betriebsrats. Gegen die Ignoriertaktik des Konzerns dürfte denn auch jedes Transparent und jede Trillerpfeife nötig sein."

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    1. In dem Artikel steht noch folgendes:
      "Das erbost viele Mitarbeiter, und ihr Ärger bringt sie zu Hunderten dazu, in die IG Metall einzutreten. "Nur eine Gewerkschaft kann auf Augenhöhe mit dem Management verhandeln" - so oder ähnlich äußern sich viele Mitarbeiter bei den fast tägliche Protestaktionen."

      Tja, DAS ist eben der Unterschied zu uns.

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  4. Vielleicht war Kardinal Marx auch nicht auf der Betriebsversammlung, weil wir gar nicht verkauft werden.:

    www.buchreport.de/nachrichten/handel/handel_nachricht/datum/2012/02/22/der-dritte-weg.htm

    Bin ja mal gespannt was Verdi sagen würde, wenn Weltbild in einer Mitabeitergesellschaft umgewandelt würde......

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    1. Hier der Link zum Beitrag aus der FAZ:

      http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/katholische-kirche-ein-neuer-plan-fuer-weltbild-11658706.html

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  5. Spannend wäre eher, was die Hugendubels dazu sagen würden, wenn die Hälfte von Hugendubel den Mitarbeitern gehören würde.

    Was solte ver.di gegen eine Mitarbeitergesellschaft haben? Bei Schlecker wird so etwas gerade angestrebt. Allerdings geben die Firmenbesitzer meist den Weg erst dann zu so einer Lösung frei, wenn sie vorher die Firma komplett gegen die Wand gefahren haben.

    Bei Weltbild wird es eher auf eine komplizierte juristische Konstruktion hinauslaufen: damit die Kirche kein Geld verliert und sich die Hände in Unschuld waschen kann.

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  6. "eine juristische Person, der man soziale und kirchliche Ziele vorgeben könnte":

    Was bedeutet das? Wem gehört dann Weltbild und 50% von Hugendubel? Wer hat die Kontrolle über diese juristische Person?

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  7. Noch ´ne Frage: wer kassiert den Profit?

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    1. Im Falle einer Mitarbeitergesellschaft die Mitarbeitergesellschaft....

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  8. Klingt ja alles ganz nett, was sich die Kirche da ausgedacht hat. Allerdings frage ich mich, was das dann für Auswirkungen hat?
    Wohin fließen die Gewinne? Was macht das für einen Unterschied zu jetzt?

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  9. Die Kirche steht doch vor dem Problem, dass sie einerseits keinen Käufer findet, andererseits gegenüber dem Papst irgendwie Vollzug melden muß.
    Eine "juristische Person, die die kirchlichen und sozialen Belange" vertreten soll, das ist doch die Fortsetzung der aktuellen Situation, nur das die Diözesen nicht mehr offiziell als Gesellschaft auftauchen. Aber die Frage bleibt: wer bestimmt, was diese "juristische Person" bestimmt? Ausserdem ist der Begriff total diffus: jeder Verein, jede Stiftung, jede GmbH ist eine "juristische Person".

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  10. "eine juristische Person, der man soziale und kirchliche Ziele vorgeben könnte"

    Dann würde ja auch der ganze Zensur-Wahnsinn weitergehen. Und Amazon lacht sich tot.

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  11. Von wegen Mitarbeitergesellschaft!
    Macht euch keine Illusionen, macht lieber Druck!

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