Dienstag, 25. September 2012

Big-Brother-Bäcker IHLE vor Gericht

Die Großbäckerei IHLE streitet sich seit Jahren mit ihrem Betriebsrat, auch vor Gericht. Meist geht es dabei um den Gesundheitsschutz für MitarbeiterInnen sowie Arbeitsbedingungen, die aus Sicht der Gewerkschaften an Ausbeutung grenzen.

In diesen Auseinandersetzungen hat der jetzige Betriebsratsvorsitzende sehr viel für seine Kolleginnen und Kollegen erreicht und deutliche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen durchgesetzt. Natürlich ist dieser Mann der Geschäftsführung ein Dorn im Auge.

IHLE arbeitet mit illegalen Mitteln
Jetzt hat der Friedberger Großbäcker den Spieß umgedreht und seinem BR-Vorsitzenden wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs gekündigt. Die vorgeblichen Beweise dafür hat IHLE mit einer eigens programmierten Spionage-Software erhoben, die der Augsburger Computerdienstleister Netz16 im Auftrag der Geschäftsführung von IHLE auf dem PC des BR-Vorsitzenden installiert hat.

Deshalb standen sich Arbeitgeber, Betriebsrat und die Gewerkschaft NGG am 13. September vor dem Augsburger Arbeitsgericht gegenüber. IHLE gibt die Ausspähung des BR-Rechners mit geheimdienstlichen Mitteln unumwunden zu: Man habe Firmeninteressen schützen müssen.

Warum bricht IHLE das Gesetz?
Etwas wundern darf man sich ob dieser Argumentation schon: Aus Sicht der Geschäftsleitung dürfte ein abwesender Betriebsrat doch deutlich angenehmer sein, als ein aktiver Mitarbeiter-Vertreter, der sich um die Einhaltungen von Arbeitsschutzgesetzen und Betriebsvereinbarungen kümmert…

Was man auch nicht versteht: Der Vorsitzende hätte keinerlei Vorteile von den unterstellten Manipulationen: Als freigestellter Betriebsrat bezieht er ein Festgehalt, unabhängig von seiner Anwesenheit im Betrieb. Warum also hätte der Mann die Daten überhaupt fälschen sollen?


GewerkschafterInnen der NGG, ver.di und IG Metall waren vor Ort, um dem BR-Vorsitzenden von IHLE den Rücken zu stärken. Allerdings hatte auch der Friedberger Großbäcker eine Abordnung willfähriger KollegInnen entsandt, die gegen ihren eigenen Betriebsratsvorsitzenden Stimmung machten. Insbesondere eine IHLE-Führungskraft störte die Rede des NGG-Sekretärs Tim Lubecki fortgesetzt und wäre fast von der Polizei des Platzes verwiesen worden


IHLEs "Beweise": Schwammig und widersprüchlich
Vieles, was die VertreterInnen von IHLE vor Gericht vorgetragen haben, erschien den ZuhörerInnen schwammig, widersprüchlich und nicht nur einmal fragte man sich, wohin der Arbeitgeber-Anwalt zielte: Zum Beispiel, wenn lang und breit über private E-Mails des Betriebsratsvorsitzenden lamentiert wurde, die dieser auf dem Firmenrechner empfangen und beantwortet haben soll. Benutzt hat er dafür nämlich ein Programm, das die IT-Abteilung von IHLE ihm genau für diesen Zweck selbst auf seinem Rechner installiert hat. Hallo?!

Die Fakten

Nach mehr als zweistündiger Verhandlung scheinen aber wenigstens einige Fakten klar geworden zu sein:

  • Das Passwort, mit dem sich der BR-Vorsitzende in das Arbeitszeit-Programm von IHLE einloggt, teilt er sich mit anderen BR-Mitgliedern.
  • Über den Zugang, der mit diesem Passwort freigeschaltet wird, sind KEINE Änderungen der erfassten Arbeitszeiten möglich. 
  • Die Manipulationen wurden mit einem speziellen Admin-Passwort der IHLE-IT-Abteilung ausgeführt.
  • Während vollkommen unklar blieb, wie der Betriebsrat in den Besitz dieses Super-Passworts gelangt sein soll, gab IHLE zu, dass innerhalb von Personalabteilung und IT etliche Personen Änderungszugriff auf das Arbeitszeit-Programm haben.
  • IHLE hat vor Gericht auch mindestens eine Manipulation vorgelegt, die zu einem Zeitpunkt gemacht wurde, als sich der BR-Vorsitzende nachweislich im Ausland befand. Ein Fernzugriff von dort via Datenleitung ist technisch nicht möglich.
  • Und nicht zuletzt: Die Installation des Spähprogramms auf einem Betriebsrats-Computer bricht geltendes deutsches Recht, das bestreitet nicht einmal IHLE.

Trotzdem könnten die angeblichen Beweise in einem Kündigungsverfahren berücksichtigt werden, wenn das Gericht der Argumentation des Arbeitgeber-Anwalts folgt. Dieser behauptet, IHLE habe keinerlei andere Möglichkeiten gehabt, um die angeblichen Verfehlungen des BR-Vorsitzenden zu belegen. Ob das wirklich so ist und ob die mit illegalen Methoden herbeigeschafften Daten überhaupt aussagekräftig sind, wird die Kammer am 4. Oktober entscheiden. Bis dahin wurde die Verhandlung vertagt. 

Der Hugendubel Infoblog dankt der Weltbild Infoblog Redaktion für das Zurverfügungstellen dieses Artikels

7 Kommentare:

  1. Das Recht beugende Methoden als Kampfmittel der GL:

    Wären die etwa bei Hugendubel auch vorstellbar?

    Vor 10 Jahren hätte ich gesagt:
    Nie und nimmer! Keinesfalls!

    Inzwischen jedoch.........???

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  2. Das ist ja ungeheurlich! Was gibt Dir überhaupt die Legitimation, hier solche Verdächtigungen gegenüber der Firmenleitung auch nur anzudeuten mit Deinen kryptischen Pünktchen, Pünktchen, Fragezeichen, Fragezeichen!!?? Wir arbeiten schließlich in einer Firma, die sich gegenüber Betriebsrat und Angestellten grundsätzlich korrekt verhält!

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    1. Meine Antwort:

      Wie bereits oben gesagt, bis vor einiger Zeit hätte ich für das damalige Familienunternehmen Hugendubel noch bedingungslos meine Hand ins Feuer gelegt.

      Aufgrund vieler verschiedener Vorkommnisse der vergangenen Jahre würde ich das jetzt aber ganz sicher nicht mehr tun!

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    2. Was der Kollegin/dem Kollegen das Recht gibt?
      Die GL zeigt sich beim Umgang mit Recht und Gesetz doch recht innovativ und kreativ, wenn es um die etwa drei bis vier Dutzend Kolleginnen bei Hugendubel-Nord ("Weiland") geht, die demnächst rausgeschmissen werden. Überwiegend Menschen "50+". Statt ordnungsgemäßer Abwicklung mit Sozialplan etc. sind sog. "individuelle Lösungen" das erklärte Ziel. Da läuten doch sämtliche Alarmglocken!
      Du selbst räumst ein, daß sich die Firma nur "grundsätzlich" korrekt verhält!
      Die Ausnahmen haben wir ja bei den "Neu-Hugendublern" (Habel etc.) gesehen.
      Glaubst Du etwa, das Max und Nina für Dich ne Extrawurst braten, weil Du zu Papis Alt-Belegschaft gehörst?

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  3. Ich sehe die veränderte Situation ähnlich: Die Firma hat sich inzwischen um 180 Grad gedreht, in eigentlich fast allem. Und wer ähnlich wie ich mitbekommen hat, wie z.B. KollegInnen auf übelste Art und Weise gezielt unter Druck gesetzt, gemobbt und rausgeekelt werden, weiß wovon ich spreche. Dieser neuen GL ist leider (fast) alles zuzutrauen (ausführen müssen die Anweisungen von ganz oben ja meist die kopfnickenden Leute der mittleren Ebene)!

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  4. Ich will die neue GL keineswegs in Schutz nehmen, da ich überhaupt nichts über diese Leute weiß.
    Aber die absolut gefühlskalte und emotionslose Behandlung von Mitarbeitern (=Menschen) als Objekte, die benutzt, ausgenutzt und weggeworfen werden, ist mir als Weltbildler nur zu vertraut.
    Die einzige Bremse dieser Leute dürfte die Sorge vor schlechten Schlagzeilen für die Kirche sein.
    Das ist noch unser einziger Vorteil, Manager in anderen Firmen müssen auf gar nichts Rücksicht nehmen, sondern können ihren kalten Kapitalistenwahn ungestört ausleben.
    Was kann man tun als Einzelner ?
    Sich organisieren (= Verdi beitreten).
    Auch wenn das kein Allheilmittel ist: wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt !

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    1. Die katholische Kirche fürchtet die Wahrheit nicht!
      (Umgekehrt verhält es sich schon anders...)

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