Tiepolo: Die Prozession des trojanischen Pferdes nach Troia (18. Jhd.)
Als der Priester Laokoon seine Mitbürger vor dem
Geschenk ihrer Feinde warnen wollte, jenem riesigen Holzpferd, das Troja den
Untergang brachte,soll er gesagt haben: „Timeo Danaos et dona ferrentes“ – „Ich
fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen.“
Dasselbe gilt auch für einen Arbeitgeber, der sich
bislang wenig freigiebig gezeigt hat und nun plötzlich– von sich aus und vorbei
an Gewerkschaft und Tarifvertrag – unsere Gehälter erhöht. Sowas nennt man
Danaergeschenk – und wäre das alles nicht so traurig, könnten wir fast froh
sein, dass es zu spät kommt und zu klein ist, um jetzt damit noch jemanden groß
hinters Licht zu führen.
Seit 2017 weigern sich Buchhandel und Verlage in
Bayern – die Buchhandlung Hugendubel allen voran – beharrlich gegen die Aufstockungund
den Neuabschluss unserer Tarifverträge, weil das angeblich zu viel kosten
würde. Allein, was unser Arbeitgeber im selben Zeitraum für Beraterfirmen
verfeuert hat, mit denen er offensichtlich keineswegs immer gut beraten war,
hätte zwar locker gereicht, uns die letzten drei mageren Jahre wenigstens genug
Geld zu geben, dass wir bei steigenden Preisen und Mieten nicht ständig
verlieren.
Womöglich wäre dies vielleicht sogar ein besserer Rat gewesen?
Womöglich wäre dies vielleicht sogar ein besserer Rat gewesen?
Aber wer den Buchhandel 4.0 mit 0,0 Buchhändlerinnen
und Buchhändlern plant, dem gefallen solche Ideen schlecht.Je stärker und je
rascher er Zentralisierung und Digitalisierung vorantreibt,desto mehr werden
die Beschäftigten in der Logik des Arbeitgebers zu Auslaufmodellen. Und
entsprechend niedrig ist auch seine Motivation, sich weiterhin auf
Verhandlungen mit ihnen und ihrer Gewerkschaft einzulassen.
Dass für uns jetzt wider Erwarten doch noch ein paar
Krümel vom Tisch fallen, könnte daher ein erster Schritt in die Tariflosigkeit
sein. Denn es geschieht sicherlich nicht, weil unsere Chefs ihr soziales
Gewissenneu entdeckt hätten, sondern weil sie vermeiden wollen, dass
Unzufriedenheit und Streikbereitschaft in der Belegschaft immer mehr anwachsen.
Zwar hält deren Enthusiasmus sich entgegen
anfänglichen Befürchtungen sehr in Grenzen. Zwei Prozent mehr sind entschieden
zu wenig, um auszugleichen, was wir während der letzten Jahre durch die
Unnachgiebigkeit der Arbeitgeber eingebüßt haben. Die meisten Kolleginnen und
Kollegen wissen das. Sie können es von ihren Gehaltszetteln ablesen. Aber würde
sich jetzt auch nur ein Teil der Leute, die bisher dabei waren, von
Arbeitskämpfen fernhalten, stünden auch die übrigen bald auf verlorenem Posten
– und der Arbeitgeber hätte sein Ziel erreicht. Denn mit jedem Monat ohne
Tarifverträge schwinden Wahrscheinlichkeit und Zuversicht, jemals wieder welche
zu bekommen.
Doch gerade in einer Zeit des Umbruchs, wie er
bevorsteht und bereits
begonnen hat, brauchen wir verbindliche kollektive
Regelungen, die uns
begonnen hat, brauchen wir verbindliche kollektive
Regelungen, die uns schützen
und uns Sicherheit geben.
Zu ungleich ist das Machtverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern, zu
groß deren Abhängigkeit, als dass
eine Einzelne oder ein Einzelner viel ausrichten könnte. Daran ändert auch eine gesetzliche Nachwirkung gekündigter
Tarifverträge und ändern auch
Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen nichts.
Arbeitsverträge sind schnell umgeschrieben, Beschäftigte schnell
von der Nachwirkung ausgeschlossen
und Bezugnahmeklauseln schnell verschwunden.Der
Arbeitgeber muss deshalb stärkeren Druck spüren, mit unserer Gewerkschaft ernsthaft zu verhandeln unsere
Tarifverträge wieder in Kraft zu
setzen.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Arbeitskampf scheuen und an Streiktagen zur Arbeit gehen,
tun daher weder sich selbst noch
irgendwem sonst einen Gefallen – und sollten dies auch endlich begreifen.
Wer heute nämlich nicht einmal
wagt, in der Gruppe zusammenmit
anderen für seine Interessen einzutreten, wird morgen erst recht nicht wagen, Nein zu sagen, wenn er allein vor
seinen Chefs im Büro sitzt und unterschreiben
muss, künftig für geringeren Lohn und zu mieseren Bedingungen zu arbeiten.
Verlieren mag daher jeder für sich, gewinnen
werden wir nur gemeinsam.
Vielen Dank für diesen tollen Artikel, leider ist er nur all zu wahr.
AntwortenLöschenMan kann nur hoffen und wünschen, daß noch deutlich mehr Arbeitnehmer ihren Unmut, der definitiv vorhanden ist, kundtun.
Wieviel mehr könnte die Geschäftsleitung z u s a m m e n mit einer motivierten Belegschaft erreichen!!!
Das Bild von Tiepolo finde ich in diesem Zusammenhang super. Es könnte eine Allegorie für unsere Damen und Herrn Streikbrecher sein, die sich auch noch mordsmäßig ins Zeug legen und anstrengen, nur um am Ende gef...t zu werden.
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