Montag, 7. Oktober 2019

Auch wenn sie Geschenke bringen



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Tiepolo: Die Prozession des trojanischen Pferdes nach Troia (18. Jhd.)
 

Als der Priester Laokoon seine Mitbürger vor dem Geschenk ihrer Feinde warnen wollte, jenem riesigen Holzpferd, das Troja den Untergang brachte,soll er gesagt haben: „Timeo Danaos et dona ferrentes“ – „Ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen.“

Dasselbe gilt auch für einen Arbeitgeber, der sich bislang wenig freigiebig gezeigt hat und nun plötzlich– von sich aus und vorbei an Gewerkschaft und Tarifvertrag – unsere Gehälter erhöht. Sowas nennt man Danaergeschenk – und wäre das alles nicht so traurig, könnten wir fast froh sein, dass es zu spät kommt und zu klein ist, um jetzt damit noch jemanden groß hinters Licht zu führen.

Seit 2017 weigern sich Buchhandel und Verlage in Bayern – die Buchhandlung Hugendubel allen voran – beharrlich gegen die Aufstockungund den Neuabschluss unserer Tarifverträge, weil das angeblich zu viel kosten würde. Allein, was unser Arbeitgeber im selben Zeitraum für Beraterfirmen verfeuert hat, mit denen er offensichtlich keineswegs immer gut beraten war, hätte zwar locker gereicht, uns die letzten drei mageren Jahre wenigstens genug Geld zu geben, dass wir bei steigenden Preisen und Mieten nicht ständig verlieren. 

Womöglich wäre dies vielleicht sogar ein besserer Rat gewesen?


Aber wer den Buchhandel 4.0 mit 0,0 Buchhändlerinnen und Buchhändlern plant, dem gefallen solche Ideen schlecht.Je stärker und je rascher er Zentralisierung und Digitalisierung vorantreibt,desto mehr werden die Beschäftigten in der Logik des Arbeitgebers zu Auslaufmodellen. Und entsprechend niedrig ist auch seine Motivation, sich weiterhin auf Verhandlungen mit ihnen und ihrer Gewerkschaft einzulassen.

Dass für uns jetzt wider Erwarten doch noch ein paar Krümel vom Tisch fallen, könnte daher ein erster Schritt in die Tariflosigkeit sein. Denn es geschieht sicherlich nicht, weil unsere Chefs ihr soziales Gewissenneu entdeckt hätten, sondern weil sie vermeiden wollen, dass Unzufriedenheit und Streikbereitschaft in der Belegschaft immer mehr anwachsen.

Zwar hält deren Enthusiasmus sich entgegen anfänglichen Befürchtungen sehr in Grenzen. Zwei Prozent mehr sind entschieden zu wenig, um auszugleichen, was wir während der letzten Jahre durch die Unnachgiebigkeit der Arbeitgeber eingebüßt haben. Die meisten Kolleginnen und Kollegen wissen das. Sie können es von ihren Gehaltszetteln ablesen. Aber würde sich jetzt auch nur ein Teil der Leute, die bisher dabei waren, von Arbeitskämpfen fernhalten, stünden auch die übrigen bald auf verlorenem Posten – und der Arbeitgeber hätte sein Ziel erreicht. Denn mit jedem Monat ohne Tarifverträge schwinden Wahrscheinlichkeit und Zuversicht, jemals wieder welche zu bekommen.

Doch gerade in einer Zeit des Umbruchs, wie er bevorsteht und bereits

begonnen hat, brauchen wir verbindliche kollektive Regelungen, die uns 

begonnen hat, brauchen wir verbindliche kollektive Regelungen, die uns schützen und uns Sicherheit geben.

Zu ungleich ist das Machtverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern, zu groß deren Abhängigkeit, als dass eine Einzelne oder ein Einzelner viel ausrichten könnte. Daran ändert auch eine gesetzliche Nachwirkung gekündigter Tarifverträge und ändern auch Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen nichts. 

Arbeitsverträge sind schnell umgeschrieben, Beschäftigte schnell von der Nachwirkung ausgeschlossen und Bezugnahmeklauseln schnell verschwunden.Der Arbeitgeber muss deshalb stärkeren Druck spüren, mit unserer Gewerkschaft ernsthaft zu verhandeln unsere Tarifverträge wieder in Kraft zu setzen. 

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Arbeitskampf scheuen und an Streiktagen zur Arbeit gehen, tun daher weder sich selbst noch irgendwem sonst einen Gefallen – und sollten dies auch endlich begreifen. 

Wer heute nämlich nicht einmal wagt, in der Gruppe zusammenmit anderen für seine Interessen einzutreten, wird morgen erst recht nicht wagen, Nein zu sagen, wenn er allein vor seinen Chefs im Büro sitzt und unterschreiben muss, künftig für geringeren Lohn und zu mieseren Bedingungen zu arbeiten. 

Verlieren mag daher jeder für sich, gewinnen werden wir nur gemeinsam.




2 Kommentare:

  1. Vielen Dank für diesen tollen Artikel, leider ist er nur all zu wahr.
    Man kann nur hoffen und wünschen, daß noch deutlich mehr Arbeitnehmer ihren Unmut, der definitiv vorhanden ist, kundtun.
    Wieviel mehr könnte die Geschäftsleitung z u s a m m e n mit einer motivierten Belegschaft erreichen!!!

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  2. Das Bild von Tiepolo finde ich in diesem Zusammenhang super. Es könnte eine Allegorie für unsere Damen und Herrn Streikbrecher sein, die sich auch noch mordsmäßig ins Zeug legen und anstrengen, nur um am Ende gef...t zu werden.

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