Infoblog-Redaktion: Fritz, Du bist in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit tätig. Was verschlägt eigentlich Dich und die anderen beteiligten Gewerkschafter/innen in ein abgelegenes Dorf im Senegal?
Fritz: Ganz einfach: Der Dorfsprecher Demba Ba
(spielt nicht Fußball) arbeitet in der bayrischen Justizverwaltung und
ist Verdi-Mitglied, ebenso wie seine Personalratskolleginnen (im Beruf
Bewährungshelferinnen). 2010 fand die erste „Expedition“ statt.
Ausgerüstet mit Medikamenten und Schulmaterial kamen die Verdileute bis
Sinthiou Mbal im nördlichen, besonders armen Senegal (Region Matam) an.
Fünf weitere Besuche, darunter die Teilnahme am Weltsozialforum (Senegal
2012) folgten.
Mit welchem Projekt habt ihr angefangen?
Fritz: Zunächst ein „Gartenprojekt“. Man
stelle sich zwei Fußballfelder große umzäunte Anpflanzungen vor. Tja,
der Maschendrahtzaun: Bei unserer Ankunft lag er noch unbeachtet in
einer Ecke. Dann „entdeckten“ wir ein Nachbardorf mit einem großen, von
den Franzosen unterstützten Gemüsegarten. Warum es in „unserem Dorf“
nichts Vergleichbares gibt? Die Frauen deuteten auf die wenigen Männer
(der größte Teil verdient Geld in der Emigration), denn die müssten erst
einmal die beiden Gelände einzäunen. Beim nächsten Besuch standen die
Zäune, in einem Frühbeet wurden Pflanzen herangezogen… Kommentar: „Unser
Garten wir noch schöner“. Wir beschlossen, einen Fonds einzurichten,
aus dem Saatgut, Gartengeräte, Material für die Zäune und Seile und
Rollen für die Tiefbrunnen gekauft werden konnten (Zunächst 500€).
Wasser spielt eine wichtige Rolle, oder?
Fritz: Genau, nämlich Gießwasser: Aus 20 Metern Tiefe, mit Seilen von
den Frauen zweimal am Tag hochgezogen… Mühselig und – vor allem für
Schwangere und Ältere – gesundheitsgefährdend. Was liegt näher, als
nächstens eine Schwemmpumpe mit Solarenergie zu installieren.
Was verändert sich bei der Ernährung?
Fritz: Der Speiseplan wird reichhaltiger: Das Volk der
Peulh ist traditionell ein Hirtenvolk. Gemüse reichert die bescheidene
Küche an. Verkaufte Überschüsse machen die Frauen von den Männern
unabhängiger. Dazu braucht es Zusatzkenntnisse: Wie und was anpflanzen
(traditionell in der Regenzeit Mais), Gemüse, Gewürze. Wir unterstützen
ein Ausbildungsprojekt durch einen Agrarökonomen.
Stichwort Bildung: auch hier habt ihr einiges bewegt?
Fritz: Das Dorf hat auf Initiative aus München
(schon vor uns) eine mehr als dürftige Grundschule. Aber immerhin. Die
Barriere zwischen der Volkssprache Pulaar und der Amtssprache
Französisch wird für die Jungen und deren Familien herabgesetzt –
Voraussetzung, um sich weiter entwickeln zu können. Was fehlt, ist ein
„Collège“, eine Mittelschule. Die Kinder müssen stundenlang bei großer
Hitze und Staub (manchmal über 40 Grad) lange Wege zurücklegen. Auf eine
gemeinsame Initiative hin wurde ein Grundstück reserviert. Was noch
fehlt, ist die Schule. Auch die wird einiges kosten. Steht sie, stellt
der Staat die Lehreinnen. Wissen ist der Schlüssel: Nur wer mehr weiß,
wird sich gegen (verbotene) Geschlechtsverstümmelung zur Wehr setzen,
wird auf Gesundheitsgefahren gezielt reagieren können und sein Schicksal
in der Gemeinschaft meistern können.
Euer Projekt heißt "Bamtaare". Was hat das Wort für eine Bedeutung?
Fritz: "Solidarität" heißt in der Peulh-Sprache "Bamtaare".
„Gemeinsam, im Gleichgewicht vorwärts schreiten“. Für die Verdi-Leute
vom 2010 gegründeten Verein heißt das: Von „unserem Dorf“ lernen,
gemeinsame Projekte unterstützen. Wir kämpfen gegen den Neokolonialismus
von Hilfsprojekten mit politischer und ökonomischer Absicht. Dabei
hilft uns eine Entwicklungsspezialistin vor Ort. Monatlich berichtet sie
über den Fortlauf, aber auch über die Hürden, nachzulesen entweder in
www.bamtaare-senegal.de oder auf Facebook bamtaare-senegal2010. Wir
ersetzen die Auslagen.
Wer das Projekt unterstützen will, kann dies hier tun:
Spenden (gemeinnützig): BAMTAARE - SENEGAL 2010 e. V.
IBAN DE29 7015 0000 1001 4227 97 Konto 100 14 22 797
BIC-/SWIFT SSKMDEMMXXX BLZ 70150000 (Stadtsparkasse München)
BIC-/SWIFT SSKMDEMMXXX BLZ 70150000 (Stadtsparkasse München)
Projektverantwortlich: Fritz Schmalzbauer
Die Infoblog-Redaktion wünscht
allen Kolleginnen und Kollegen
erholsame Feiertage und
ein solidarisches und kämpferisches
Neues Jahr 2015!
Herzlichen Dank an die Blog-Redaktion. Im April werde ich mit einer Kollegin wieder in den Senegal reisen, um die Frage eines mit Solarenergie betriebenen Pumpensystemas zu klären. Großzügige Spenden aus KollegInnenkreisen haben uns ein gutes Stück weiter gebracht.
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