Häufige Kundenanfrage: Wo ist der Notausgang? |
Von
nichts kommt nichts, möchte man meinen. Aber unser Arbeitgeber will sich
und uns
gerade das Gegenteil beweisen – und das, soweit es ihm darum
geht, in seinen Filialen
aus stark verringertem Personal für stets geringere
Bezahlung immer höhere
Leistungen herauszuquetschen, wie es scheint,
mit erstaunlichem Erfolg, nur halt leider
nicht dem gewünschten.
Wer
aufmerksam verfolgt, was bei Hugendubel am Stachus ausprobiert wird,
kommt sich
vor wie in einer Abenteuergeschichte. Man bricht zu neuen
Ufern auf – aber natürlich
ohne die alten Sortimentsstrukturen, Regaleinteilungen
und -beschilderungen.
Denn dem zeitgemäßen Publikum
sagen Wörter wie „Reise“ oder „Roman“ einfach nichts
mehr. Heute
sind „Welten“ zum „Entdecken“ bzw. „Abtauchen“ gefragt. – Da hast
du
was! Da bist du wer! – Außerdem lesen Kunden laut einer altbewährten
Unternehmensberaterweisheit
ja sowieso nicht.
Das ist in Supermärkten so,
das ist in Sportgeschäften so, das ist in Spielzeugläden so.
Warum zum Teufel
sollte es ausgerechnet im Buchhandel anders sein? Bei
den
Kolleginnen und Kollegen freilich verhält es sich kraft einer mystischen
Kausalität,
die gewöhnlich Sterblichen zu begreifen versagt ist, ganz
genau gegenteilig.
Sie müssen um so deutlicher erkennbar und beschriftet
sein.
Dabei darf natürlich auch jenes geniale Wortspiel mit „Lesen“
statt „Leben“ nicht fehlen,
das schon seit geraumer Zeit mit nahezu
kindlicher Freude gnadenlos durchdekliniert wird.
Es hat mit „Das Lesen
ist schön“ begonnen, seine würdige Fortsetzung in „Das Spiel meines
Lesens“ oder „Die Lieben meines Lesens“ gefunden, um nun seinen
vorläufigen
Höhepunkt im „Lesensberater“ zu erreichen, der übrigens
als solcher auch weiblichen
Geschlechts sein kann. Wir lesen – äh ...
leben ja schließlich im Zeitalter der Gleichberechtigung!
Aber
keine Sorge: sollte dies ein sexistischer Lapsus sein, nimmt er sich aus
Sicht der
Betroffenen zum Glück als vergleichsweise harmloses Schönheitsfehlerchen
aus,
solange es genügend andere und größere Probleme
gibt, mit denen Frau Lesensberater
sich herumschlagen darf.
Unser
Arbeitgeber hatte zwar für seinen Buchshop der Zukunft eine Menge höchst
origineller Ideen, die ihm alle schrecklich innovativ vorkamen. Aber in
einem Punkt
ist er sich mehr als treu geblieben: viel weniger Buchhändlerinnen
und Buchhändler
sollen viel besseren Service bieten – und
nicht nur das Aktiv-Verkaufen auf die Spitze
eines sitzmöbelfreien und stehilfelosen
Actus purus treiben, sondern sich darüber hinaus
auch in der Rolle
des Kaffee servierenden Gastgebers gefallen.
Das
wäre soweit die Vision. Der Alltag hingegen besteht nach Auskunft der Beschäftigten
vor allem in Büchersucherei. Denn es ist nicht so leicht einen
bestimmten Titel zu finden,
wenn du ihn weder nach Gattung noch nach
Thema zuordnen kannst. Man muss den freien
Assoziationen dessen folgen,
der ihn aus irgendwelchen Gründen irgendwo hingestellt hat.
Wer sich
mit alten Schriften und deren Entschlüsselung befasst, den erinnert das, was unsere
Kolleginnen und Kollegen dort über ihre Investigationsarbeit
berichten, verdächtig an die
Hieroglyphendeutung, ehe
der Stein von Rosette gefunden und Jean-Francois Champollion
geboren
wurde.
Da
hilft es auch wenig, dem Kunden zu erklären, dass es einer ist, der gar nicht
mehr existiert:
ein Zielkäufer. Denn erstens fehlt so jemandem meist jedes
Gespür, die Vorzüge eines
zukunftsweisenden Konzepts und den illusorischen
Charakter des eigenen Daseins zu durchschauen – und zweitens:
wer möchte sich schon mit einem Gespenst anlegen?
Ich habe zwar keine Ahnung, was ein Actus-Dingsda sein soll. Hoffentlich nix Unanständiges! :) Aber was Hugendubel da von seinen MitarbeiterInnen verlangt, hat mit einem serviceorientierten Verkaufskonzept wenig zu tun. Das ist reine Schikane. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Kunden dafür einen einzigen Cent mehr ausgeben.
AntwortenLöschen9 von 10 Kunden sind unzufrieden mit dem Laden. Tagein - tagaus Kundenbeschwerden.
AntwortenLöschenKein Wunder, der Laden gleicht einer unfertigen Lagerhalle und hat den Charme eines Kühlschranks. Unheimelige Atmosphäre, kühl, ohne Wohlfühlcharakter und finden tun nicht mal wir Buchhändlerinnen etwas. Und das soll der Buchshop der Zukunft sein?
Arme Zukunft. Dafür wurde Geld für eine Beratungsfirms ausgegeben?
Wie viel?
Auf uns Buchhändlerinnen wird halt nicht gehört, oder?
Wir brauchen wieder mehr Beratung in den Läden und dazu natürlich mehr Kolleginnen und Kollegen.
Wie kann man einen Buchshop der Zukunft planen mit dem Slogan: Freundlichkeit vor Kompetenz?
Wie einen Laden mit so geringem Service, geringer Beratung, weil wir einfach zu wenige sind?
Die Zitrone hat noch viel Saft oder wie?
Nein, eben nicht! Wir sind genug ausgepresst worden die letzten Jahre, ohne die geringste Anerkennung.
Jetzt reicht es echt.
Ich bin engagiert, aber das will ich endlich auch honoriert haben. In Geld, das zum Leben reicht.
Mehr Mitarbeiter, ansonsten kann sich Hugendubel schon mal ausrechnen, dass wir zusammenbrechen vor Arbeitsüberlastung und wegen Krankheit.
Flasche leer....
Es muss BuchhändlerInnen heißen. Oder Buchhändler und Buchhändlerinnen. Oder Buchhädnler(in) Wann achtet ihr endlich auf Gendergerechte Sprache ?!
AntwortenLöschenWenn alle anderen Probleme in dieser Firma und auf der Welt gelöst sind, kommt bestimmt der Gendergedöns ganz oben auf die Tagesordnung. Bis dahin schreiben wir brav die Adjektive klein und da Sprache gerne auch gesprochen wird, beantworte mir die Frage, die mich seit so langer Zeit umtreibt - wie lese ich bei einer Präsentation o.ä. vor, wenn da BuchändlerInnen oder Buchhändler(in)steht?
LöschenMit dem Stachus hatte man schon einmal Umbaupläne. Als Premiumfiliale mit hochwertiger Inneneinrichtung und handverlesenen Premium-Mitarbeitern. Damit wäre die Filiale aus dem Schattendasein des Marienplatzes (MPL) gerückt. Daraus wurde jedoch nichts, denn zwei Wochen nach Abschluss von Sozialplan … zur Schließung MPL wurde (oh Wunder) die Untervermietung bei der Telekom am Standort öffentlich. Der Stachus hat während der Umbauphase am Marienplatz alle Erwartungen übertroffen und wurde zur Nummer 1 in München, schon alleine wegen Größe und Sortimentsauswahl. Dies hätte auch mit Eröffnung des MPL so bleiben können, die experimentierfreudigen Inhaber sehen am Stachus ihre Spielwiese, sehr zum Leidwesen vieler Kunden. So ist der neue Stachus ein kühler Schuppen mit weniger Auswahl geworden, dafür sind die dortigen Kolleginnen und Kollegen von bester Qualität also Premium!
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