Mittwoch, 28. September 2016

Rote Karte für Betriebsratsfresser

Flashmob und Demo gegen Union Busting



"Naujoks, Schreiner und Konsorten / ihr fliegt raus / an allen Orten!" skandierten am heutigen Mittwochvormittag Gewerkschaftsaktivisten von ver.di und IG Metall vor dem Dorint-Hotel in Freising bei München. Grund für den lautstarken Protest mit Stimme, Megaphon und Trillerpfeife:
die Kanzlei Schreiner + Partner, neben dem berüchtigten Betriebsratsfresser Helmut Naujoks eine der übelsten Anwaltskanzleien für Arbeitsunrecht, veranstaltete in dem Hotel ein Seminar für Personalchefs. Flyer wurden an Seminarteilnehmer, Hotelgäste, Angestellte und Passanten verteilt, in denen informiert wurde, was Schreiner + Partner in diesen Seminaren so treiben: Bekämpfung der Gewerkschaft, Zerstörung von Betriebsratsstrukturen, aggressives Vorgehen gegen sogenannte "Low Performer" und kranke KollegInnen etc. Am Vortag fand bereits ein Flashmob im Hotel statt, bei dem GewerkschafterInnen den Union Bustern einen Hausbesuch abstatten und den Laden so richtig aufmischten.



Vor der Hotelrezeption: hier steppte der Bär in passender Signalfarbe mit Gewerkschaftsfahne


Was ist Union Busting?


"Union Busting, die systematische Bekämpfung von Betriebsräten und gewerkschaftlicher Organisierung, gehört in Deutschland längst zur Angebotspalette von Arbeitsrechtssozietäten und internationalen Wirtschaftskanzleien. Unternehmer mit gesteigertem Agressionspotential, die Betriebsratsgründungen verhindern, bestehende Mitbestimmungsorgane zermürben, gestandene Gewerkschafter im Betrieb zur Aufgabe zwingen wollen, finden im Internet zahlreiche Dienstleister unterschiedlicher Güte und Preisklasse.


Zum Standardprogramm gehören u.a. Wellen von substanzlosen Abmahnungen und Kündigungen, Bespitzelung durch Detektive, demütigende Personalgespräche und gezieltes Mobbing. Die Anbieter solcher Dienstleistungen unterscheiden sich lediglich darin, ob sie diesen Klassenkampf von oben unverhohlen bewerben oder ob sie eher diskret ihre Hilfe zur Bewältigung »betriebswirtschaftlicher Sachzwänge« und bei der Einhaltung von »Effizienzkriterien« anbieten.


Seit 2001 beackern die deutschen Marktführer für explizites Union Busting – der Abeitsrechtler Helmut Naujoks sowie die Kanzlei Schreiner+Partner – dieses Feld. Sie sind mittlerweile durch zahlreiche Medienberichte und Veröffentlichungen zum Thema bekannt und verschrien, was ihr Geschäft vielleicht erschwert, aber keineswegs zum Erliegen bringt: Der Arbeitsrechtsrambo Naujoks, der bereits 2007 durch einen eklatanten Fall von Betriebsrat-Bashing bei der Volksbank Ludwigsburg überregional Aufsehen erregte, durfte unlängst bei zahlreichen Filialen von Burger King sowie bei Götz-Brot in Würzburg, einem Zulieferer von Aldi, zulangen. Der Druck, den er auf Beschäftigte ausüben kann, ist gewaltig, seine Erfolgsquote vor Gericht ist allerdings bescheiden.


»Schreiner+Partner« gehen in der Regel geschickter vor. Sie schulen Personalverantwortliche und Vorgesetzte in hausinternen Seminaren. Bundesweit bieten sie in einer Art Wanderzirkus zudem »Arbeitgebertage« genannte Veranstaltungen in Hotels an, bei denen die »Kündigung der Unkündbaren« und »Minderleister« auf dem Programm steht. Nach der Methode »Schreiner« kommen nicht selten unverdächtige lokale Anwälte oder auch renommierte Kanzleien zum Zuge, um die standardmäßige Flut an Abmahnungen und Kündigungen zu verschicken und vor Gericht zu vertreten. Dirk Schreiner und seine fünfzehn Partner scheuen, anders als Naujoks, das Licht der Öffentlichkeit.





Worauf sich Schreiner+Partner verlassen kann: Wir werden wiederkommen!


Bislang konnten Union Buster in Deutschland ihre juristischen Winkelzüge und Konstruktionen recht ungestört und weitgehend unbeachtet von Gewerkschaften und der Öffentlichkeit propagieren, planen und verfeinern. Diese Zeiten könnten sich dem Ende zuneigen. Am 27. März 2014 verhinderte ein lokales Bündnis in Stuttgart (»Initiative Klassenkampf«) erstmals ein entsprechendes Seminar der Kanzlei Schreiner+Partner. Und am 24.9.2014 organisierte das Bündnis »Aktionskreis Arbeitgebertage« lautstarken Protest gegen eine von der Verlagsgruppe Rentrop in Hamburg ausgerichtete Fortbildung für Manager."
(Auszug aus einem Beitrag von Elmar Wigand in der Gewerkschaftsbeilage der Tageszeitung junge Welt vom 24.9.2014)


Seit 2015 gibt es bundesweit Widerstand gegen derartige Seminare, einige konnten sogar gestoppt werden. Auch die Gewerkschaften nehmen sich mittlerweile des Themas an. Weiterführende Lektüre zum Thema: Werner Rügemer/Elmar Wigand: Die Fertigmacher: Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfung, PapyRossa-Verlag, Köln 2015, ISBN 3894385553, EUR 14,90.




Veranstaltungshinweis


Am Donnerstag, den 29. September ab 19:00 Uhr ,  berichtet

Elmar Wigand

auf Einladung des Münchner Gewerkschaftsstammtisches
 im Eine-Welt-Haus, Schwanthaler Str.80, Raum U 20  über

 "Union Busting in Bayern".









1 Kommentar:

  1. Sehr guter Beitrag! Danke!
    Ich finde es auch gut, dass wir bei Hugendubel engagierte Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat haben, die sich auch bei Themen engagieren, die sie und uns vielleicht nicht unmittelbar betreffen, aber gesellschaftlich wichtig sind.
    Denn es ist doch eigentlich ein Skandal, dass Leute ganz unbehelligt ein Geschäft daraus machen dürfen, die Rechte und die Würde anderer mit Füssen zu treten. ich möchte gar nicht wissen, wieviele auf diese Weise schon dauerhaft krank gemacht oder seelich zugrunde gerichtet worden sind.

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