Immer mehr Betriebe ohne Tarifbindung
Immer mehr Beschäftigte arbeiten in Betrieben ohne Tarifbindung. Die Gewerkschaften wollen diese Entwicklung stoppen. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts stärkt die Tarifbindung im Handwerk.
Erfolg im Handwerk
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Ende März entschieden, dass Handwerksinnungen gegen geltendes Recht verstoßen, wenn sie Betrieben Mitgliedschaften ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaften) anbieten. Diese seit Jahren grassierende Entwicklung hat zu einer massiven Erosion des Tarifgefüges in einzelnen Branchen geführt. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell begrüßt das Urteil: „Das Bundesverwaltungsgericht hat ein wichtiges Signal für die Tarifbindung im Handwerk gesetzt. Dem OT-Unwesen in den Handwerksinnungen ist damit endlich ein Riegel vorgeschoben.“ Auch für Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), ist das Urteil „ein gutes und wichtiges Signal“. Im Rahmen des „Branchendialogs Handwerk“ treten DGB und ZDH gemeinsam für mehr Tarifbindung an.
ver.di macht Druck
Auch in anderen Wirtschaftszweigen machen die Gewerkschaften Druck. So kämpft ver.di an vielen Fronten für mehr tarifgebundene Unternehmen. Beim Spielwarenhändler Toys„R“Us haben die Beschäftigten Anfang April an 15 der bundesweit 65 Filialen die Arbeit niedergelegt. Sie fordern, dass der regionale Flächentarifvertrag des Einzelhandels anerkannt wird. Ein Großteil verdient gerade mal 8,70 Euro in der Stunde. Erfolgreich in Sachen Tarifbindung waren bereits die ver.di-Mitglieder beim Mode-Discounter Primark. 2015 haben sie die Anbindung an den Flächentarifvertrag des Einzel- und Versandhandels erreicht. Die Einigung zwischen ver.di und dem Unternehmen sieht vor, dass die Beschäftigten ab Mai 2016 in eine neue, verbesserte Entgelttabelle überführt werden. Bis Mai 2018 erfolgt dann die stufenweise Anbindung an den Flächentarifvertrag.
Knapp die Hälfte ohne Tarifbindung
Die IG Metall setzt sich in der aktuell laufenden Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie dafür ein, wieder mehr Betriebe in die Tarifbindung zu holen. Unter anderem werden gezielt Betriebe in den Tarifkampf eingebunden, die keinen Tarifvertrag haben. So soll die Destabilisierung des gesamten Systems verhindert werden, erklärt der Erste Vorsitzender der IG Metall Jörg Hofmann (siehe Seite 7). Knapp die Hälfte der Beschäftigten in der Branche arbeitet in Betrieben ohne Tarifvertrag Die Folgen sind gravierend: Die Beschäftigten sind von den Lohnsteigerungen durch Tariferhöhungen ausgeschlossen.
Erschienen in: einblick 6/2016 vom 11. April 2016
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