müssen, wenn die Plebs den Staatsgeschäften fernbleiben soll. Dankbare
Almosenempfänger kosten eben wenig und machen selten Ärger. Was
Tarifpolitik betrifft, agieren Buchhandel und Verlage in Bayern kaum
anders.
Zwar werden Gehälter erhöht, aber nicht nennenswert und keineswegs,
weil Arbeitgeber bei Verhandlungen mit unserer Gewerkschaft darauf
geeinigt hätten, sondern im Gegenteil: um zu zeigen, dass es auch ohne
Tarifabschlüsse geht. An deren Stelle sollen lieber milde Gaben
treten, welche die Chefs alle Jubeljahre unters Volk streuen, damit dem gar
nicht erst einfällt, ihnen künftig noch mit Forderungen zu kommen.
Zur Erinnerung: unserer Tarifverträge sind seit über zwei Jahren gekündigt,
und seit über drei Jahren haben wir trotz steigender Preise und Mieten
keinen müden Cent mehr gesehen. Die Arbeitgeber schmetterten unsere
Gehaltsforderungen in jeder Verhandlungsrunde mit Gegenforderungen ab,
die stets auf ein Verlustgeschäft hinausgelaufen wären.
Ihre Taktik bestand darin, den Entgelttarif, der Monatsgehälter regelt, und den
Manteltarif,
der alle übrigen Leistungen regelt, gegeneinander auszuspielen.
So sollte, um nur ein Beispiel zu nennen, eine Lohnerhöhung von zwei Prozent im
Entgelttarif durch Streichung unserer Spätzuschläge im Manteltarif erkauft
werden – was rechnerisch bedeutet hätte: für noch weniger Geld arbeiten
als jetzt.
Dies wird begründet, wie sowas immer begründet wird: mit der erprobten
apokalyptischen Vision, die Unternehmer stets parat haben, um wider jede
soziale Vernunft Kapitalinteressen durchzusetzen: dass sonst Arbeitsplätze
gefährdet seien. Buchhandel und Verlage – so gaben deren Verhandlungsführer
uns zu verstehen – würden bei anhaltend schwieriger Marktlage unweigerlich
auf den Hund kommen und wir gleich mit, wenn sie jetzt noch mehr für Personal
ausgeben müssten.
Und? Trotzdem haben just dieselben Arbeitgeber, welche sich als Tarifverband
strikt weigern,
das geringste Zugeständnis zu machen, die Gehälter in ihren
Betrieben entweder längst erhöht oder angekündigt, es zu tun – zuletzt nun auch
der unsere.
Deshalb stellt sich die Frage, warum Hugendubel plötzlich Geld für uns hat
– obwohl jahrelang angeblich keines da war und von einer Verbesserung
der wirtschaftlichen Situation nicht die Rede sein kann. Unsere Geschäftsleitung
deklariert die in Aussicht gestellten zwei Prozent als Loyalitätsprämie im Vorgriff
auf den künftigen Unternehmenserfolg.
Ehrlicher wäre vermutlich der Hinweis auf die Tatsache, dass in ihren Läden
kaum noch jemand als Aushilfe arbeiten will, weil inzwischen fast überall mehr
bezahlt wird als dort. Aber selbst das scheint nicht der einzige Sinn dieser
paradoxen Doppelstrategie zu sein:
was zunächst nämlich nach freundlichem Entgegenkommen aussehen mag,
ist in Wahrheit ein Angriff auf die Interessen der Beschäftigten.
Welche Ziele unsere Arbeitgeber wirklich verfolgen, kann man leicht
erraten: durch eine außertarifliche Leistung, die natürlich weit, weit
unter
dem liegt, was wir fordern und was wir brauchen, um sozial nicht völlig
abzurutschen, versuchen sie, uns ruhig zu stellen. Die Belegschaft soll in
Zukunft gefälligst mit dem Wenigen, das ihr geschenkt wird, zufrieden sein
und aufhören, sich gewerkschaftlich zu organisieren und an Arbeitskämpfen
zu beteiligen.
Sobald die Tarifverträge, für deren Erhalt
wir eintreten, nämlich erst mal Geschichte
wären, hätten sie leichtes Spiel.
Sie könnten dann nicht nur bei der Lohngestaltung
schalten und walten, wie ihnen beliebt, sondern auch bei vielen anderen Dingen:
Urlaub, Arbeitszeit, Kündigungsschutz etc.
Dass man hier keineswegs in jedem Fall mit der Benevolenz und Nächstenliebe
des Arbeitgebers rechnen darf, sollte bekannt sein. Wer sich nicht auf Gedeih
und Verderb seiner Willkür ausliefern und von gelegentlichen Gnadengeschenken
abhängig machen möchte, täte also gut daran, unsere Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen, die ihn durch Streiks zurück an den Verhandlungstisch zwingen wollen.
Denn nur Tarifverträge schützen uns dauerhaft und geben uns die Sicherheit,
die wir benötigen. Aber sie werden uns nicht geschenkt.
Wir müssen gemeinsam für sie kämpfen. Und je mehr von uns hierzu bereit sind,
desto lohnender wird dieser Kampf – und desto schneller wird er vorüber sein.
Wichtig ist, dass wir zusammenhalten.
Richtig! Da sieht man mal wieder, was davon zu halten ist, wenn Arbeitgeber sagen, sie hätten kein Geld. Um aufmüpfigen Arbeitnehmern das Handwerk zu legen, reicht's dann doch noch. Ich hoffe, dass meine Kolleginnen und Kollegen bei Hugendubel jetzt nicht vor Dankbarkeit für die zwei Prozent zerfliessen, sondern solange keine Ruhe mehr geben, bis mindestens vier Prozent im Tarifvertrag stehen. Den Anfang haben wir letzte Woche mit dem dreitägigen Streik ja schon gemacht, und er war nicht schlecht.
AntwortenLöschenIch hoffe, der nächste dauert vier Tage! Ich wäre sofort dabei! Außerdem warte ich, bis wir endlich mal durch den Laden gehen, so wie wir es bei H&M gemacht haben. Die Leute sollen ruhig wissen, was es mit dem ganzen Seriöser-Unternehmer-Getue von unserem Niedriglohn-Max wirklich auf sich hat!
LöschenHabe gehört, die Filialleiter sollen uns jetzt überzeugen, dass wir nicht mehr zu streiken brauchen. Ist da was dran?
AntwortenLöschenDie Filial- und Abteilungsleiter wissen generell erschreckend wenig zum Thema Tarifvertrag und Streik. Auf den Abteilungsversammlungen in München wurde deutlich gemacht, dass der Gnadenakt von 2% völlig unzureichend ist nach 2 Jahren ohne Lohnerhöhung. Ja, warum streiken wir? Weil den Beschäftigten in Bayern ein Tarifvertrag verweigert wird. Und für die Beschäftigten außerhalb von Bayern gilt: wir wollen Lohnerhöhungen nicht alle paar Jahre als Gnadenakt der GL.
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