Freitag, 19. Juli 2019

Gibt es Hitzefrei am Arbeitsplatz?

10 Fragen und Antworten rund um´s Wetter am Arbeitsplatz

 Thermometer mit hoher Temparatur bei gleißender Sonne

Die Sonne brennt, der Schweiß läuft: Der Sommer ist da. Wer wäre bei diesen warmen Temperaturen nicht lieber am Badesee. Doch gibt es Hitzefrei im Job? Wie heiß oder kalt darf es eigentlich am Arbeitsplatz sein? Und sind kurze Hose und Flip Flops im Büro erlaubt? Die 10 wichtigsten Fragen und Antworten rund ums Thema Wetter und Arbeit.

Gibt es "Hitzfrei" am Arbeitsplatz?


Nein, es gibt grundsätzlich kein Hitzefrei für Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmern.
Allerdings muss der Arbeitgeber die Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Arbeit zu beschaffen hat, so einrichten und unterhalten, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet (§ 618 BGB).

Nur, wenn der Arbeitgeber dagegen verstößt, kann die Arbeit eingestellt werden.
Nach der Arbeitsstättenregel ASR 3.5 ist erst bei einer Raumtemperatur von 35° C anzunehmen, dass in diesem Raum nicht mehr gearbeitet werden kann. Das heißt aber nicht automatisch, dass der Arbeitnehmer nach Hause gehen kann, sondern nur, dass in bestimmten Räumen nicht gearbeitet werden darf. Zudem muss die Arbeit wieder aufgenommen werden, wenn die Lufttemperatur im Raum unter diesen Wert fällt.

2. Gibt es Mindest- bzw. Höchsttemperaturen am Arbeitsplatz?




Der Arbeitgeber hat die Pflicht, für „eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ in den Arbeitsräumen zu sorgen. Diese Pflicht ergibt sich aus der Arbeitsstättenverordnung und ist in der ASR A3.5. (Raumtemperatur) konkretisiert. Diese sieht grundsätzlich eine Raumhöchsttemperatur von 26°C vor, beim Überschreiten einer Raumtemperatur von 26 °C sollen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Erst wenn die Lufttemperatur im Raum über die Marke von 30°C steigt, muss der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen ergreifen.

Bei den Mindesttemperaturen unterscheidet die ASR A3.5. einerseits zwischen leichten, mittleren und schweren Tätigkeiten, andererseits zwischen Tätigkeiten im Sitzen oder im Gehen und Stehen. Bei Tätigkeiten im Sitzen muss die Raumtemperatur mindestens 19°C bei leichten und mindestens 20°C bei mittleren Tätigkeiten betragen. Die Mindesttemperatur bei Tätigkeiten im Gehen und Stehen darf bei leichten Tätigkeiten 19°C, bei mittleren 17°C und bei schweren 12°C nicht unterschreiten.
 
 

3. Wer bestimmt über die Temperatur am Arbeitsplatz?

Wo mehrere Kolleginnen und Kollegen in einem Raum zusammen arbeiten, gibt es in der Regel auch unterschiedliche Bedürfnisse und Temperaturempfindungen. Was dem einen zu kalt ist, ist der anderen schon viel zu heiß. Wo die eine frischen Wind reinlassen will, sitzt der andere in der Zugluft. Rechtlich regeln lassen sich solche unterschiedlichen Interessen naturgemäß kaum. Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter untereinander keine Lösung finden, um die Temperatur und das Frischluftbedürfnis für alle verträglich zu gestalten, ist gegebenenfalls der Betriebsrat der richtige Ansprechpartner. Betroffen ist hier die Ordnung des Betriebes bzw. das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb sowie der betriebliche Arbeitsschutz.
Der Betriebsrat kann hier im Idealfall zwischen den betroffenen Kolleginnen und Kollegen vermitteln. Falls keine einvernehmliche Lösung der Konflikte zu erreichen ist, könnte aber auch eine Betriebsvereinbarung über den Umgang mit Temperaturen, Fensteröffnungszeiten oder ähnlichem einen solchen Konflikt befrieden. Soweit örtlich und betrieblich möglich, ist es in solchen Situationen natürlich zunächst sinnvoll die Arbeitsplätze räumlich so zusammenzusetzen, dass die jeweiligen Bedürfnisse miteinander in Einklang zu bringen sind.
 
 
4. Ist mein Arbeitgeber verpflichtet, etwas gegen die Wärme zu unternehmen?          
 
Die Arbeitsstättenverordnung verpflichtet den Arbeitgeber, in Arbeitsräumen „eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ zu gewährleisten. Nach der Arbeitsstättenregel ASR 3.5 soll der Arbeitgeber zusätzliche Maßnahmen ergreifen, wenn die Außenlufttemperatur über 26 °C beträgt.
Erst wenn die Raumtemperatur die Marke von 30°C überschreitet, muss der Arbeitgeber tätig werden und wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Belastung der Beschäftigten zu verringern.
Außerdem muss der Arbeitgeber auf besonders gefährdete Beschäftigte wie Jugendliche, Ältere, Schwangere oder stillende Mütter achten. Auch wer besonders schwer körperlich arbeitet, hat Anspruch auf entsprechende Erleichterungen.


5. Wie können solche Maßnahmen bei großer Wärme aussehen?

Der Arbeitgeber kann zum Beispiel Jalousien anbringen lassen. Er kann auch dafür sorgen, dass die Büros und Werksräume nachts auskühlen und morgens gut gelüftet werden, solange es noch kühl ist. Auch durch Klimaanlagen oder Ventilatoren kann die Raumtemperatur erträglicher gestaltet werden.
Wenn das nicht hilft, kann der Arbeitgeber auch die Arbeitszeit an die Witterung anpassen, indem die Arbeitszeit früher beginnt und dafür in den warmen Nachmittagsstunden früher endet. Denkbar ist auch eine Verlegung der Arbeit in die Abendstunden oder eine verlängerte Pause in Form einer „Siesta“. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, Kleidungsvorschriften zu lockern und zur Erfrischung genügend kalte Getränke bereitzustellen.
 
 
6. Muss der Betriebsrat an Maßnahmen zum Wärmeschutz beteiligt werden?
 
Alle Maßnahmen, die die Arbeitsräume betreffen, unterliegen der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats. Denn hier geht es um den Gesundheitsschutz (§ 87 I Nr. 7 BetrVG). Soll die Arbeitszeit wegen der hohen Temperaturen verlegt werden, so ist diese Verlegung ebenfalls mitbestimmungspflichtig (§ 87 I Nr. 2, 3 BetrVG). Der Betriebsrat muss beteiligt werden, wenn Beginn und Ende der Arbeitszeit einschließlich der Pausen festgelegt werden.
 
Da sich dieses Thema regelmäßig wiederholt, empfiehlt es sich, dazu eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Somit muss nicht jedes Mal aufs Neue diskutiert werden, während die Belegschaft schwitzt.


7. Was ist, wenn Kinder wegen "hitzefrei" betreut werden müssen?

Da manche Schulen im Sommer eher großzügig sind mit „Hitzefrei“, kann das auch zu Schwierigkeiten im Arbeitsalltag führen: Kann ich als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer den Arbeitsplatz verlassen, um mein Kind an einem solchen Tag von der Schule abzuholen? Wenn das Kind noch nicht alt genug ist um nachmittags allein zu bleiben und es keine andere Betreuungsmöglichkeit gibt, kann das grundsätzlich eine Arbeitsverhinderung sein, die dazu berechtigt, den Arbeitsplatz auch früher zu verlassen. Das bedeutet jedoch nicht, dass man für diese Zeit auch bezahlt werden muss.

Ein solcher Vergütungsfortzahlungsanspruch (§ 616 BGB) besteht nur bei Verhinderung durch einen „in der Person des Arbeitnehmers“ liegenden Grund. Voraussetzung sind damit subjektive, persönliche Leistungshindernisse, wie besondere familiäre Ereignisse. Dazu gehören zum Beispiel die Geburt eines Kindes, schwere Erkrankungen oder Todesfälle bei nahen Angehörigen. Das Wetter ist dagegen ein „objektives Leistungshindernis“, das grundsätzlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft. Damit ist klar: Auch wenn die Kinderbetreuung wegen Hitze ausfällt, stellt dies noch kein persönliches Leistungshindernis dar, das einen Vergütungsanspruch begründen könnte.


8. Ist bei tropischen Temperaturen auch tropentaugliche Kleidung erlaubt?

In der warmen Jahreszeit ist es naheliegend, sich etwas luftiger zu kleiden. Grundsätzlich darf zwar jeder anziehen was sie oder er will, am Arbeitsplatz gelten jedoch Ausnahmen. So hat das Bundesarbeitsgericht klar gemacht, dass ein Arbeitgeber von seinen Beschäftigten mit Kundenkontakt grundsätzlich erwarten kann, sich dem Charakter des Handelsgeschäfts und dessen Kundenstamm entsprechend branchenüblich zu kleiden.

Ähnliches gilt, wenn der Arbeitgeber eine einheitliche Arbeitskleidung vorgibt und diese auch zur Verfügung stellt, etwa weil er ein einheitliches Erscheinungsbild wünscht. Auch die Einhaltung von arbeitsschutzrechtlichen Sicherheitsbestimmungen ist nicht verhandelbar. Dies gilt zum Beispiel für Sicherheitsschuhe, Kittel, Helme und Ähnliches. Verstöße gegen den Dresscode oder Sicherheitsbestimmungen können zwar nicht zur Kündigung, wohl aber zu einer Abmahnung führen.
 
Allerdings muss der Arbeitgeber konkret auflisten, welcher modische Fehlgriff nicht toleriert wird. Der allgemeine Vorwurf einer „urlaubsmäßigen“ Aufmachung reicht nicht aus, wie das Arbeitsgericht Frankfurt am Main festgestellt hat (Az. 9 Ca 1687/01).
 
 
9. Zur Arbeit trotz Unwetterwarnung?
 
Eine akute Unwetterwarnung kann der Grund sein, dass es für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zumutbar ist, sich auf den Weg zum Arbeitsplatz zu machen. In der Regel ist das dann eine begründete Arbeitsverhinderung, die dazu berechtigt, der Arbeit in dieser Situation fern zu bleiben.
Das bedeutet jedoch nicht – wie auch im Fall der Kinderbetreuung –, dass für diesen Tag bzw. für diese Zeit ein Vergütungsanspruch besteht. Ein solcher Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung gemäß § 616 BGB besteht nur bei Verhinderung durch einen „in der Person des Arbeitnehmers“ liegenden Grund. Voraussetzung sind somit subjektive, persönliche Leistungshindernisse. Ein Unwetter stellt aber – wie Hitzefrei in der Schule – ein objektives Leistungshindernis dar, das nicht in den persönlichen Verhältnissen begründet ist.

Auch eine Situation, in der ein Kind wegen einer Unwetterwarnung früher von der Schule abgeholt werden muss, begründet keinen Vergütungsfortzahlungsanspruch. Wenn es sich tatsächlich um eine Notsituation handelt, in der ein Kind nicht anders betreut werden kann, hat die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer das Recht, die Arbeit früher zu beenden. Die ausgefallene Arbeitszeit muss jedoch nicht vergütet werden.


10. Unfälle bei Eis und Schnee: Wer trägt die Kosten?

Unfälle, die auf dem – direkten – Weg zwischen Arbeitsort und Wohnung passieren, sind als „Wegeunfälle“ über die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen versichert. Auch wenn es sich um witterungsbedingte Unfälle handelt, zum Beispiel der im Winter häufig vorkommende Glatteisunfall. Dabei ist es grundsätzlich egal, ob man zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto unterwegs ist. Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt aber nur die Kosten für Gesundheitsschäden, also Behandlungskosten, Verletztengeld (bei Verdienstausfall) oder eine Verletztenrente, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Sachschäden werden auch bei Wegeunfällen nicht ersetzt. Auch der Arbeitgeber kann hier in der Regel nicht in Anspruch genommen werden. Nach der Rechtsprechung haftet ein Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nur für solche Schäden, die in Ausübung einer gefährlichen Arbeit entstanden sind. Die Benutzung eines PKW für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gehört demgegenüber zum allgemeinen Lebensrisiko, das letztlich jeder selbst trägt.
 
 
Quelle: 
https://www.dgbrechtsschutz.de/fuer/arbeitnehmer/10-fragen-und-antworten-zu-wind-und-wetter-am-arbeitsplatz/


 
 
 



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