Heute: Bündnis 90/ Die Grünen
Betrachtet man das Parteiprogramm von Bündnis 90 / Die Grünen könnte man zum Schluß kommen, daß hier durchaus progressive Positionen in der Bildungs-, Verkehrs-, Energie-, Familien- und Kulturpolitik und in vielem anderen mehr vertreten werden. Betrachtet man aber die Realpolitik in dem Bundesland, indem sie nicht der kleine Juniorpartner, sondern die dominierende Regierungspartei ist, nämlich in Baden-Württemberg, sieht die Sache schon wieder anders aus.
Ministerpräsident Kretschmann agiert als Cheflobbyist der schwäbischen Automobilindustrie, die S-21-Gegner fühlen sich von den Regierungsgrünen verraten, die Anti-Atom-Bewegung ist enttäuscht, Flüchtlinge werden von der Ex-Friedenspartei aus dem Ländle nach Afghanistan abgeschoben und mit dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hält sich die Partei ihren eigenen Sarrazin ("Wir können nicht allen helfen!").
"Ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei!" Von dem Motto, mit dem die außerparlamentarische Bewegung einst angetreten ist, blieb nach dem Marsch durch die Institutionen des Parlamentarismus nicht mehr viel übrig. Am Hartz-IV-Regime, das man einst mit den Genossen von der SPD eingeführt hat, möchte man nichts Grundsätzliches ändern, allenfalls kosmetische Korrekturen anbringen. Putin mag man nicht, mit dem Rechten Sektor auf dem Maidan hat man anscheinend kein Problem. Wie in der Vergangenheit wird man wohl auch in Zukunft für imperialistische Angriffskriege ein humanitäres Mäntelchen finden.
Eines kann man der grünen Partei allerdings nicht vorwerfen: mangelnde Flexibilität.
In Baden-Württemberg gibt es eine Koalition mit der CDU, ebenso in der anderen Realo-Hochburg Hessen, dort als Juniorpartner. Während Bremen und Niedersachsen von Koalitionen aus SPD und Bündnis 90 / Die Grünen regiert werden, koaliert die Partei in Thüringen und Berlin mit SPD und Linkspartei. In Schleswig-Holstein regiert sie in einer sogenannten Jamaika-Koalition mit CDU und FDP, in Sachsen-Anhalt mit CDU und SPD und in Rheinland-Pfalz gemeinsam mit SPD und FDP.
Nach der Wahl in Schleswig-Holstein, die die grüne Partei in die Regierung spülte, wies die Reporterin des Deutschlandfunks den grünen Spitzenkandidaten Robert Habeck auf diese Flexibilität hin: "Wer nach allen Seiten offen ist, ist der nicht ganz dicht, Herr Habeck?"
Worauf der smarte Partei-Darling nur lächelte.
Sollte es nach der Bundestagswahl zu keiner Wiederholung der Großen Koalition kommen, dürfte eine Regierungskoalition aus CDU/CSU, FDP und Bündnis 90 / Die Grünen am wahrscheinlichsten sein. Von diesem Machtbündnis, das politisch die Interessen einer bürgerlich-besserverdienenden Wählerklientel vertritt, hat man als lohnabhängig Beschäftigter mit einem durchschnittlich bzw. unterdurchschnittlichen Einkommen vieles zu erwarten - nur nichts Gutes.
Wofür die SPD ein halbes Jahrhundert gebraucht, den Verrat an den lohnabhängig Beschäftigten, das haben die Grünen innerhalb eines Jahrzehnts geschafft. "Basisdemokratisch, sozial, ökologisch und gewaltfrei?" Dass ich nicht lache!
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