Die Tarifbindung stärken - die Löhne erhöhen
Seit
langem kritisieren die Gewerkschaften die zu niedrigen Löhne in
Deutschland. Lange Zeit standen sie damit weitgehend alleine.
Schließlich war es politische Strategie, über den Ausbau von
Niedriglöhnen die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. 2005 hatte der
damalige Kanzler Schröder sich sogar gebrüstet, dass er „einen der
besten Niedriglohnsektoren aufgebaut habe, den es in Europa gibt“.
Leider gibt es den immer noch – nur würde heute wohl kaum jemand mehr damit prahlen. Zu offensichtlich ist, dass er heute gerade das Problem ist – für Deutschland wie für Europa. Letztes Jahr hatte sogar der Internationale Währungsfonds (IWF) von Deutschland neben mehr Investitionen vor allem höhere Löhne gefordert. In einer aktuellen Studie weist nun auch das renommierte Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) detailliert auf die negativen Auswirkungen der deutschen Lohnentwicklung hin – national wie europäisch.
Leider gibt es den immer noch – nur würde heute wohl kaum jemand mehr damit prahlen. Zu offensichtlich ist, dass er heute gerade das Problem ist – für Deutschland wie für Europa. Letztes Jahr hatte sogar der Internationale Währungsfonds (IWF) von Deutschland neben mehr Investitionen vor allem höhere Löhne gefordert. In einer aktuellen Studie weist nun auch das renommierte Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) detailliert auf die negativen Auswirkungen der deutschen Lohnentwicklung hin – national wie europäisch.
In Folge der „Agenda 2010“ mit abgesenkten Lohnnebenkosten,
liberalisierter Leiharbeit, Minijobs und vor allem „Hartz IV“ waren die
Löhne und Arbeitsbedingungen in den 2000 er Jahren massiv unter Druck
gesetzt worden. Aufgrund der so organisierten Billigkonkurrenz auf dem
Arbeitsmarkt gelang es den Gewerkschaften seinerzeit kaum mehr,
ausreichende Lohnerhöhungen durchzusetzen. Vom wirtschaftlichen
Wachstum profitierten in jener Zeit vor allem die Gewinne. Die
Lohnquote, die die Verteilung zwischen Gewinnen und Arbeitseinkommen
anzeigt, sank bis 2007 auf ein historisches Tief. Seitdem hat sie sich
wieder erholt. Gewerkschaften konnten bessere Lohnabschlüsse
durchsetzen, und die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ab 2015
gab einen zusätzlichen Schub.
Deutlich steigende Löhne sind Voraussetzung für eine bessere Entwicklung in Deutschland wie insgesamt in Europa.
Dennoch liegt die Lohnquote immer noch deutlich unter dem langfristigen
Niveau. Wäre dieses bereits wieder erreicht, hätten die
Arbeitnehmer/innen allein 2017 durchschnittlich 2.000 Euro mehr im
Geldbeutel gehabt. Allerdings haben sich die Tariflöhne immer noch
deutlich besser entwickelt als die gesamten Bruttolöhne und so die
Lohnentwicklung insgesamt stabilisiert. Das Problem ist jedoch, dass
noch so gute Tarifabschlüsse nur noch rund die Hälfte der Beschäftigten
erreichen. Die andere Hälfte ist nicht mehr tarifgebunden. Da zahlen die
Arbeitgeber, was sie wollen – und das ist weit weniger als der
Tariflohn.
Eine Ursache für die stark rückläufige Tarifbindung ist der
gesunkene Organisationsgrad der Beschäftigten, woran das Vordringen
prekärer Arbeit einen maßgeblichen Anteil hat. Hinzu kommen massive
Erosionserscheinungen auf der Arbeitgeberseite. Um Billiglohnstrategien
fahren zu können, treten Arbeitgeber vermehrt aus ihren Verbänden aus
oder wechseln in eine Mitgliedschaft ohne Tarif. Tarifverträge gelten
dann nicht mehr für sie.
In der Konsequenz hat Deutschland permanent an Wettbewerbsfähigkeit
gewonnen. Zu der traditionell hohen Qualität deutscher Produkte kamen
die niedrigen Lohnkosten hinzu, deren Entwicklung lange Zeit deutlich
hinter der anderer europäischer Länder zurückblieb. Die Kehrseite: Eine
schwache Lohnentwicklung hat auch eine schwache Nachfrage zur Folge.
Importe konnten mit dem boomenden Export nicht mithalten. Immer höhere
Exportüberschüsse führten zu zunehmendem Verdruss anderer Länder.
Inzwischen bieten sie auch dem amerikanischen Präsidenten Trump Munition
für seine „America first“-Manie. Denn die mit Schulden verbundenen
Exportdefizite vieler unserer Handelspartner sind in der Tat Folge der
extremen deutschen Exportausrichtung. Deutlich steigende Löhne sind
damit Voraussetzung für eine bessere Entwicklung in Deutschland wie
insgesamt in Europa: Der Niedriglohnsektor würde kleiner, die
Binnennachfrage gestärkt und steigende Importe würden zu mehr Mit- statt
Gegeneinander in Europa führen.
Gute Tarifabschlüsse und eine Stärkung der Tarifbindung haben daher für
ver.di oberste Priorität. Zur Unterstützung brauchen wir eine klare
Abkehr von der „Agenda 2010“-Politik, damit gute und gut bezahlte Arbeit
gestärkt wird. Kurzfristig würde dazu eine wirksame Erleichterung der
Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen beitragen. Etwa indem
gemeinsam von den Tarifparteien eingebrachte Anträge im paritätisch
besetzten Tarifausschuss nur mit Mehrheit abgelehnt werden könnten. So
würde eine Blockadehaltung der Arbeitgeber verhindert.
Ein Tarifvertrag wäre dann auch für alle nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Beschäftigten des tariflichen Geltungsbereichs verbindlich. Wir wären einen großen Schritt weiter.
Ein Tarifvertrag wäre dann auch für alle nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Beschäftigten des tariflichen Geltungsbereichs verbindlich. Wir wären einen großen Schritt weiter.
Wir brauchen unseren geschlossenen Manteltarifvertrag und mehr Geld. Sofort.
AntwortenLöschenDieser Beitrag ist sehr gut. Ich sage das übrigens auch schon immer. Aber keiner hört auf mich. Hoffentlich habt ihr mehr Glück!
AntwortenLöschenEines allerdings möchte ich kritisieren: nämlich die Formulierung, "Deutschland" habe "an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen". Auf die Gefahr, dass ich mich unbeliebt mache: "Deutschland" kann genauso wenig wettbewerbsfähiger werden, wie es eine WM gewinnen kann. Aber genau dieser Propaganda-Trick, diese Einlullerei mit kollektiven Identitäten ist das, was die Mehrheit der Menschen immer wieder dazu bringt, zugunsten einer Minderheit gegen ihre Interessen zu handeln. Schröders Agenda ist das beste Beispiel dafür.