Dokumentarfilmprojekt zum Neoliberalismus
Das gerade abgeschlossene Dokumentarfilmprojekt „Der marktgerechte Mensch“ des Autorenduos Herdolor Lorenz und Leslie Franke hatte kürzlich Tagen Premiere.
Die Autoren haben dieses wie auch vergangene Filmprojekte mit Hilfe von Spenden von Einzelpersonen wie auch gesellschaftlichen Initiativen finanziert (crowd-funding).
Attac und ver.di haben das Projekt ebenfalls unterstützt.
Ursprünglich sollte es früher fertiggestellt werden, da die Macher aber bei
ihren Recherchen auf besonders empörende Auswüchse der Kommerzialisierung des
Gesundheitswesens stießen, wurde das Projekt „Der markgerechte Patient“,
sozusagen als erweiterter Teilaspekt der Gesamtproblematik, vorgezogen.
Lorenz/Franke haben schon mit anderen
systemkritischen Filmen (Bahn unterm Hammer, Wer rettet Wen?) Aufsehen erregt, besonders spektakulär war
der europaweit rezipierte Film „Water makes Money“ (2010) über die
Privatisierung der Trinkwasserressourcen, der zu einer Klage des
Wasserversorgers Veolia gegen die beiden Autoren führte, die aber krachend abgeschmettert
wurde.
„Der
markgerechte Mensch“ schildert, wie der Titel andeutet, etwa am Beispiel von
H&M, Fahrradkurieren von Lieferando etc. die radikale Umgestaltung der
modernen Arbeitswelt inkl. Wegfall sozialer Mindestsicherung, vehementem
Vorgehen gegen Betriebsräte, hin zu einer globalen „gig-economy“, bei der
Internet-Jobvermittler ihren Kunden den Kontakt zum bestqualifizierten aber
mindestbezahlten aus einem Pool von Hunderten Millionen (!) Arbeitskräften
weltweit versprechen.
Ein
wichtiger Aspekt, den dieser Film als Begleiterscheinung, bzw. eigentlich als Voraussetzung,
der Entmenschlichung dieser universalen Arbeitsmaschinerie herausstellt, ist
die Auflösung sozialer Bindungssysteme und eben auch solidarischer
Gemeinschaften sowie damit zwangsläufig verbundener Krankheitserscheinungen.
Nicht
ganz von ungefähr wird hier auch der Vergleich zu modernen Mustern der
(onlinebasierten) Partnersuche und des Beziehungsabbruchs gezogen: teilanonym,
technisiert, kommerzialisiert, „bei Nichtgefallen zurück“.
Als
Interviewpartner tauchen im Film u.a. bekannte Sozialforscher auf: Gerald
Hüther, Eva Illouz, Harald Welzer. Ein
besonders interessante neue wissenschaftliche Beobachtung rief im gesamten
Zuschauerkreis verblüfftes Raunen hervor:
Amerikanische
Kinderpsychologen präsentieren filmisch dokumentierte Experimente, bei denen
Kleinstkinder mit Erwachsenen konfrontiert werden, die Hilfe benötigen. Sie laufen sofort durch den Raum und helfen und sind glücklich, wenn sie die
problematische Situation lösen konnten, was verdeutlicht:
Der
Mensch ist nicht von Natur aus nur egoistisch, will nur haben, immer mehr haben
und nichts abgeben und muss dann mühsam zu Empathie und sozialer Aktivität
(um)erzogen werden, sondern er kooperiert und hilft „von Natur aus“.
Bei wem nach diesem Beitrag Interesse geweckt ist bzw. wer vielleicht selber in politischen und kulturellen Initiativen vernetzt ist und diesen Film zeigen möchte:
Der
Film wird natürlich nur in ausgewählten Programmkinos oder bestimmten
Sonderaufführungen gezeigt (Spielorte einzusehen unter: http://www.salzgeber.de/delicatessen/termine_mensch.html),
man kann aber auch bei den Autoren DVDs erwerben (auch solche der älteren
Filme) mit ,nach kleinen gestaffelten Gebühren verbundenen, Lizenzen für eine
oder mehrere nichtkommerzielle oder kommerzielle Aufführungen (zu finden auf
der Website von KernFilm).
Weitere Infos hier
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