Mittwoch, 16. Juli 2014

7,50 Euro

Hugendubel unterbietet Mindestlohn

Was man vor einigen Jahren im selbsternannten "Familien"-Unternehmen Hugendubel noch für unmöglich gehalten hätte, ist jetzt in Berlin Realität:  Hugendubel ist ein Fall für das ab dem 1. Januar 2015 geltende Mindestlohn-Gesetz. Wer nämlich in Berlin einen neuen Arbeitsvertrag mit der untersten Vergütungsstufe unterschreibt, bekommt bei einer 40-Stunden-Woche 1200 Euro. Brutto, nicht netto. Macht einen Brutto-Stundenlohn von 7,50 Euro, also einen Euro unter dem zukünftigen Mindestlohn von 8,50 Euro.

Es soll also nicht nur länger und härter mit weniger Belegschaft gearbeitet werden - es soll dabei auch noch weniger verdient werden. Und wer jetzt dem GL-Argument glaubt, dass dadurch sein Arbeitsplatz "sicherer" geworden sei, dem sei gesagt:  mit 42 Stunden bei 1000 Euro wäre er aber  n o c h  sicherer, ganz zu schweigen von 44 Stunden bei 800 Euro, dann wäre er bestimmt totsicher, oder?
Wo ist die Grenze?

Eine Praxis übrigens, die die Kolleginnen und Kollegen vom Weser Vertriebs Service (WVS), die für uns die Bücher auspacken, schon lange kennen. 2013 zahlte WVS laut eines Blog-Kommentars zwischen 7,50 und 8,00 Euro brutto.

Was ist Eure Meinung dazu?

22 Kommentare:

  1. Das ist eine schlimme Entwicklung in dieser Firma. Das Label "Familienunternehmen" dient einerseits der Außendarstellung; die Öffentlichkeit soll getäuscht werden, als würde man in diesem Unternehmen fair und verantwortungsbewusst mit den Mitarbeitern umgehen. Nach innen will die Geschäftsleitung mit dieser Rhetorik die Loyalität der Mitarbeiter einfordern, um die Lohndrückerei besser durchsetzen zu können.

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  2. In Stralsund bei Hugendubel gibt's noch weniger. Als Aushilfe bekommt man hier unter 7 Euro.

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  3. Karstadt wird vorauss 20 Häuser schließen, nachdem die MItarbeiter jahrelang auf Gehaltsanteile
    verzichet haben. Das also verstehen Manager unter Arbeitsplatzsicherung.

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  4. Hätte der Arbeitgeber das nicht vorher mit BR oder Gewerkschaft verhandeln müssen? Bitte klärt mich als Laien auf...

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  5. Diese "Vergütung" wurde zunächst von der Hugendubel-Gechäftsleitung mit dem Berliner BR verhandelt; nachdem keine Einigung erzielt wurde, entschied eine Eingungsstelle, d.h. ein Arbeitsrichter, daß die vom Arbeitgeber vorgeschlagene Vergütungsordnung umgesetzt wird.

    ver.di geht gegen diese neue Vergütungsordnung juristisch vor, da hier nach Ansicht unserer Gewerkschaft die zur Tarifautonomie gehörende Lohnverhandlung, die nur zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft verhandelt werden kann, verletzt worden ist.

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  6. Ich finde diese Vergütungsstrategie von unserer GL unterhalb jeden Niveaus.
    Soll doch Herr Nitz mal für so wenig Geld arbeiten und schaun, wie das so ist...
    Münchner, setzt Euch für Euren Manteltarif ein...

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  7. Könnte es sein, dass Ihr den Stundenlohn falsch ausgerechnet habt- Normalerweise errechnet sich die monatliche Arbeitszeit durch die Multiplikation der wöchentlichen Arbeitszeit mit 4,35. Dann komme ich aber bei einer 40 h Woche auf eine Arbeitszeit von 174 Stunden im Monat, was bei einem Gehalt von 1200 Euro einem Stundenlohn von lediglich 6,90 Euro entsprechen würde......

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  8. Habe gerade mithilfe meiner neuen Kostenoptimierungssoftware profitmax ausgerechnet,dass mit 168 Stunden/Wo für € 0.- ein optimales Betriebsergebnis zu erzielen wäre.

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  9. @Anonym 10:30

    Die 7,50 Euro basieren vermutlich auf einer vereinfachten Rechnung: 160 Stunden/Monat bei 1200 Euro brutto, dann kommt 7,50 Euro raus. Wenn man ganz genaus sein will, dann muß man allerdings noch die Feiertage mit berücksichtigen sowie das Weihnachtsgeld und die Spätzuschläge; Spätzuschläge fallen allerdings für Berlin gleich schon mal weg, das Weihnachtsgeld liegt nur bei 50% eines Brutto-Monatsgehalts.

    So gerechnet käme der Kolle/die Koollegin, die jetzt in Berlin neu in der untersten Vergütungsgruppe eingestellt wurde, auf einen Brutto-Stundenlohn von ca 8,20 - also immer noch unter dem ab 2015 gesetzlichen Mindestlohn.

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    1. Spätzuschläge ab 18:30 waren seit Jahren ein Anachronismus.
      Statt deren Abschaffung zu scheuen wie der Teufel das Weihwasser, hätten die Gewerkscaftshansels deren Wegfall als Verhandlungsgrundlage anbieten können, anstatt sie als alternativlos darzustellen. Sind sie bekanntlich nicht, wie Blicke in andere Häuser oder eben nun in Berlin zeigt. Die Realität holt die Wolkenkuckucksheimer immer ein!

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    2. Fliegenpilz ist mal wieder im Lande und spielt den Agent Provocateur im Bonsai-Format.
      Völlig frei von Grundkenntnissen über Tarifautonomie und Arbeitsrecht wird drauflos schwadroniert. "Den Wegfall von Zuschlägen als Verhandlungsgrundlage anbieten können":: für was? für eine 40-Stunden-Woche bei 1200 brutto? Lustig, wenn dann KollegInnen auf so einen Quatsch empört reagieren, nicht?

      Wir brauchen unsere Energie für ernsthafte Probleme.
      Such Dir einen anderen Spielplatz.

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    3. Oha, der Acid Scout ist aus dem Reich der Untoten zurückgekehrt um seine Deutungshoheit und sein Rechthabe-Monopol einzufordern. Das ist wirklich ein ernsthaftes Problem!
      Zum Glück werden Bonsai sehr alt und können viel Unrat an sich vorbeiziehen lassen.

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    4. Es ist ein verdammt gutes Gefühl, lieber Fliegenpilz, auch in Zukunft bei 37,5 Stunden mit Tariflohn, Zuschlägen und Weihnachtsgeld zu arbeiten, wenn Du 40 Stunden schuften und auf die "anachronistischen" Zuschläger verzichten wirst. Da macht die Arbeit gleich doppelt soviel Spaß!
      Aber wie ich gehört habe, erkundigten sich in den letzten Wochen viele GL-Sympathisanten verschämt nach den Konditionen einer ver.di-Mitgliedschaft.
      Da scheint das Malocher-Hemd doch näher zu sein als die GL-Zwangsjacke.
      Welcome home!

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  10. Optimiere dich selbst und andere!Dienstag, 22. Juli 2014 um 23:06:00 MESZ

    Vielleicht läßt man uns bald Eintritt zahlen...

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  11. Spätzuschläge wurden von Gewerkschaftsmitgliedern aktiv erkämpft, um das Leben der unteren Lohngruppen (auch der Buchhändler) etwas besser abzusichern.

    Evtl. könnte man über die Zuschläge verhandeln, wenn die Gehälter der Buchhändler um vieles höher lägen, als sie tatsächlich sind. Da das niemals der Fall sein wird, bin ich auf diese Zuschläge angewiesen.

    wenn Du diese Zuschläge nicht benötigst, dann kannst Du kein 'normaler' Buchhändler sein, sondern eindeutig jemand, der genug verdient.

    Vielleicht eine kleine Überlegung für Dich: in Luxemburg beträgt der Mindestlohn über 11 Euro!

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    1. In Australien liegt der Mindestlohn sogar über 13 Euro

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    2. Diese Zuschläge werden und wurden an den meisten Standorten nicht ausgezahlt. Es waren Zeitzuschläge. Niemand hat weniger in der Tasche als vorher, wenn diese Spätzuschläge wegfallen. Man bekommt eben nicht mehr für jede halbe Stunde "Spätöffnung" ein paar Minuten mehr gutgeschrieben. Da kann man sich dran klammern, weil es immer so gewesen ist, muss man aber nicht.

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    3. Naja, aber diese Zeit ist ja auch Geld. Dh Zeit die ich schon abgeleistet habe u. weniger arbeiten muss um auf meine Arbeitszeit zu kommen.

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    4. Diese nicht ausgezahlten Spätzuschläge können per definitionem nicht dazu dienen, das Leben abzusichern, wie weiter oben behauptet. Für das gleiche Geld länger zu arbeiten führt zu einem geringeren Stundenlohn, nicht zu einer geringeren Auszahlung, mithin zu Verdruß, aber nicht zu einer leeren Haushaltskasse. Ist schon ein Unterschied!

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    5. Dh also, Du würdest für das gleiche Gehalt auch länger arbeiten?
      Falls zulässig, auch 50 Std.\Wo. für das gleiche Gehalt, solange Du keine Einbußen beim Geld hast?

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  12. @Fliegenpilz
    Spätzuschläge sind kein "Anachronismus", sondern wie die 150%-Sonderzahlung ("Weihnachtsgeld") Teil meines Gehalts. Diese Gehaltsbestandteile, die Du als Trittbrettfahrer einkassiert hast ohne Mitgliedsbeiträge zu bezahlen, wurden übrigens von den von Dir als "Gewerkschaftshanseln" diffamierten Gewerkschaftsmitgliedern erkämpft.

    In Berlin hat der dortige BR versucht, allein auf Betriebsratsebene ohne "Gewerkschaftshanseln" sich gegen den Lohnraub des Arbeitgebers zu wehren. Er endete vor der Einigungsstelle, wo ein arbeitgeberfreundlicher Richter die neue "Vergütungsordnung" ohne Spätzuschläge, Reduzierung des Weihnachtsgeldes und einen Hungerlohn von 1200 Brutto für rechtens erklärte. Spätzuschläge sind ein Anachronismus, Hungerlöhne aber "modern", oder?

    Wir werden jedenfalls den in Bayern noch existierenden Tarifvertrag mit allen Mitteln verteidigen.
    Wer wie Du freiwillig auf Gehalt verzichten kann (kein normaler Buchhändler kann das), soll das von mir aus gerne tun. 30 Urlaubstage und Lohn-Fortzahlung im Krankheitsfall sind dann ebenfalls anachronistisch, oder? Ich hoffe, Du bist konsequent und verzichtetst ebenfalls darauf.

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  13. Die Sache ist ganz einfach.
    37,5-Std. Woche mit Gewerkschaft, 40 Std ohne.
    Tariflohn mit Gewerkschaft, 1200 brutto ohne.
    150% Weihnachtsgeld und Zuschläge mit Gewerkschaft, 50% oder gar nichts ohne.
    Besonderer Kündigungsschutz für ältere KollegInnen mit Gewerkschaft, nichts ohne.
    30 Tage Urlaub mit Gewerkschaft, weniger ohne.

    Das alles ist glasklar und kapiert auch jeder Hugendubel-Beschäftigte, deswegen auch die Beitrittswelle zu ver.di in den letzten Wochen. Wer etwas anderes vertritt, vertritt bestimmte Interessen. Die der Beschäftigten sind es nicht.

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