Ein Kommentar der Infoblog-Redaktion
Als sich
der thüringische FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Kemmerich 2020 mit den Stimmen
der AfD zum Ministerpräsidenten wählen ließ, protestierte Ulf Poschardt, der
Chefredakteur der Tageszeitung Die Welt, persönlich bei FDP-Chef Christian
Lindner. Als FDP-Sympathisant empörte er sich, daß seine Partei mit
Rechtsextremisten gemeinsame Sache machte.
Als Elon
Musk nun in der vergangenen Ausgabe der Welt am Sonntag eine direkte
Wahlwerbung für die AfD platzierte („der letzte Funke Hoffnung für Deutschland“),
kündigte die zuständige Ressort-Leiterin der Welt daraufhin sofort. Und wie reagierte
Poschardt diesmal? Mit einem windelweichen Gegenkommentar und dem Hinweis auf
die Meinungsfreiheit. Ein Rückgrat wie seine Redakteurin besitzt er offensichtlich
nicht. Davon abgesehen: bei der Werbung für einen Faschisten wie Höcke und
seiner rechtsextremistischen AfD geht es nicht um Meinungsfreiheit, denn Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Man darf
davon ausgehen, dass der Befehlsempfänger Poschardt einfach den Befehl seines
Herrn und Konzernchefs Döpfner ausführte, welcher mit dem Abdruck der
AfD-Propaganda Musk einen Gefallen tun wollte. Döpfner pflegt enge Kontakte zu
US-Superreichen wie Musk, Bezos und Thiel.
2018
verlieh Döpfner dem Amazon-Besitzer und Gewerkschaftsfeind Jeff Bezos den Axel
Springer Award. Sein Sohn Moritz arbeitet für den libertär-kapitalistischen Multimilliardär
Peter Thiel (PayPal, Facebook etc.) als Büroleiter. Wie Poschardt hat auch
Döpfner eine enge Verbindung zur FDP. Seinen mittlerweile wegen Drogen- und
Machtmißbrauchs entlassenen BILD-Chefredakteur und heutigen Leiter des rechten
Internet-Portals Nius, Julian Reichelt, beschwor Döpfner in Dummdeutsch zwei Tage
vor der Bundestagswahl: „Please Stärke
die FDP!“
Und der Kreis
schließt sich, wenn FDP-Lindner Musk und den argentinischen Radikalkapitalisten
Milei als Vorbilder preist. Musk ist dabei eine
Schlüsselfigur. Was lohnabhängig Beschäftigte von jemandem wie Musk zu erwarten
haben, läßt sich ganz konkret auch an Vorgängen sehen, die gegenwärtig in seiner
Tesla-Fabrik in Grünheide/Brandenburg stattfinden. In der Frühphase der
Fabrikgründung, als mehrheitlich nur Führungskräfte angestellt waren, ließ er
einen Betriebsrat wählen, der seitdem als williges Werkzeug des dortigen
Managements agiert. Es gab und gibt Union Busting gegen gewerkschaftlich
organisierte Beschäftigte, Jagd auf Kranke und schlechte Arbeitsbedingungen.
Die IG Metall hat deswegen kürzlich gegen die dortige BR-Vorsitzende
Strafanzeige wegen permanenten Verstoßes gegen das Betriebsverfassungsgesetz
erstattet.
Der Vorfall mit der
AfD-Wahlaufforderung durch Elon Musk in der Tageszeitung Die Welt ist
exemplarisch für das Verschwimmen der Grenzen nachts rechts. Musk, Thiel und
Bezos stehen für einen – wie es der Soziologe Gerhard Stapelfeldt einmal nannte
– „autoritären Kapitalismus“, in dem Menschenrechte, demokratische Beteiligungsmöglichkeiten
und sozialstaatliche Standards immer weiter abgebaut werden sollen. Dies
geschieht vor dem Hintergrund einer zunehmend krisenhaften Entwicklung des Kapitalismus. Die Kapitalseite will zum einen weiterhin Profitinteressen durchsetzen und zum anderen die Finanzierung der Aufrüstung
für imperialistische Kriege sicherstellen: „Kanonen statt Butter!“.
Wie weit
dieses Gedankengut bereits in der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft
angekommen ist, läßt sich in den Massenmedien beobachten. Clemens Fuest, Präsident
des Wirtschaftsforschungsinstituts IFO, und zu Gast in der
Fernsehsendung von Maybrit Illner, warb dort für eine weiter fortschreitende
Militarisierung. Ihm schwebt vor, dies durch weitreichende Kürzungen im
sozialen Bereich zu finanzieren. Sehr deutlich wird er in seiner
Wortwahl: „Kanonen und Butter, es wäre schön, wenn das ginge, aber das
ist Schlaraffenland, das geht nicht.“
Eine Wortwahl, die
nicht zufällig gewählt scheint, so hat unter anderem auch Reichsminister Rudolf
Heß und Stellvertreter Hitlers die Parole „Kanonen statt Butter“ verwendet.
Diese meint, das gesamte zivile Leben dem Krieg und der Aufrüstung
unterzuordnen. Ein weiterer Gast der Talkshow, Finanzminister Christian Lindner
(FDP), schlug vor, Sozialleistungen für drei Jahre einzufrieren. Auch
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht für einen Angriff auf die
Sozialleistungen. Die meisten würden verstehen, wenn man nach dem Auslaufen des
Sondervermögens an anderer Stelle sparen müsse, um den Wehretat zu
finanzieren, so Scholz.
Das ist
die vom Kapital aufgezeigte Perspektive, der von den lohnabhängig Beschäftigten
und ihrer gewerkschaftlichen Organisation Widerstand entgegengesetzt werden
muß.
Sehr gut recherchierter Artikel, der es auf den Punkt bringt.
AntwortenLöschenZu ergänzen wäre noch, dass Döpfner 2020 Musk ebenfalls den Axel Springer Award verliehen hat.
AntwortenLöschenDieser Artikel ist besser und dichter recherchiert als das meiste, was man dazu in den Tageszeitungen lesen konnte. Im übrigen erinnert mich der Titel an die Einstürzenden Neubauten.
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