Sonntag, 19. April 2020

Statement des Gesamtbetriebsrats zur Kurzarbeit


Liebe Kolleg*innen,


die derzeitige Situation mit dem weiterhin bestehenden Risiko, an COVID-19 zu erkranken und der massiven Bedrohung vieler Arbeitsplätze, bereiten uns allen große Sorge. Wir sind in eine Lage geraten, in der es besonders wichtig ist, einen klaren Kopf zu bewahren und sorgfältige Entscheidungen für die Zukunft von Hugendubel zu treffen. Dazu bedarf es einer fairen und vertrauensvollen Zusammenarbeit der Betriebsparteien, also Eurer/ihrer Interessenvertretungen, den Betriebsräten und dem Arbeitgeber.

Leider müssen wir feststellen, dass unsere Vorschläge und Positionen in den letzten Tagen überzogen oder völlig falsch dargestellt werden. Deshalb möchten wir Klarheit schaffen und einige Dinge gerade rücken, die in ein schiefes Licht geraten sind.

Beginnen wir mit einer eindeutigen Feststellung:

Zu keinem Zeitpunkt der laufenden Gespräche/Verhandlungen wurde von Betriebsräten gefordert, nach Wiedereröffnung der Filialen sofort zu einem 100-prozentigen Personaleinsatz zurückzukehren!

Natürlich besteht bei uns allen der Wunsch, möglichst rasch zur Normalität zurückzukehren und den bereits eingetretenen Einkommensverlust durch die Kurzarbeit so gering als möglich zu halten.

Gesamtbetriebsrat und Betriebsräten ist aber vollkommen bewusst, dass zunächst die Kurzarbeit fortgesetzt werden muss und die Personalkosten aufgrund fehlender Einnahmen nicht einfach wieder Normalniveau erreichen können.

Die Frage ist also nicht, ob es weiterhin Kurzarbeit gibt, sondern wie lange diese noch gelten und wie sie ausgestaltet werden soll. Darüber gibt es Meinungsverschiedenheiten mit unserem Arbeitgeber.


Die Betriebsräte haben seit Beginn der Krise sehr verantwortungsbewusst gehandelt und wo nötig und möglich, schnell reagiert.

Am 16. März habe ich, nur unterstützt durch einen Anwalt und ohne Rücksprache mit anderen Betriebsräten halten zu können, mehr als 12 Stunden mit der Geschäftsleitung über eine Betriebsvereinbarung verhandelt, um nach Bekanntwerden der Schließungsverfügungen für die Filialen so rasch als möglich eine vernünftige Regelung für die Einführung von Kurzarbeit zu finden. Das ist gelungen, um halb zwölf nachts habe ich noch die Kurzarbeitsanzeigen für die Arbeitsagentur unterschrieben. Durch schnelle Beschlüsse haben die Betriebsräte anschließend diese Vereinbarung in Kraft treten lassen.

Fest vereinbart war, dass es für den Ausgleich der Einkommensverluste durch Kurzarbeit Null einen Ausgleichstopf in Höhe von mindestens 200.000 € gibt. Die Geschäftsleitung hatte sich ausdrücklich verpflichtet, mit dem Gesamtbetriebsrat eine abschließende Regelung über höhere Ausgleichszahlungen zu verhandeln und abzuschließen. Diese Verpflichtung aus einem Vertrag hat sie trotz unzähliger Stunden Gespräche, die wir anschließend mit ihr geführt haben, nicht eingehalten! Auch wurde von Hugendubel der Versuch unternommen, Teile des bereits fest zugesagten Geldes für andere Zahlungsverpflichtungen zweckzuentfremden.

Unsererseits zeigten wir Verständnis, dass zum jetzigen Zeitpunkt höhere Aufstockungen des Kurzarbeitergeldes wohl nicht möglich sind und schlugen wiederholt vor, dies zu einem späteren Zeitpunkt zu regeln, ggf. unter Hinzuziehung eines Vermittlers. Das wurde von der Gegenseite immer wieder kategorisch abgelehnt.
Es blieb also bei einem Betrag, der hinten und vorne für die Kolleg*innen nicht reicht.

Jetzt zu den Differenzen, die es wegen der Fortsetzung der Kurzarbeit nach Wiedereröffnung der Filialen gibt:

Obgleich das rechtlich gar nicht zulässig ist, sollte der Gesamtbetriebsrat pauschal einer Verlängerung der Kurzarbeit bis Ende des Jahres (!) zustimmen und die Betriebsräte dies nachträglich durch Beschlüsse billigen. Dem Arbeitgeber sollte nach unserer Auffassung mit dieser Regelung nahezu freie Hand bei der kurzfristigen Auswahl derjenigen Kolleg*innen gelassen werden, die dann zur Arbeit eingeteilt werden.

Diesen aus unserer Sicht falschen Weg konnten und wollten wir nicht mitgehen. Wie schon gesagt, sehen auch wir die Notwendigkeit, nach Wiedereröffnung der Filialen, weiterhin Kurzarbeit durchzuführen. Aber bitte keine Festlegung auf über acht Monate und ohne richtige Einflussmöglichkeiten der Betriebsräte auf ihre Ausgestaltung!
Auch sollte es für den gesamten Zeitraum ausgeschlossen werden, dass es irgendwelche Ausgleichszahlungen für die Einkommensverluste der Kolleg*innen gibt. Das kann es doch nicht sein.

Unser Ziel ist es, dass wenn zunächst weniger Arbeit da ist, weil die Kund*innen fehlen, diese möglichst gerecht und gleichmäßig auf alle Schultern verteilt wird und Beschäftigte, die zu einer Risikogruppe gehören oder dies aus anderen Gründen möchten, zu Hause bleiben können. Und dies zu einem Gehalt, von dem man/frau überleben kann. Kurzarbeit Null  oder fast Null für viele Beschäftigte noch über längere Zeit ist doch nicht ernsthaft tragbar.

Es wurde am Freitag von uns (den Vertretern des Gesamtbetriebsrat) vorgeschlagen, eine Mustervereinbarung zur Fortsetzung der Kurzarbeit aus zu verhandeln, die dann von den einzelnen BRs hätte übernommen und auf die Bedürfnisse vor Ort angepasst werden können. Damit hätte sich rasch eine saubere Lösung für Wiedereröffnung der Filialen gefunden. Leider ist Hugendubel aus uns unerklärlichen Gründen nicht darauf eingegangen.

Wir sind weiterhin verhandlungsbereit und wollen eine Vereinbarung über Kurzarbeit abschließen, die für beide Seiten, Arbeitgeber und Beschäftigte, verträglich ist.

Diese Vereinbarung muss aus unserer Sicht deutlich kürzer laufen als acht Monate, sie kann bei Bedarf ja verlängert werden.

Wenn Hugendubel nun zusagt, Anträge auf nachträgliche Gewährung von Urlaub im April pauschal zu genehmigen, Vermögenswirksame Leistungen auch künftig voll zu bezahlen und Vorschüsse auf Urlaubs-/Weihnachtsgeld zu gewähren, begrüßen wir dies ausdrücklich. Es ist also offensichtlich doch möglich, etwas gegen die Einkommensverluste durch Kurzarbeit zu unternehmen (siehe oben). Zu prüfen ist allerdings, ob hier nicht Leistungen versprochen werden, auf die Kolleg*innen ohnehin einen Anspruch haben.

Diese doch recht umfangreichen Ausführungen sind unserer Meinung nach notwendig und wir hoffen, unser Handeln damit besser erklären zu können.

Auf Rückmeldungen freuen wir uns.


Herzliche Grüße und alles Gute
Uwe Kramm
Gesamtbetriebsrat Hugendubel



1 Kommentar:

  1. Lieber Uwe,
    ganz herzlichen Dank für Eure tolle und engagierte Arbeit in diesen schwierigen Zeiten. Lasst Euch nicht unterkriegen!
    Liebe Grüße

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