Wer über Geld und Macht
verfügt, genießt leider auch eine starke Autorität ein der Frage, ob das, was
er von sich gibt, Unfug ist oder nicht. Wie sonst hätte sich der Sprecher des Arbeitgeberverbandes der Verlage und Buchhandlungen in
Bayern allen Ernstes zu der Behauptung versteigen können, in unseren
Tarifverträgen steckten 30 Jahre Wachstum – und die müssten da nun endlich
raus?
Selbst jene, die noch den Buchhandel mit Keilschrifttafeln und
Pergamentrollen erlebt haben, erinnern sich nicht, jemals groß am Umsatz
beteiligt worden zu sein. Und wohin auch immer die fetten Zeiten entschwunden
sein mögen, auf unseren Gehaltszetteln haben sie eher bescheidene Spuren
hinterlassen.
Unsere Arbeit aber ist
und bleibt das Alleinstellungsmerkmal des stationären Buchhandels. Deshalb sind
wir seine Zukunft – und wenn ausgerechnet bei uns gespart wird, wird an der
falschen Stelle gespart. Denn wir leisten heute nicht weniger als früher; wir
sind nur weniger Leute. Die Arbeitgeber reden, als wäre ihr Geschäft gar nicht
mehr das Bücherverkaufen, sondern das Kostensenken. Aber liegen sie damit
richtig? In den Läden sieht es dank Zentralisierung und Personalabbau
mittlerweile aus, als hätte eine Neutronenbombe nach der anderen eingeschlagen.
Doch die Zahlen stimmen trotzdem nicht – weil Buchhandel ohne Buchhändlerinnen
und Buchhändler eben irgendwie blöd ist.
Man könnte solche
Maßnahmen vielleicht noch halbwegs verstehen und billigen, wenn es darum ginge,
vorübergehende finanzielle Engpässe zu überbrücken. Aber unser Arbeitgeber will
eine Verschlechterung unserer Tarifverträge ja nicht zeitweise, durchzusetzen
und Tarifverträge – und fängt an, wo der geringste Widerstand zu erwarten ist:
bei den Beschäftigten, die von ihm abhängig sind. Das ist für ihnen nicht so
sehr, wie viele glauben, eine Überlebensfrage, sondern vor allem eine
Machtfrage. Denn er könnte mit seinem Sparprogramm ebenso gut an anderen
Stellen beginnen oder weitermachen. Es kommt nur darauf an, ob wir gemeinsam
Gegenmacht entwickeln.
Zu lange schon speist
man uns mit der verstaubten Metapher ab, Personalkosten seien die einzige
Stellschraube, an der noch gedreht werden könnte. Im Klartext heißt das: es ist
leichter, euch über den Tisch zu ziehen und auszuquetschen, als wirklich etwas
besser zu machen. Jede/r in unseren Filialen sieht, wie sich – um nur ein
Beispiel zu nennen – die zunehmende Zentralisierung des Einkaufs auf den
Wareneinsatz auswirkt. Geändert wird daran jedoch nichts. Auf unseren
Remissionstischen liegen regelmäßig ein ganzes Dutzend unbefristeter
Arbeitsplätze, liegen längst überfällige Gehaltserhöhungen, liegen
Spätzuschläge, liegen Urlaubs- und Weihnachtsgeld – und wir haben keinen Grund
sie dort liegen zu lassen.
Arbeitnehmer können
Arbeitgebern zwar nicht vorschreiben, wie ihre Unternehmen zu führen sind. Aber
wir können dafür kämpfen, Lohnforderungen durchzusetzen und Tarifverträge zu
erhalten. Damit würden zur Abwechslung einmal die Beschäftigten an einer
Stellschraube drehen – und zwar an genau der richtigen. Wir müssen bei unseren
nächsten Aktionen nur stark und viel genug sein, um den Chefs zu zeigen, was
sie offenbar vergessen haben: Menschen, nicht Zahlen arbeiten in ihren Läden.
Das sollte für uns alle eine frage der Wertschätzung sein – doch nicht nur der
Wertschätzung, die uns entgegengebracht wird, sondern auch der Wertschätzung,
die wir uns selbst entgegenbringen.
Wir brauchen unseren unveränderten Manteltarifvertrag und mehr Geld.
AntwortenLöschenUnd: vielleicht sollten sich unsere Chefs mal an Osiander wenden: dirt wird das zb das Powerselling kritischer betrachtet.
Das ist heller Wahnsinn. Wir sollen dafür zahlen, dass der Arbeitgeber keinen Plan hat, der bloß annähernd so aussieht, als ob er funkionieren könnte! Und zum Dank dürfen wir uns jetzt auch noch bespitzeln und verdächtigen lassen. Wer da beim nächsten Streik nicht mitmacht, läuft echt neben der Spur.
AntwortenLöschenIn Absatz 5, Zeile 3 muss es heißen: "nicht zeitweise durchsetzen, sondern auf Dauer und für immer - und fängt an"!
AntwortenLöschenRoger and over! - Ich kapiere aber trotzdem nicht, wieso die Firma solche Sparmaßnahmen überhaupt durchsetzen wollen sollte, wenn das nicht betriebswirtschaftlich notwendig wäre. Nur weil es geht, macht sowas doch keiner. Oder nicht oder doch oder doch nicht?
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