Montag, 2. Juli 2012

Die Weltbild-Stiftung kommt, der Zukunftstarifvertrag bleibt...

...und bei Karstadt fliegen die Bücher raus

Die Ankündigung der Bischofskonferenz, die Verlagsgruppe WELTBILD in eine Stiftung zu überführen, hat auf den Fluren des Augsburger Unternehmens für reichlich Gesprächsstoff gesorgt: Was bedeutet das für die Weltbild-Belegschaft am Standort Augsburg? Welches Arbeitsrecht gilt zukünftig? Was ist mit den Vereinbarungen aus dem Zukunftstarifvertrag?

Auch nach der Umwandlung von WELTBILD in eine Stiftung gilt der Zukunftstarifvertrag weiter und die
Rechte der MitarbeiterInnen bleiben gewahrt. Dies teilten Thomas Gürlebeck, ver.di Sekretär Handel, und Timm Boßmann, Sprecher der ver.di-Betriebsgruppe, in einer Pressemitteilung vom 28. Juni 2012 mit.


Halff:  Zukunftstarifvertrag bleibt bestehen

Weltbild-Betriebsrat und GewerkschaftsvertreterInnen haben einen Fragenkatalog aufgestellt und mit dem Vorstandsvorsitzenden Carel Halff diskutiert. Sie erlebten einen sehr entspannten Geschäftsführer, der alle Fragen offen beantwortete:

1. Der Zukunftstarifvertrag bleibt bestehen. Insbesondere an der Mitwirkung bei wirtschaftlichen Entscheidungen durch den Wirtschaftsausschuss des Betriebsrats wird nicht gerüttelt.
Die Regelungen zur Beschäftigungssicherung bis Ende 2014 gelten weiter.

2. Die Arbeitnehmerrechte werden nach der Überführung in eine Stiftung in keinster Weise beschnitten. WELTBILD bleibt eine GmbH, auch wenn der neue Eigentümer eine Stiftung sein wird. Das Betriebsverfassungsgesetz gilt somit ohne Einschränkungen.

3. Bevor die Überführung in eine Stiftung abgeschlossen ist, rechnet die Geschäftsführung mit komplexen Entscheidungsfindungen. Diese werden sich auch aufgrund der besonderen kirchlichen Strukturen über mehrere Monate hinziehen. Der folgende Prozess der Umwandlung bedarf der Genehmigung von Staat und Finanzamt, was ebenfalls Monate dauern dürfte.

Betriebsratsvorsitzender Peter Fitz war nach den Gesprächen erleichtert: „Die Stiftungslösung ist eine stabile Basis für erfolgreiche Geschäfte und bietet so gute Perspektiven für die Belegschaft.“

Timm Boßmann, Betriebsgruppen-Sprecher der ver.di, freute sich vor allem über das Bekenntnis der Geschäftsführung zum Zukunftstarifvertrag: „Dieser Tarifvertrag ist über Monate von der Belegschaft erkämpft worden. Es ist für beide Seiten nur von Vorteil, wenn die Vereinbarungen weiter gelten!“

Quelle: Pressemitteilung von ver.di am 28. Juni 2012



Presse-Echo

Trotz Vatikanleaks funktionierte die kirchliche Geheimdiplomatie in Augsburg wie gewohnt: der Weltbild-Betriebsrat erfuhr die Neuigkeit von der Stiftungsgründung nicht direkt von den kirchlichen Eigentümern oder der Weltbild-Geschäftsführung, sondern zuerst aus der Presse. Hier einige Stimmen und Kommentare:

Die Frankfurter Allgemeine, die die Meldung als erste brachte,  konstatierte: "Widerstand gegen einen Verkauf und eine damit einhergehende Aufspaltung des Unternehmens regte sich nicht nur unter den Arbeitnehmern. Auch in der Kirche wuchsen nach einer Weile die Zweifel an der Idee, sich aufgrund der eigenen Unfähigkeit, ein Unternehmen zu steuern, das über mehr Potential auf dem Buch- und Medienmarkt verfügt als alle anderen Engagements der Kirche, von diesem zu trennen. Am Ende gewannen die Kräfte die Oberhand, die anstelle eines Verkaufs eine stärkere christliche Profilierung des Unternehmens favorisierten."

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel erinnerte nochmals an die "Schmuddel-Blamage" als Auslöser der ganzen Bischofs-Aktion und zitiert Carel Halff: "Für alle Mitarbeiter ist das eine gute Perspektive, denn nichts ist so auf Dauer angelegt wie eine Stiftung", sagte Halff. Die Stiftung, deren Unternehmensform eine GmbH bleibe, solle gemeinnützige, kulturelle und kirchliche Ziele verfolgen.


Die Augsburger Allgemeine erwähnt innerkirchliche Stimmen wie den Vorsitzenden des Landeskomitees der katholiken, Albert Schmid, der bereits im März vor einem Verkauf als "Radikallösung" warnte und früh die Idee einer Stiftung ins Spiel brachte. Allerdings würde die jetzt beschlossene Umsetzung "laut Weltbild einige Monate dauern (und) viele Einzelheiten müssten noch geklärt werden. Alle Anteilseigener seien große Körperschaften und die Umwandlung daher sehr aufwendig."


Karstadt ohne Bücher

Wie das Branchenblatt Buchreport meldete, sollen die "Buch-Flächen in Lübeck, Köln, Mülheim, Düsseldorf, Gummersbach, Münster und Landshut an Karstadt zurück(gegeben werden). Insgesamt ist die DBH in 25 Karstadt-Warenhäusern präsent. Hintergrund: Der Warenhaus-Chef Andrew Jennings will das Sortiment verkleinern und den Fokus auf Mode, Beauty, Uhren und Schmuck legen.  Im Zuge der  Neuausrichtung des Sortiments sollen auch die die Unterhaltungselektronikabteilungen aufgelöst werden. (...)
Die betroffenen Mitarbeiter der DBH Warenhaus sollen sich zwischen einer Abfindung (bei Ausscheiden aus dem Unternehmen) und einer Übernahme durch Karstadt (in anderen Abteilungen) entscheiden können."

Nicht betroffen sind die Hugendubel-Buchhandlungen im Berliner KDW sowie am Hermannplatz (Berlin).
Hintergrund: Im Sommer 2008 stieg die DBH mit den Marken Weltbild und Hugendubel ins Buchgeschäft bei Karstadt ein. Ein ursprünglich geplantes Joint-Venture zwischen Karstadt und Thalia war im Oktober 2007 geplatzt.

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