Mittwoch, 18. Juli 2012

Branchen-Brüche (2): Der Verleger L. Könemann schlägt vor, sämtliche Filialen an kompetente Buchhändler zu verschenken


..denn das Management agiert buchfremd..
Für die Kettensäge ist auch das passende Schärfgerät lieferbar
http://www.hugendubel.de/3/17189108-1/geschenke-lifestyle/schaerfgeraet-fuer-kettensaege.html

Es kommt immer doller: Da fordert der eine Verleger, Till Tolkemitt, die Geschäftsführer zum Rücktritt auf - und ein anderer, der Verleger Ludwig Könemann, meint wenige Tage zuvor, Filialen sollten, bevor sie komplett den Bach runtergehen, besser an "unternehmerische Buchhändler" verschenkt werden.

Und in der Tat: Viele Filialen drohen derzeit tatsächlich mordsmäßig den Bach runterzugehen; Umsatzeinbrüche, Rückbauten, Schließungen, Personalabbau allerorten - die Branchenriesen Thalia, DBH und Mayersche immer munter im Wechsel. Und wo's noch nicht begonnen hat, dort steht's mit Sicherheit (sehr) bald bevor ...

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Hugendubel-Verdi-Blog
präsentiert seine Sommerreihe  

Bruch-Stellen der Buch-Branche
hier die zweite Folge. 
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Wie sieht Ludwig Könemanns Problemanalyse für die Großfilialisten aus?
Welche Lösungsvorschläge hält er für sie bereit?


Im letzten Buchmarkt-Sonntagsgespräch (online, 15.07.2012 ) ist zu lesen:

Das Management von THALIA agiert buchfremd. 
Der Verleger Ludwig Könemann schlägt THALIA vor, sämtliche Läden zu verschenken.

Stopp: THALIA ??  
Ja, THALIA !
Könemann spricht in diesem Interview von THALIA .
Doch tut dies der Sache erstaunlicherweise keinerlei Abbruch!

(Trotzdem werden wir uns bei ihm erkundigen, warum er so 'exklusiv' nur von Thalia redet. Und wieso er die Augsburger/Münchner Konkurrenz gar nicht mal nennt. - Wir sind sehr neugierig!)

Geradezu verblüffend ist nun, dass fast alle seine Aussagen über den Marktführer aus Hagen unverändert auch auf die Nummer zwei zutreffen. Ja tatsächlich, nahezu hundertprozentig deckungsgleich, die Übertragungsrate also (annähernd) 1:1

Und hier zentrale Passagen des Interviews - 
verbunden  mit  einem  'kleinen  Übereinstimmungs-Test  Hugendubel/Thalia'

Wir präsentieren zu diesem Zweck Könemanns Aussagen nur (rein formal) minimal verändert - und komprimiert/gekürzt. Zugleich wurden die interview-Fragestellungen mit in die Antworten eingearbeitet. 

Bei der Lektüre nun kann jede Nennung von THALIA gedanklich problemlos durch DBH oder Hugendubel ersetzt werden. Wie bereits gesagt: mit äußerst verblüffendem Ergebnis!


So, es geht los:


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Ludwig Könemann schlägt  THALIA vor, sämtliche Läden zu verschenken
http://www.buchmarkt.de/content/51701-ludwig-koenemann-schlaegt-thalia-vor-saemtliche-laeden-zu-verschenken.htm

"Mehr Plüsch, mehr Kompetenz?"
So heißt das Interview im aktuellen BuchMarkt Juli-Heft, in dem Ludwig Könemann THALIA vorschlägt, sämtliche Läden zu verschenken. Bis es soweit ist, möchte er selbst lieber nicht mehr liefern.


THALIA macht seit geraumer Zeit durch sein buchfremdes Management negativste Werbung für das Buch, für die Verlage, für andere Buchhandlungen: Das THALIA-Management schadet der gesamten Buchbranche.

THALIA entwickelt sich schon seit geraumer Zeit zu einem Ärgernis. Man hat mit finanziellem Polster, aber sonst eher ahnungslos, die buchhändlerischen Innenstadtflächen übernommen, entweder durch Kauf oder durch Eröffnung von neuen Flächen. 

Dann hat man diesen Flächen das Buch entzogen, per Dekret aus der Geschäftsleitung. Kein Sortiment, kein Bestand, besser Stofftiere.

Ja, THALIA ist kein Einzelfall – der Schwachsinn ist immer gleich. Immer mehr Flächen, immer weniger Bücher. 

Der Kunde begreift - und kauft im Internet, weil man hier kaufen kann, was man will. Nur: er kauft eben nicht bei THALIA-online. Warum wohl?

THALIA sieht das Problem selbst sehr deutlich, aber reagiert falsch. Diesen Missstand habe ich der THALIA-Geschäftsführung deutlich mitgeteilt. Darauf habe ich die Antwort eines „Commercial Direktors“ erhalten, dass man mit Reduktion im Buchangebot (auf etwa 60-70 Prozent Buchanteil) mehr Kompetenz gewinnen will! 

Also: Mehr Plüsch = Mehr Kompetenz im Buch. 
Und da habe ich mir gesagt, den Blödsinn machst Du besser nicht mehr mit.

Es wird argumentiert: Das sind wirtschaftliche Überlegungen. Überlegungen oder Unterlegungen? Überlegung hat etwas mit überlegen sein zu tun.

Früher war unsere Buchhandelslandschaft geprägt durch Unternehmertum, kantige Platzhirsche mit Visionen. Mit der Verkettung oder Konzentration im Markt haben die Manager übernommen, die Bachelor und die Master (in den USA nennt man sie auch „the Suits – die Anzüge“).

Und je mehr die Buchbranche schwächelt, sich unterlegen gibt, unterlegen diese Managements die Unterlegenheit des Buches. Am Ende siegt die „self-fulfilling Prophecy“. Schließlich wurde die Unterlegenheit des Buches ja schon im Vorfeld sauber unterlegt, der stationäre Innenstadtbuchhandel ist bald ganz tot.

Die Seuche kommt aus den Hochschulen. Ein Virus verbreitet sich aus theoretischem Halbwissen und „Economical Correctness“ bei gleichzeitiger vollständiger Ignoranz der Praxis und des Kunden.

Erste Symptome dieser gefährlichen Krankheit wirken harmlos. Schlagworte wie eben Kompetenz etc. treten vermehrt auf. Es folgen Strategie-Meetings mit Power Point-Expertisen, der Patient kann sich auf einmal nur noch im Querformat äußern. Umsatz und Ergebnis weichen marktopportunen Benchmarks. In der Medizin spricht man von Tumor-Markern. Buchbestand wird zum obszönen Wort. Der Patient verweigert sich der Tatsache, dass Bücher letztendlich der Treibstoff für den Umsatz sind. In seinem Wahn kostet Lager Geld. Man stelle sich vor, eine Buchhandlung mit 50 Titeln pro m² würde eine höhere Miete zahlen als eine Buchhandlung mit fünf Titeln pro m²! Irgendwann beginnt der Hungerstreik. Der Patient verweigert die Aufnahme von Nahrung, von Büchern. In der Spätphase übernimmt eine Armada von körperschaftseigenen Abwehrkräften (ich meine die Buying Committees, Space Manager oder eben Commercial Direktoren) die systematisierte Ablehnung von Buchbestand. Am Ende werden dann kalorienreiche Bücher durch kalorienarme Nonbooks ersetzt. Man könnte von einer Buchlemie sprechen. Die Buchkäufer wenden sich von den geschundenen, abgemagerten Körpern ab und erfreuen sich den üppigen Vollsortimentsformen z.B. bei Amazon. Dort gibt es viel Auswahl und deshalb viele Kunden. Der Patient deliriert nun völlig. Nicht das fehlende Buch, also das ausgehungerte Sortiment ist schuld, sondern das Buch an sich. Die Letalität ist hoch. Der Leichnam wird beerdigt. Die Buchfläche ist für immer verloren. Eine Schocktherapie ist der vollkommene Entzug der Nahrung durch den behandelnden Verlag. Meine Botschaft ist deshalb: Wenn Ihr keine Bücher braucht, orientieren wir uns als Verlag anders, und das kommunizieren wir auch.

Diejenigen Ketten werden vom Markt verschwinden, die ihr Unternehmertum und buchhändlerisches Know-how durch blinden universitären Managementfirlefanz ersetzen. Uns Verlagen fehlen deshalb die Flächen; dazu leiden auch wir an der Wirkung der negativen Schlagzeilen über den Buchhandel, die aber nur die Großen meinen. - THALIA hat auf zentrales Management gesetzt, bei gleichzeitiger Ausdünnung der buchhändlerischen Beratung in den Filialen.

Der Artikel „Haus der traurigen Bücher“ auf Spiegel Online ging auch in diese Richtung.
Dieser Artikel erschien ein paar Tage nach meiner, sagen wir mal, Absage an THALIA.
Wenn wir heute ein DIN-A4-Notizbuch mit Linien mit 192 Seiten produzieren für einen LVK von 12,95 Euro, sagt das Management in den Zentralen: Das ist günstig. Hat das Buch aber Inhalt und kostet 7,95 Euro ist es zu teuer. Sorry, aber das ist idiotisch: der (Ketten-) Buchhandel verramscht die Ware Buch. - Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich: der größte Feind des Managers ist der unternehmerische Geist, und umgekehrt.

Der größte Feind des Buches ist das Management.

Fremdgeld zu bekommen, ohne den Management-Irrsinn hereinzulassen, scheint derzeit unrealistisch. Also müssen Verlage und Buchhändler nach Alternativen suchen, wie sie ohne die „Suits“ auskommen.
Wie sollte es funktionieren? Und wie funktioniert es nicht?
Die DOUGLAS-Inhaber sind doch eigentlich Profis des Einzelhandels. Schokolade geht mit 1.000 Produkten, Parfum geht mit vielleicht 2.000 Produkten. Bücher brauchen mindestens 200.000 Produkte. Allein bei Amazon bewegen sich etwa 200.000 Produkte mindestens einmal am Tag.

THALIA könnte Markt zurückgewinnen bei Vervierfachung des Artikelangebots, Verdreifachung des buchhändlerischen Know-hows in den Filialen, Verdoppelung des Bestandes und Halbierung des Zentralmanagements.

Ob THALIA diesen Rat befolgen wird? - Wahrscheinlich nicht. Das Problem für THALIA könnte aber teuer werden: Bei aufzulösenden Buchhandlungen kann es richtig teuer werden.

Vielleicht ist es am besten, wenn THALIA die Filialen verschenkt, vielleicht mit etwas Bestand und einer gewissen Mietfrei-Zusage der Vermieter. Hoffentlich gibt es die unternehmerischen Buchhändler dann noch, die das Präsent annehmen. Dem Buchhandel und der Innenstadt könnte es gut tun. 


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UND HIER EIN LESER-KOMMENTAR:

Das ist ja so wahr, jedes einzelne Wort, und endlich bringt es einer mal ohne Zaudern und ohne Bückling vor den Zahlenknechten in HAGEN zum Ausdruck: THALIA hat den Buchhandel zerstört.
Jetzt ist es an der Zeit, dass ihr verschwindet, am besten schließt ihr jede Woche einen eurer glattgeleckten, toten Läden und es gibt wieder Fläche für interessantere Angebote.

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5 Kommentare:

  1. Ich wiederhole mich gerne: Hat irgendeiner von Euch Helden sich überlegt, dass diese öffentliche Diskussion am Ende uns als Mitarbeiter treffen wird? Super Arbeit der Gewerkschaft und der Betriebsräte. Da brauchen wir uns nicht zu wundern wenn wir bei Hugendubel mit dem STV nicht weiter kommen!!!!

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  2. Ich finde: eine sehr gute Idee von Herrn Könemann. Die Läden an die Buchhändler geben, das wär's: Denn wir machen was draus, da bin ich mir sicher. Das wir um ein Vielfaches besser, kompetenter, attraktiver, gewinnbringender als jetzt. Jede Wette!

    Dann hätte sich übrigens auch der STV erübrigt: Dann gibt's keine Schließungen und Rückzug, sondern Aufschwung und Zukunft!

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  3. Wären die übernehmenden Kollegen dann die selben, die hier im Blog gerade ständig pöbeln und das Unternehmertum anprangern? Na dann gute Nacht!

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  4. Das ist doch mal eine gute Idee. Ich bin einmal gespannt, wie viele Buchhändler sich hinsetzen, einen Business Plan erstellen, eine Bewertung des Geschäftes machen und dann einen angemessenen Kaufpreis an die bisherigen Eigentümer zahlen. Wenn es denn nur Aufschwung und Zukunft gibt, muss das ja etwas wert sein!

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  5. Spätestens wenn es sich um Filialen handelt, die gross genug für einen Betriebsrat sind, würden sich die meisten das nochm gut überlegen.

    Ganz ehrlich: was soll der ganze quatsch eigentlich? Wieso soll irgndwer irgendwem irgendwas verschenken?

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