TikTok-Beschäftigte setzen Betriebsratswahlen durch
Mitarbeitende von TikTok haben am 11. Juli 2022 mit der Hilfe von ver.di erfolgreich die erste Versammlung zur Wahl eines Betriebsrats am Standort Berlin durchgeführt. Der Social-MediaKonzern TikTok gehört zum chinesischen Mutterkonzern ByteDance und hat mehr als 10 000 Mitarbeitende weltweit. Allein in Berlin beschäftigt der Konzern über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
102 Beschäftigte unter ihnen beteiligten sich jetzt an der Wahl eines Wahlvorstands, die in der ver.di-Bundeszentrale in Berlin stattfand. „Damit ist der Weg frei für Betriebsratswahlen bei TikTok in Berlin. Der nun gewählte Wahlvorstand wird die Wahlen bereits in den kommenden Wochen einläuten“, kündigte der zuständige ver.di-Gewerkschaftssekretär Hikmat El-Hammouri unmittelbar nach der erfolgreichen Wahl an.
Der Social-Media-Riese mit den kurzen Videos steht wegen schlechter Bezahlung und stark belastenden Arbeitsbedingungen weltweit in der Kritik.
Eine zuvor digital durchgeführte Wahlvorstandsgründung war am rechtlichen Widerstand des Arbeitgebers gescheitert. Im zweiten Anlauf Bereits vor 18 Monaten, mitten in der Pandemie, wurde ein erster Versuch unternommen, eine Versammlung zur Betriebsratsgründung abzuhalten. Weil das Betriebsverfassungsgesetz jedoch vorsieht, dass dies nur in Präsenz möglich ist, wurde das digital abgehaltene Treffen im März 2021 nicht als Versammlung zur Wahl des Wahlvorstandes anerkannt.
TikTok zog vor Gericht, und auch in zweiter Instanz hat das Landesarbeitsgericht die digitale Versammlung für ungültig erklärt. Die Initiativgruppe bat daher ver.di um Unterstützung, um einen zweiten, rechtssicheren Anlauf zur Betriebsratsgründung durchzuführen.
An diesem besonderen Fall zeige sich erneut die Bedeutung von Gewerkschaften, so El-Hammouri: „Bei TikTok handelt es sich um einen riesigen Social-Media-Konzern mit einer stetig wachsenden Zahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es ist uns durch die Einladungsinitiative gelungen, den Start für die Wahl eines Betriebsrates einzuläuten.
Der erste gescheiterte Versuch, einen Betriebsrat zu gründen, bei dem ver.di nicht involviert war, zeigt, dass es wichtig ist, von Anfang an mit den Profis der Gewerkschaften zu arbeiten.”
Die Beschäftigten in Berlin beklagen vor allem den hohen Leistungsdruck, mangelnde Diversität in der Führungsebene und Probleme wie Micromanaging. Der neu gewählte, dreiköpfige Wahlvorstand wird nun in den nächsten Wochen die Betriebsratswahlen einleiten und durchführen.
Sean Krusch, einer der drei neu gewählten Wahlvorstände, sieht eine klare Notwendigkeit für einen Betriebsrat: „Die Mitarbeitenden brauchen ein Sprachrohr. Der Betriebsrat kann auf dem direkten Weg mit dem oberen Management in einen Dialog treten und dafür Sorge tragen, dass die Belange der Mitarbeitenden gehört werden und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden.”
Alexander Acht kommt aus dem Bereich Operations und ist unter anderem für die Identifizierung und Umsetzung möglicher neuer Inhalte für die Plattform verantwortlich. Er wurde ebenfalls in den Wahlvorstand gewählt und zeigt sich zufrieden angesichts der großen Wahlbeteiligung und der Unterstützung vieler Kolleg*innen.
Er arbeitet
seit zwei Jahren bei TikTok in Berlin und hat sich auch aus Solidarität
mit seinen Kolleginnen engagiert: „Wir haben so gut wie keine weiblichen
Führungskräfte, wir beobachten sexistischen Umgang mit Kolleginnen, und
der Leistungsdruck ist enorm. Ich beobachte auch, dass ständige
Kontrollen einzelner Arbeitsschritte und permanentes Micromanaging zu
einem echten Problem werden. Es ist höchste Zeit, dass sich hier etwas
verändert.”
Für alle Beteiligten bleibt es spannend, nicht nur weil ein Betriebsrat
bei TikTok wichtige Innovationen für die Mitarbeitenden anschieben kann,
sondern auch weil TikTok als Leuchtturm für die Wahl eines Betriebsrats
in vergleichbaren Social-Media-Konzernen wie Facebook und Co. fungieren
kann.
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