Freitag, 27. Mai 2022

Zukunft der Innenstädte

  ver.di-Positionspapier zur Revitalisierung der Innenstädte

 Logos – ver.di

 

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert, die Zukunft der in der Corona-Pandemie unter verstärkten Druck geratenen Innenstädte durch umfangreiche Maßnahmen nachhaltig zu sichern. „Die Krise ist auch eine Chance, künftig einen besseren Entwicklungspfad einzuschlagen: Unsere Städte und Gemeinden müssen stärker gemeinwohlorientiert entwickelt werden“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Die Corona-Pandemie hat zu starken Umsatzeinbußen im stationären Handel, bei Dienstleistern und Kulturschaffenden geführt. 

Jetzt gelte es, den öffentlichen Raum in den Innenstädten als Ort der Begegnung aufzuwerten sowie Klimaschutz und Klimaanpassung voranzutreiben; dadurch werde die Aufenthaltsqualität und die Nahversorgung verbessert. „Bund und Länder müssen die Städte und Gemeinden auf diesem Weg konsequent unterstützen.“ Dazu sei ein Bündel aus tarifpolitischen, finanzpolitischen, verkehrspolitischen, wohnungspolitischen und kulturpolitischen Maßnahmen notwendig.

Dem unfairen Wettbewerb im Einzel- und Versandhandel müsse unter anderem durch allgemeinverbindliche Tarifverträge, durch die Ersetzung von Minijobs durch reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse sowie durch die Vorort-Besteuerung großer Online-Händler begegnet werden, so Werneke.

„Wir brauchen ein Förderprogramm für Innenstädte; dafür sollten jährlich 500 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren zur Verfügung gestellt werden“, sagte Werneke. Zudem müssten die krisenbedingten Steuerausfälle der Kommunen auch in diesem und im nächsten Jahr durch einen Rettungsschirm des Bundes ausgeglichen werden. Damit auch strukturell benachteiligte Kommunen lebenswert bleiben, sei ein Programm zur Altschuldentilgung notwendig.

Die Beförderungskapazität des ÖPNV, der deutlich günstiger und perspektivisch kostenfrei werden sollte, müsse bis 2030 verdoppelt werden, so Werneke. „Das erfordert mehr gut bezahltes und qualifiziertes Personal.“ In der Wohnungspolitik müssten die Städte den starken Anstieg der Mieten durch Mietenbremse und Mietendeckel begrenzen und für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen, etwa durch kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau.

„Die Kultur- und Kreativwirtschaft war - wie keine andere Branche sonst - so früh, so umfassend und so lange von den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie betroffen; Kulturschaffende gehören zu den Berufsgruppen, die am stärksten mit wegbrechenden Erwerbsmöglichkeiten umgehen mussten“, sagte Werneke. Nach der Pandemie müssten die Förderprogramme für die Kultur- und Kreativbranche fortgesetzt werden. „Vielfältige Kulturlandschaften sind von zentraler Bedeutung für lebendige und zukunftsfähige Innenstädte.“

 

 ver.di-Positionspapier zu den Innenstädten 

PDF-Broschüre Zukunft Handel - Für eine lebenswerte (Innen-) Stadt 

 

9 Kommentare:

  1. Komisch! Das mit dem "Ort der Begegnung" sagt Fr. Hugendubel über ihre Filialen auch immer! Scheint gerade hipp zu sein! Da stellen sich mir mehrere Fragen: Haben die denselben Redenschreiber? Wer soll wem begegnen, warum und wozu?? Frau Hugendubel Herrn Wernecke? - und was machen die dann?

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  2. Wer das Glück hat, früh genug geboren worden zu sein, kann sich vielleicht noch erinnern, dass es mal eine Zeit gab, in der in unserem Land ganz öffentlich über die Ausweitung betrieblichen Mitbestimmung auf wirtschaftliche Entscheidungen debattiert und gestritten wurde - leider vergebens! Heute gefällt sich schon fast als Revolutionär*in, wer "ein Bündel aus tarifpolitischen, finanzpolitischen, verkehrspolitischen, wohnungspolitischen und kulturpolitischen Maßnahmen" verlangt. Wir können und dürfen aber ein kaputtes System, das immer noch den Geist des Neoliberalismus atmet, durch solche "nice-to-have"-Transfermaßnahmen auf Dauer nicht erhalten. Ich würde mir daher wünschen, dass meine Gewerkschaft ein wenig weiter reichende soziale und politische Forderungen stellt.

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  3. Die Zeit, auf die Du referierst war wahrscheinlich kurz nach dem Sturz der Monarchie.
    Die Menschen heute fordern in allererster Linie für sich selbst und ihre Kinder, nur in sehr abgeschwächter Form für irgendjemand anderes. Ansonsten ist Meckern angesagt, am besten in Verbindung mit Nichtwählen und sich hinterher dafür eine obskure Begründung zurechtlegen, die in irgendwas mit "bringt ja doch nichts" kulminiert.
    Revolutionäre Menschen sind eine aussterbende Gattung.

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    1. Witzbold! So ein Methusalem, dass ich den Sturz der Monarchie miterlebt hätte, bin ich gottseidank nicht. Und wenn ich an den Wittelsbacher Ausgleichsfonds denke oder durch München gehe und vergleiche, was an die Kurfürsten oder Könige und was an die Revolution erinnert, frage ich mich, ob wir sie wirklich schon abgeschafft haben. Aber das ist ein anderes Thema! - Ich dachte eigentlich nur an den (zeitlich, politisch und gesellschaftlich etwas näher liegenden) Streit um die Ausweitung der paritätischen Mitbestimmung! Der war während meiner Kindheit bei den großen Leuten tatsächlich noch Thema. Wer heute so laut wie die damals darüber nach denken würde, hätte garantiert sofort seinen Stempel als Staatsfeind, Extremist, Altkommunist und Demokratiegegner weg. Stattdessen leben wir in einer Zeit, in der Profite von Ölkonzernen unter einem SPD-Kanzler indirekt mit Steuergeldern finanziert werden - und offenbar jede*r das normal findet.
      Das wird sich irgendwann ändern, weil es sich ändern muss. Und ich glaube nicht, dass revolutionäre Menschen eine Gattung sind, die ausstirbt. Sie sind überhaupt keine Gattung, sondern sie leiden nur und sehen keinen anderen Ausweg, als zu kämpfen. Deshalb ist es so schade, dass wir es sehr wahrscheinlich auch diesmal nicht schaffen, uns das Leid, das Revolutionen vorauszugehen pflegt, zu ersparen.

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    2. Erschreckend, welches unpolitisch-privatistische Weltbild da bei Anonym 17:49 zum Vorschein kommt: "Menschen heute fordern in allererster Linie für sich selbst und ihre Kinder." Das entspricht nicht mal der Zeit nach dem Sturz der Monarchie, sondern ist eher tiefstes Biedermeier.

      Und eine derartige unpolitische Haltung ist natürlich nicht nur grundfalsch, sondern sie ist, ob sie das will oder nicht, eminent politisch, das wußte schon Max Frisch: " Wer sich nicht Politik befaßt, hat die politische Parteinahme, die er sich sparen möchte, bereits vollzogen:
      er dient der herrschenden Partei."

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    3. Moin Roux!
      Köpf nicht den Überbringer der Nachricht!
      Das geschilderte privatistische Weltbild ist sicherlich grundfalsch. Ob es Biedemeier ist oder eher Bronzezeit, mögen heller Köpfe entscheiden. Es ist ganz offensichtlich sehr weit verbreitet. Schlage eine beliebige Zeitung zu einem gesellschaftlichen Thema auf und Du wirst die Anzeichen sehen. Politik für andere ist anstrengend, deswegen möchte es kaum jemand betreiben.
      Die einzige Bereitschaft zur Revolution und zum "Kämpfen" sehe ich beim extremistischen Flügel der AFD und rechts davon. Und diese Art von Revolution war wohl kaum gemeint!
      Also was tun, außer jammern?

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    4. Ich glaube zwar nicht, Anonym 16:50, dass du Beschäftigter bei Hugendubel bist, sondern halt ein Zaungast, der gern seine Koimmentare hier verbreitet, ist auch egal - aber falls doch, dann kann ich Dir genauso sagen, was du ausser jammern tun kannst: Bei der Betriebsratswahl antreten, eine konsequente Politik für die Interessen der Beschäftigten machen, sich gewerkschaftlich organisieren und sich nicht vor Arbeitskämpfen herumdrücken. DAS kannst Du tun. Dann auch kommt aus was raus dabei, wie z.B. die 4,9 %, die die Kolleg*innen in München erkämpft haben. Aber da so etwas nicht mal ansatzweise in deiner Denke auftaucht, komme ich wieder zu meiner Ausgangsthese vom schwadronierenden Zaungast zurück.

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  4. Liebe Mehlschwitze, wenn der Anonym Sonntag, 5. Juni 2022 um 16:50:00 MESZ sagt: "Köpf nicht den Überbringer der Nachricht!" - dann zeigt dies, dass er* Anonym Montag, 30. Mai 2022 um 17:49:00 MESZ vermutlich genauer gelesen und besser verstanden hat als du. Dessen* Satz: "Die Menschen heute fordern in allererster Linie für sich selbst und ihre Kinder, nur in sehr abgeschwächter Form für irgendjemand anderes." - der verrät nämlich gar keine Einstellung, sondern ist eine Feststellung. Das erschreckend "unpolitisch-privatistische Weltbild" muss also nicht zwangsläufig sein* eigenes sein, sondern ist sehr wahrscheinlich eins, das er ablehnt. Denn was da über über Meckerer, Nichtwähler und aussterbende Revolutionäre steht, klingt eher nach Klage als nach Handlungsanweisung. Und wenn Anonym Sonntag, 5. Juni 2022 um 16:50:00 MESZ dazu feststellt: "Es ist ganz offensichtlich sehr weit verbreitet. Schlage eine beliebige Zeitung zu einem gesellschaftlichen Thema auf und Du wirst die Anzeichen sehen." - dann will er eine Erklärung dafür liefern, warum die Leute dieses , wie er sagt, grundfalsche Weltbild haben. Und ich finde diese Erklärung nicht schlecht - auch die Bücher von Noam Chomsky sind voll übrigens davon. Solange unsere Medien es schaffen, uns mit Konsum, Unterhaltung, Sport, Skandalgeschichten, Affären irgendwelcher Promis etc., etc. von den Themen abzulenken, auf die es im Augenblick wirklich ankäme, wird nichts besser. Das beste Beispiel ist doch, dass wir seit Jahrzehnten auf die Klimakatastrophe zusteuern. Aber war in den Fernsehnachrichten oder Tageszeitungen je soviel von FFF die Rede, wie von irgendwelchen Fußballturnieren und Fußballstars oder davon, ob und für wieviel Geld sie ihre Vereine wechseln? Ich glaube, wenn das je geschehen sollte, dann wäre die Welt schon so gut wie gerettet!

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    1. Danke, Abu Ali bin Sina,
      ich hätte es nicht besser klarstellen können. Mir fehlte einfach die Zeit, es selbst zu tun und hätte mich im übrigen nur über die Formulierung des schwadronierenden Zaungastes aufgeregt, was der Diskussion nicht förderlich gewesen wäre.
      Als Gegenzug gelobe ich, mir zeitnah einen prägnanten Namen zu überlegen, damit das mit dem "Anonym hier" und "Anonym da" ein Ende hat!

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