Mittwoch, 11. September 2024

Herr Hugendubel, was halten Sie vom Bundestariftreuegesetz?

 Auf dem Weg: Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen des Bundes


Bundesarbeitsminister Heil hat am 9.9.2024 im Rahmen eines Interviews darüber informiert, dass sein Haus den Gesetzentwurf für die Einführung eines Bundestariftreuegesetzes bei öffentlichen Aufträgen in die Ressortabstimmung gegeben hat. Öffentliche Aufträge auf Bundesebene sollen künftig nur noch an Betriebe vergeben werden, die sich an die Tarifverträge ihrer Branche halten. Zuletzt hatte die Bundesregierung im Rahmen ihres Wachstumspakets vom 5.7.2024 eine entsprechende Initiative angekündigt.

Bereits der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht vor, dass die Tarifautonomie, die Tarifpartner und die Tarifbindung gestärkt werden soll, damit faire Löhne in Deutschland bezahlt werden. Zur Stärkung der Tarifbindung soll die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche gebunden werden, wobei die Vergabe auf einer einfachen, unbürokratischen Erklärung beruhen soll.

Im Dezember 2022 fand zu diesem Projekt eine Konsultationsphase, die sich an Organisationen, Unternehmen und Verbände sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger richtete, statt. Bei der Einleitung der Konsultation wiesen das federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundeswirtschaftsministerium auf folgende Hintergründe hin:

Die Landesvergabegesetze einiger Bundesländer machten die Vergabe eines öffentlichen Auftrages bereits von der Einhaltung der einschlägigen tarifvertraglichen Standards abhängig. Für die Vergaben des Bundes gebe es bislang keine entsprechenden Vorgaben. Mit der Bundestariftreueregelung wolle künftig auch der Bund bei der Vergabe seiner öffentlichen Aufträge eine Vorbildrolle einnehmen. Durch die Bindung an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrags soll sichergestellt werden, dass für tarifgebundene und tarifungebundene Unternehmen bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags vergleichbare Wettbewerbsbedingungen gelten.

Die Rückläufe zu Konsultation waren – wenig überraschend – sehr heterogen und teils auch gegenläufig. Während die Wirtschafts- und Unternehmensverbände vor der zusätzlichen Bürokratie und einem staatlichen Eingriff in die Tarifautonomie warnten, befürworteten Gewerkschaften und Sozialverbände eine Bundestariftreueregelung als einen Beitrag zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping sowie allgemein zur Stärkung der Geltungskraft von Tarifverträgen.

Auch innerhalb der Bundesregierung gab es intensiven Diskussionsbedarf, was sich letztlich daran zeigte, dass die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs immer wieder verschoben wurde.

Nach dem jetzt in die Ressortabstimmung gegebenen Gesetzentwurf sollen nur noch Unternehmen Aufträge und Konzessionen vom Bund erhalten, die sich verbindlich an die Bedingungen eines in der Branche repräsentativen Tarifvertrags halten. Dies soll auch für eingesetzte Nachunternehmen und Unternehmen, die Arbeitnehmer verleihen, gelten.

Die Einhaltung der Tarifvertragsbedingungen soll von den Auftraggebern des Bundes kontrolliert werden. Dabei sollen sie durch eine neu einzurichtende Prüfstelle Bundestariftreue unterstützt werden. Verstöße gegen die Tariftreueregelung sollen – analog zu bereits bestehenden Landesregelungen – zivilrechtlich durch Vertragsstrafen und außerordentliche Kündigung sanktioniert werden können. Darüber hinaus sollen Verstöße zum Ausschluss von künftigen Vergabeverfahren führen.

Zudem ist vorgesehen, dass die Auftragnehmer für die Einhaltung der Tariftreueregelung auch bei Nachunternehmen und den Verleihern von Arbeitnehmern haften sollen. Diese Vorgabe wäre der Regelung in § 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes nachgebildet.

Nun wird es darauf ankommen, wie zügig der Gesetzentwurf innerhalb der Bundesregierung beraten wird. Die obligatorisch durchzuführende Verbändeanhörung wird sicherlich kontrovers verlaufen, während die ebenfalls verbindliche Länderanhörung vermutlich wenig Einfluss auf das Gesetz haben wird, da das Gesetz nach Einschätzung des Verfassers nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf (es geht ausschließlich um Aufträge des Bundes). Gespannt darf man sein, wie sich die Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag zu dem Gesetzentwurf stellen. FDP-Vertreter wiesen bereits darauf hin, dass das Tariftreuegesetz keinesfalls zu einer Bürokratiebelastung für den Mittelstand werden dürfe.

 

Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

 

 

 

 

 

5 Kommentare:

  1. In Berlin gibt es auf Landesebene das Tariftreuegesetz für öffentliche Aufträge bereits seit dem 1. Januar 2022. Hugendubel beliefert in Berlin über 80 öffentliche Bibliotheken, bezahlt aber wesentliche Elemente des in Berlin gültigen Tarifvertrages nicht. Das ist ein Verstoß gegen das Tariftreuegesetz. Hier wäre es die Aufgabe der Berliner Mitglieder Hugendubel-GBA bzw. des GBR und insbesondere des GBR-Vorsitzenden zusammen mit dem dortigen Gewerkschaftssekretär die Initiative zu ergreifen.

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    1. Wenn es ein so klarer Verstoß gegen ein Gesetz ist, wäre es dann nicht Aufgabe der entsprechenden Behörden, Konsequenzen zu ziehen. Also Aufträge entziehen oder Ermittlungen einleiten zu lassen? Oder ist Berlin auch der Gesetzesverstoß sexy?

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    2. Wo kein Kläger, da kein Richter. Die zuständige Politik und deren Behörden interessieren sich vermutlich nur für das billigste Angebot. Bevor Hugendubel den Bibliotheksjob zugesprochen bekommen hat, haben diese Tätigkeit eigene Bibliothekare gemacht. Die waren dem Senat wohl zu teuer. Fachkompetenz war anscheinend nicht relevant.

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  2. Warum spricht eigentlich nie jemand über Frau Hugendubel?

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    1. Gute Frage. Vielleicht liegt es daran, daß sich zu Fragen zu Tarif und Gehalt fast ausschließlich Herr Hugendubel äußert. So z.B. bei der letzten Townhall-Verkündigung. Aber Du hast Recht: beide sind verantwortlich.

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