Mittwoch, 8. Mai 2024

Antwort der Tarifkommission an den Arbeitgeberverband

 

 

Sehr geehrter Herr Mühldorfer, 

 Sie haben uns mit Ihrem Schreiben, eingegangen am 22. April, aufgefordert wieder in Tarifverhandlungen mit Ihnen einzutreten. Unsere Tarifkommission hat sich heute ausführlich mit der Situation in unserer Branche, den Verlauf der Tarifverhandlungen und Ihrem Anliegen beschäftigt.

 Im Auftrag der Tarifkommission möchte ich Ihnen deshalb folgende Antwort geben. Zunächst sind wir ziemlich irritiert darüber, dass wir Ihnen am 12. März sehr ausführlich unsere Sichtweise auf die Situation der Beschäftigten, den bisherigen Verlauf der Tarifverhandlungen und die wesentlichen Fakten, welche einen Tarifabschluss unter den von Ihnen gezeichneten Eckpunkten nicht möglich machen, sie aber mit keinen Wort darauf eingehen und lediglich die Fortsetzung der Tarifverhandlungen fordern.

 Deshalb wollen wir die wesentlichen Punkte, welche uns dortmals zu der Entscheidung geführt haben, hier ausdrücklich wiederholen.

 Seit 2017 haben die Beschäftigten im bayerischen Buchhandel und bei den Verlagen, vor allem durch den Tarifstillstand, über 16 % Reallohnverluste hinnehmen müssen, trotz der Tariferhöhungen in 2022. Damit rangieren die Einkommen im untersten Drittel der Berufe in Deutschland.

 Einkommensunterschiede von 200 € bei vergleichbarer Tätigkeit sind das Ergebnis. Als nicht akzeptabel halten wir den Umstand, dass eine Beschäftigte mit dreijähriger kaufmännischer Ausbildung im Endgehalt 500 € im Monat im Buchhandel und bei den Verlagen weniger verdient als in anderen Bundesländern bzw. nach dem Tarifvertrag im Einzelhandel. Auch nach Ihrem ultimativen Angebot für einen Abschluss sollen diese Beschäftigte selbst nach den Gehaltserhöhungen im Jahr 2025 lediglich 2.554 € brutto bekommen. Aus unserer Sicht ist damit ein Leben in München, Nürnberg, Augsburg mit exorbitanten Mieten finanzieren zu können, für die Zukunft vorsorgen, Rücklagen für Risiken oder dringend notwendigen Anschaffungen bilden etc. nicht möglich. Allein deswegen werden wir diese Einkommen auch nicht in einem Tarifvertrag festschreiben.

In Ihrem letzten ultimativen Angebot von knapp über 9 % über zwei Jahre Laufzeit bleiben Sie deutlich unter den Angeboten der vergleichbaren Branchen und muten damit den Beschäftigten erneut Reallohnverluste zu. Dabei bedeutet die Ausgestaltung des Angebots eine weitere Zumutung. Denn in der Summe ergibt sich über die zwei Jahre Laufzeit ein Unterschied von 1.600 bis 2.400 € zu den Angeboten der vergleichbaren Branchen in 2023 bis 2025. Und das zusätzlich zu den bereits bestehenden Gehaltsunterschieden von 200 bis 500 € im Monat.

 Im Ergebnis verhindern diese Fakten einen Tarifabschluss: Wir werden den dramatischen Einkommensunterschied von 1.600 bis 2.400 € in den nächsten zwei Jahren im Vergleich zu anderen Bundesländern und vergleichbaren Branchen nicht zementierten.

Mit einem Abschluss in dieser Höhe kommen wir im Kampf gegen das dramatische Risiko der Altersarmut nicht voran. Selbst armutsfeste Einkommen wären mit den angebotenen Tarifeinkommen nicht gewährleistet.

Wenn sich an Ihrer Haltung nichts geändert hat, sehen wir weiterhin keine Möglichkeit für einen Tarifabschluss mit den von Ihnen dargestellten Eckpunkten. Den bisher völlig unbefriedigenden Verlauf einfach fortzusetzen, macht aus unserer Sicht keinen Sinn. Wenn sich an Ihrer Haltung und Sichtweise auf unsere Argumentation etwas Grundlegendes verändert hat, bitten wir um kurze Mitteilung.

 

Herzliche Grüße

Hubert Thiermeyer

ver.di Bayern

Fachbereich Handel

Neumarkter Str. 22

81673 München

 

2 Kommentare:

  1. Sehr gut und völlig korrekt!!! Wie lange glauben die Arbeitgeber eigentlich noch uns verarschen zu können? Der Gipfel des Ganzen ist allerdings, daß die Arbeitnehmerseite den Schwarzen Peter zugeschoben bekommt. Hier werden Opfer zu Tätern gemacht. Liebe Arbeitgeber, kommt mal aus Euren Elfenbeintürmen zurück in die Realität...!!!

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  2. Da es unter den KollegInnen nach Beendigung der Tarifverhandlungen eine gewisse Unklarheit über den `Stand der Dinge´ gibt und verschiedene Versionen hierzu im Umlauf sind ( verbunden mit einer Diskussion hinsichtlich der Sinnhaftigkeit von weiteren Streiks ), würde ich die Inhalte des obigen Schreibens zusammen mit Euerem Standpunkt für ein weiteres Vorgehen via Flugblatt oder Gesprächen in den Filialen veröffentlichen. Wäre toll, liebe Grüße!

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