Kirchen bekommen immer noch Staatsgelder für die Säkularisation von 1803
Derzeit 540 Millionen Euro überweist der deutsche Staat der evangelischen und katholischen Kirche jährlich, ohne dass die Christen dafür irgendetwas tun müssten. Das Geld kommt aus Steuermitteln, das heißt: Auch wer nicht Kirchenmitglied ist, beteiligt sich an der Finanzierung.
„Die Zahl ist koscher,
die Zahl ist richtig, und es ist in der Tat so, dass diese Zahlen von Jahr zu
Jahr einer gewissen Progression unterliegen, sie steigen“, sagt der Theologe
Andreas Fincke, Leiter der Evangelischen Stadtakademie in Erfurt. „Wir haben im
Moment mehr als eine halbe Milliarde überschritten, die als Staatsleistungen an
beide Kirchen zusammen gehen. Dass seit der Gründung der Bundesrepublik
Deutschland etwa 20 Milliarden an die beiden Kirchen geflossen sind.“
Grund für den jährlichen Geldfluss: der Reichsdeputationshauptschluss von 1803, die staatliche Entschädigung für die an Frankreich verlorenen linksrheinischen Gebiete.
Die EKD will auf das Geld nicht verzichten
Brandenburg-Preußen etwa
war vor gut 200 Jahren einer der großen Gewinner. Das Land erhielt zum
Ausgleich für die an Napoleon verlorenen Gebiete fünf mal so viele
rechtsrheinische Flächen. Gebiete, die der Kirche weggenommen wurden. Und dafür
erhalten die Christen zum Ausgleich bis heute viel Geld, erklärt der Berliner
Konsistorialpräsident Jörg Antoine:
„Die evangelische Kirche
Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz bekommt insgesamt 21 Millionen Euro,
davon 7,7 vom Land Berlin, 11,5 vom Land Brandenburg und um die 2 Millionen von
dem Land Sachsen.“
Und das macht rund fünf Prozent des derzeitigen Haushaltes der Landeskirche aus. Prälat Martin Dutzmann, Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche (EKD) in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, hat den gesamtdeutschen Überblick. Der Staat überweist der Kirche Dotationen, auf die die EKD nicht verzichten möchte, auch wenn Kirchenkritiker etwa aus humanistisch-atheistischen Kreisen dies schon seit Jahren vehement fordern.
Dutzmann: „Also 2,2
Prozent am Gesamthaushalt, das sind ungefähr, 270 bis 280 Millionen Euro. Ich
weiß nicht, was das für ein Zeichen sein soll an das deutsche Volk, wenn wir
auf Ansprüche, die wir gegen den Staat haben, einfach so verzichten. Und 2,2
Prozent am Gesamthaushalt ist nicht wenig. Im Übrigen müssen Sie sehen, dass
das je nach Landeskirche sehr unterschiedlich ist. Zum Beispiel die
Evangelische Kirche in Mitteldeutschland hat einen viel, viel höheren Anteil
ihres Haushaltes, den sie aus Staatsleistungen decken muss als etwa die
Evangelische Kirche im Rheinland. Das muss man dann auch noch mal sehen.“
Die Regierungen haben
seit Weimar nicht gehandelt
Allerdings kann keiner
der befragten Kirchenvertreter genau beziffern, welche Reichtümer nun genau der
Kirche 1803 weggenommen wurden und wie viel diese heute noch wert sind. So
weit, so rechtens. Nur gibt es seit genau 100 Jahren den Auftrag, dass es mit
den Dotationen ein Ende haben soll. Genau steht das seit 1919 in der Weimarer
Reichsverfassung im Artikel 138, der so auch ins Grundgesetz übernommen wurde.
„Die auf Gesetz, Vertrag
oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die
Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die
Grundsätze hierfür stellt das Reich auf.“
Geschehen ist seitdem
nichts. Keine Bundesregierung hat sich daran gemacht, diesen sogenannten
Ablösebefehl zu erfüllen. Und die Kirchen? Die warten auf die politische
Initiative. Es müsste ein Angebot sein, mit dem die Kirchen zufrieden sein
könnten, meint der evangelische Konsistorialpräsident Jörg Antoine aus Berlin:
„Wir müssten als
Gegenwert das bekommen, womit wir die aktuell laufenden Zahlungen ersetzen
können. Das hängt davon ab, was man uns gibt. Gibt man uns Grundstücke? Gibt
man uns Aktien? Gibt man uns Geld? Dann kann man ja gucken, was daraus
finanziert werden kann.“
„Eine Fortführung des
Staatskirchentums“
Und so kann es bis in
alle Ewigkeit weitergehen mit den jährlichen Dotationen, solange kein
Bundesfinanzminister ein Ablöseverfahren vorschlägt. Der Politologe Carsten
Frerk kritisiert seit Jahrzehnten, dass alle Bürgerinnen und Bürger, egal ob
Kirchenmitglied, Muslim oder konfessionsfrei, mit ihren Steuern zum Beispiel
Gehälter mitfinanzieren.
„Die Zuschüsse zur
Pfarrerbesoldung und zu den Ruhegehältern ist eine Fortführung des
Staatskirchentums. Und das hat sich erhalten. Das hat skandalträchtige
Elemente.“
Seit 100 Jahren nun schon gilt der sogenannte Ablösebefehl in Deutschland. Und schon längst hätten die Kirchen genug Dotationen vom Staat erhalten, klagt Humanist Carsten Frerk:
„Die Bestimmungen von
1919 waren als Übergangslösung gedacht und alle Ansprüche, die die Kirchen noch
hatten, sind durch die bisherigen Zahlungen abgelöst. Das heißt, diese
Zahlungen sind zu beenden.“
Vertrag ist Vertrag
Auch der Erfurter
Theologe Andreas Fincke ist sich nicht sicher,
ob sich die Kirchen selbst damit einen Gefallen tun, wenn sie weiterhin auf die
ihnen zustehenden staatlichen Dotationen bestehen:
„Weil in der
öffentlichen Wahrnehmung schwer vermittelbar ist, dass wir eine mehr als 200
Jahre alte Regelung haben, nach der die Kirchen Geld bekommen. Dass Leute im
polemischen Diskurs immer die Augen verdrehen und sagen, die Kirchen kriegen
wohl nicht genug.“
Das aber sieht Prälat Martin Dutzmann ganz anders: Gesetz ist Gesetz, Vertrag ist Vertrag, – und gilt für alle, egal ob Kirchenmitglied oder Atheist und konfessionslos.
Er sagt: „Weil ich als
Atheist auch, wenn ich denn deutscher Staatsbürger bin, Teil dieser
Bundesrepublik Deutschland bin, die eine Rechtsverpflichtung gegenüber den
Kirchen hat. Damals sind der Kirche überwiegend Ländereien weggenommen worden,
aus deren Erträgen sie ihre Arbeit finanziert hat. Und für diese Erträge ist
eine Ersatzleistung, keine Entschädigung, eine Ersatzleistung vereinbart
worden. Und der Vertrag, der gilt und ist nicht deswegen hinfällig, weil er alt
ist.“
„Die
Öffentlichkeitsarbeit ist unglücklich“
Dem würde der
evangelische Theologe Andreas Fincke aber gerne noch etwas hinzufügen. Er
wünscht sich von seiner Kirche, dass sie in Sachen Dotationen mehr auf die
Kritiker zugeht und ehrlicher in Sachen Geld ist.
„Mir ist aufgefallen,
dass das Portal kirchenfinanzen.de, das ist ein Portal der Evangelischen Kirche
in Deutschland. Ist es eigentlich ein Zufall, dass alle Zahlen, die man dort
findet, erstaunlich veraltet sind? Man könnte ein Interesse vermuten, dieses
Thema flach zu halten. Wer aktuelle Zahlen zu dem Thema sucht, muss zu den
Kirchenkritikern gehen, und das wäre www.staatsleistungen.de. Da findet man die
aktuellen Zahlen. Diese Art der Öffentlichkeitsarbeit ist unglücklich, weil sie
den Eindruck verstärkt, die Kirchen würden hier mauscheln und hätten was zu
verstecken.“
Quelle:
www.dlf.de
www.hpd.de
Habe ich das richtig verstanden? Die Kirchen kassieren jedes Jahr mehr als eine halbe Milliarde wegen der Säkularisierung von 1803? Von Steuerzahlern, die überhaupt nicht in der Kirche sind? Und jetzt wollen sie eine quasi Abschlagszahlung für die nächsten 20 Jahre in Höhe von 11 Milliarden? Und das ganze, obwohl der Staat diese Zahlungen bereits seit der Weimarer Republik einstellen soll? Unglaublich!
AntwortenLöschenRaffgierig, unverschämt und moralisch total verkommen.
Man stelle sich nur mal folgendes vor: der ver.di-Bundesvorstand deckt jahrrzehntelang pädophile Gewerkschaftssekretäre, verbietet laut Satzung allen Frauen Führungspositionen, schnüffelt lesbischen Kindergärtnerinnen nach und feuert schwule Hausmeister, verbietet geschiedenen Chefärzten die Wiederverheiratung, lässt sich die Gehälter vom Bundesvorstand vom Staat bezahlen und die ver.di-Mitgliedsbeiträge vom Finanzamt eintreiben und kassiert wg. eines Ereignisses von 1803 jedes Jahr eine halbe Milliarde.
AntwortenLöschenEigentlich undenkbar, oder? Aus so einer Organisation würde ich sofort austreten und Millionen Mitglieder auch. Eine so verkommene Organisation könnte keine Sekunde länger existieren und würde sofort implodieren.
Mir ist es vollkommen unverständlich, wie man weiterhin in so einer menschenfeindlichen und unethischen Vereinigungen bleiben kann.