Mittwoch, 20. April 2022

Stark nur mit Gewerkschaften

 Über Betriebsräte

Gorillas: Kandidaten der Betriebsratswahl in den Mühlen der Justiz -  arbeitsunrecht in deutschland

Riders united will never be defeated: Gorillas-Beschäftigte erkämpfen Betriebsratswahlen  

(Foto: www.arbeitsunrecht.de)

Alle vier Jahre wählen Angestellte und Arbeiter in den Unternehmen dieses Landes ihre Interessenvertretungen. Bis Mai finden auch in diesem Jahr die Wahlen zu den Betriebsräten statt. Die Zahl ihrer Mitglieder bestimmt sich über die Größe der Belegschaft des jeweiligen Betriebs, wobei das sogenannte Minderheitengeschlecht proportional zu seiner Größe vertreten sein muss. Dass diese Vorschrift den »Gendergap« lange Zeit nicht schließen konnte, wird an Zahlen deutlich: Noch im Jahr 2000 waren nur etwa 24 Prozent der Betriebsratsmitglieder Frauen, während deren Anteil an den Beschäftigten insgesamt 43 Prozent ausmachte. Inzwischen entspricht die Repräsentanz in den Gremien weitgehend dem Beschäftigtenanteil.1

Die gesetzliche Grundlage der Arbeit der Betriebsräte ist das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) von 1972, das mehrmals geändert wurde und auf das Betriebsrätegesetz von 1920 zurückgeht. »Verfolgt man die Geschichte der gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitnehmer im Betrieb an den Texten der einander folgenden Gesetze, so kann man (…) den Eindruck gewinnen, fortschrittliche Positionen seien in Gesetzesform festgeschrieben und ständig verbessert worden«, schreibt der Arbeitsrechtler Michael Kittner, schränkt aber sogleich ein: »Jedoch nur im Zusammenhang mit der politischen, sozialen und ökonomischen Entwicklung können die Veränderungen des BetrVG und seiner Vorgänger verstanden und bewertet werden.«2 Wenn der Autor im folgenden die Entwicklung der deutschen Betriebsverfassung auch als eine Geschichte schwerer Niederlagen der Arbeiterbewegung beschreibt, weist er gleichzeitig auf die Ambivalenz dieses Gesetzes und vieler die Arbeitswelt normierender Verordnungen und Rechtsprechungen hin.3

Pendant zu den Gewerkschaften

Betriebsräte wurden 1920 als gesetzlich reguliertes Gegenmodell zur gewerkschaftlichen Vertretung aller Beschäftigten über Betriebsgrenzen hinweg geschaffen. Diese Entwicklung setzte sich trotz der Streiks und der Ablehnung des Betriebsverfassungsgesetzes durch die Gewerkschaften fort.⁴

Der maßgebliche Unterschied zwischen Gewerkschaften und Betriebsräten ist im BetrVG so formuliert: Betriebsräte »arbeiten vertrauensvoll (…) zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen«.⁵ Daher darf der Betriebsrat nicht zum Arbeitskampf aufrufen und ihn nicht als Mittel eines betrieblichen Konfliktes einsetzen. Im Konfliktfall entscheidet, sofern der Betriebsrat in der betreffenden Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht besitzt, eine paritätisch besetze »Einigungsstelle« mit einem »unparteiischen« Vorsitzenden (zumeist ein Arbeitsrichter) verbindlich. Jedenfalls sind, wie es an anderer Stelle im BetrVG (§ 74 Abs. 2 ) heißt, »Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (…) unzulässig«. Davon abgesehen könnte der Betriebsrat auch gar keinen Arbeitskampf veranlassen, da er über keine Streikkasse verfügt, und betriebsübergreifende Streiks wären so auch kaum möglich. Ein entscheidendes Druckmittel, die Unterbrechung der Mehrwertproduktion, steht ihm nicht zur Verfügung. Das heißt aber nicht, dass Betriebsratsangehörige in ihrer Funktion als Gewerkschaftsmitglieder und Beschäftigte nicht zu Arbeitskampfmaßnahmen aufrufen dürfen. Ganz im Gegenteil: Betriebsräte sind meist bekannt und »Autoritätspersonen«, die Arbeitskampfmaßnahmen unterstützen können.

Den Vorteil eines in seinen Mitteln eingeschränkten Betriebsrats würden Unternehmer und ihnen nahestehende Parteien gern gegen die Gewerkschaften ausweiten. So fordert zum Beispiel die FDP immer wieder die Abschaffung oder mindestens Einschränkung von Paragraph 77, Absatz 3 des BetrVG: »Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.« Diese Forderung unterstützen tatsächlich einige Betriebsräte, die sich davon mehr »Autonomie« versprechen. Dass sie dabei angesichts der gültigen Regelungen zu reinen Bittstellern würden, weil es ihnen an entsprechenden Druckmitteln mangelt, kommt ihnen so wenig in den Sinn wie die Notwendigkeit, gerade die Entgelt- und Arbeitszeitkonkurrenz der Beschäftigten über Betriebs- und Branchengrenzen auszuschalten. Aber immer wieder werden Betriebsräte angehalten, Betriebsvereinbarungen zu Entgeltfragen abzuschließen und einige, gerade in tarifvertragslosen Betrieben, tun dies auch. Diese Vereinbarungen sind allerdings nicht rechtssicher, können also nicht eingeklagt werden. Die Arbeit des Betriebsrats erweist sich im Konfliktfall mithin als umsonst.

Union Busting

Das BetrVG enthält zwar Einschränkungen, ist aber, was etwa die Einrichtung von Betriebsräten angeht, eindeutig (§ 1): Sie sind in Betrieben mit fünf Beschäftigten einzurichten. Nur wird dieser Grundsatz staatlicherseits nicht kontrolliert und negativ sanktioniert. Und so wurde die Be- und Verhinderung von Betriebsräten zum Geschäftsmodell so mancher Anwaltskanzlei und die existierende Straflosigkeit gerade von patriarchalisch eingestellten Firmeninhabern ausgenutzt. Kündigungen von »unliebsamen« Betriebsratsmitglieder, Wahlvorständen etc. (oder Aufhebungsangebote an selbige) sind Legion.⁶ Verstöße gegen das BetrVG gelten bei vielen immer noch als »Kavaliersdelikt«, auch wenn es sich um ein strafbewehrtes Gesetz handelt und solche Verhaltensweisen Grundrechte einschränken und verletzen. Das soll nun mit dem neuen »Betriebsrätemodernisierungsgesetz« geändert werden.

Die Be- und Verhinderung von Betriebsratsarbeit korrespondiert mit dem »Gewerkschaftslegen«, inzwischen »Union Busting«⁷ genannt, einer Praxis, die einer breiteren Öffentlichkeit zuletzt infolge des Konflikts beim Lieferdienst »Gorillas« bekannt wurde. Gleichzeitig geht die Tarifbindung – unter anderem aufgrund der Tricks der Arbeitgeberverbände, wegen Austritten, Konzentrationen, Zentralisierungen, Auslagerungen und der Zunahme untypischer, prekärer Beschäftigungsverhältnisse – zurück. Das statistische Bundesamt (Destatis) teilte in diesem Jahr mit, dass 2019 für rund 44 Prozent der Beschäftigten in Deutschland das Beschäftigungsverhältnis durch einen Tarifvertrag geregelt sei. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern. Im Westen galt ein Branchentarifvertrag für 46 Prozent, für sieben Prozent galten Firmentarifverträge. In den neuen Bundesländern arbeiteten 55 Prozent der Beschäftigten ohne Tarifvertrag. Insgesamt ist die Tarifbindung stark rückläufig, im Westen wie im Osten. 1998 galt noch für 76 Prozent der Beschäftigten im alten Bundesgebiet ein Tarifvertrag. Dabei gilt: Der Anteil der Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben steigt mit der Betriebsgröße.⁸

Immer mehr Aufgaben

Es existiert in Deutschland keine offizielle, abgesicherte Statistik, wieviele Betriebsratsgremien bzw. Mandatsträger es gibt. Zahlen müssen daher aus dem Betriebspanel des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit oder aus den jährlichen Betriebsratsbefragungen des Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Instituts des Deutschen Gewerkschaftsbundes in der Hans-Böckler-Stiftung abgeleitet werden.

Dabei gehen nicht nur die Tarifbindung und die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften zurück: »In West- und in Ostdeutschland haben neun bzw. zehn Prozent aller Betriebe einen Betriebsrat. 42 Prozent der Beschäftigten in Westdeutschland und 35 Prozent der Beschäftigten in Ostdeutschland arbeiteten in einem Betrieb mit Betriebsrat. Über die Zeit betrachtet bilden diese Zahlen den vorläufigen Endpunkt einer seit Jahren rückläufigen Entwicklung.«⁹ Dass nur knapp die Hälfte aller Beschäftigten von einem Betriebsrat vertreten wird und nur in etwas mehr als zehn Prozent aller Betriebe ein Betriebsrat besteht, ist vor allem auf die zahllosen Betriebe mit weniger als 100 Beschäftigten zurückzuführen.

Diese Entwicklung bedeutet, dass die Betriebsräte immer stärker in Anspruch genommen werden, bei gleichzeitig immer weniger Gremien, weniger Mitgliedern, steigenden Ansprüchen der Gewerkschaften, bei deren abnehmender Unterstützung und steigenden betrieblichen Anforderungen und stärkerer Belastung durch Arbeit. Gerade die Arbeit als Betriebsratsmitglied ist vielfältig und umfangreich, ein Blick auf die neun aufgelisteten allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats nach Paragraph 80 BetrVG deutet das an. So ist es die erste allgemeine Aufgabe, »darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltende Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden«.¹⁰ Um zu wissen, welche Bestimmungen das sind und wie eine solche »Überwachung« aussehen kann, hat jedes Betriebsratsmitglied Anspruch auf Freistellung von seiner Tätigkeit für Schulungen ohne Minderung der Bezüge. Schon der Absatz 2 des Paragraphen 37 BetrVG deutet manche Konfliktfälle an, denn die Arbeit im Gremium verursacht auch Kosten, die der Unternehmer zu tragen hat und somit seinen Profit schmälert. Aber es sind nicht nur die Aufgaben des Betriebsrats, die Zeit in Anspruch nehmen, auch die zahllosen Formalien, die es einzuhalten gilt, und die eingeschränkten Mitwirkungsrechte zur Ausgestaltung der Arbeit und der Arbeitsbeziehungen erzeugen Stress. Hinzu kommt, dass immer mehr Ausgestaltungserfordernisse, die ehemals in Tarifverträgen geregelt wurden, den Betriebsräten übertragen werden, wohl wissend, dass ihnen gar keine ausreichenden Durchsetzungsmittel zur Verfügung stehen.

So wird die Schwäche der Gewerkschaften zum weiteren Grund der Schwäche des Betriebsrats. Kommen außergewöhnliche Ereignisse wie etwa die Coronapandemie und die mit ihr verbundenen notwendigen Maßnahmen hinzu, steigen die Anforderungen an den Betriebsrat ins Unermessliche.¹¹ Zudem besteht das Erfordernis, eine weitere Einflussnahme der Rechten, die bei den vergangenen Betriebsratswahlen zwar nicht erfolgreich waren, zu begrenzen und in den Betrieben für einen antifaschistischen Konsens zu sorgen.¹²

Neue Strategien

Die alten Einschränkungen und Probleme des Instru­ments Betriebsrat sind geblieben. Neue kommen hinzu. Erstere sind begründet in der gewollten Aufteilung der Interessenvertretung der Beschäftigten zwischen Gewerkschaften und Betriebsräten und der rechtlich abgesicherten beschränkten Handlungsmächtigkeit der letzteren. Aber Betriebsräte sind nicht handlungsohnmächtig, insbesondere dann, wenn der Großteil der Belegschaft, für die Unternehmensseite sichtbar, hinter ihm steht. Daher sind gut gestaltete Betriebsversammlungen und regelmäßige Betriebsbegehungen so wichtig.

Die »Verrechtlichung« der betrieblichen Arbeitsbeziehungen ist geblieben und stellt ein großes Problem dar. Nicht nur, dass mehr und mehr Anwälte anstelle von Gewerkschaftssekretären zum Betriebsrat geladen werden. Auch in betreffenden Seminaren wird vor allem nach den rechtlichen Interpretationen des jeweils zu bearbeitenden Problems und den jeweils einschlägigen Paragraphen gefragt.¹³ Das Bewusstsein, dass Rechtsfragen Machtfragen sind, scheint weitgehend abhandengekommen zu sein, und das Internet hält die »richtigen« Antworten auf die vermeintlich rein juristischen Probleme angeblich jederzeit parat.

All dies nutzt dem Betriebsrat nichts angesichts von Herausforderungen, die entstehen, wenn die Verlagerung der Arbeitsplätze droht oder gar vollzogen wird. Der Anspruch auf Abschluss eines Interessenausgleichs bzw. eines Sozialplans kann die Arbeitsplätze meist nicht retten, sondern sichert eine Abfindung. »Outsourcing« ist das Schreckgespenst, das die Befriedigung des »Shareholder Value« abgelöst hat, auch wenn es in der Konsequenz das gleiche bedeutet. Entgrenzung¹⁴ und neuerdings »mobile Arbeit« und »Homeoffice« stellen eine neue Herausforderung für die Regulierung der Arbeitsbeziehungen dar. Kann das von einem Betriebsrat im Interesse der Beschäftigten geregelt werden? Dabei lautet die Frage grundsätzlich: Was ist das objektive Interesse der abhängig Beschäftigten?

Alternativen

Offensichtlich ist jedenfalls, dass der Betriebsrat oftmals eingerichtet wird, um Gewerkschaften draußen zu halten. Gleichwohl bedeutet die rechtliche Grundlage des Betriebsrats – das BetrVG – auch eine Anerkennung der Notwendigkeit der Interessenvertretung der Beschäftigten durch ihresgleichen. Die begrenzten rechtlichen Handlungsmöglichkeiten eines Betriebsrats können bejammert, aber eben auch genutzt werden, um Spaltungen und Handlungsbeschränkungen zu vermindern und abzuschaffen. Drei Beispiele seien genannt: Die Ausgestaltung der Arbeitsbeziehungen wird, sofern der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat (der Unternehmer kann also in diesem Fall nicht autonom handeln), durch Betriebsvereinbarungen zwischen Betriebsrat und Unternehmer für alle verbindlich geregelt. Gleichzeitig ist der Betriebsrat rechtlich verpflichtet, mindestens vier Betriebsversammlungen pro Jahr abzuhalten (während der Arbeitszeit, er hat das »Hausrecht«). Eine zeitliche Begrenzung gibt es nicht.

Manche Betriebsräte unterbrechen Betriebsversammlungen und führen sie fort, um etwa Druck aufzubauen. Was spricht dagegen, dass die Belegschaft im Vorfeld informiert wird, wie die anstehende Betriebsvereinbarung ausgestaltet werden soll und wie der Betriebsrat abstimmen will. Die Belegschaft entscheidet in der Betriebsversammlung. Es gibt zwar kein imperatives Mandat, aber ein Meinungsbild ist nicht verboten. Einmal pro Jahr muss der Unternehmer, abgestimmt mit dem Betriebsrat, einen Bericht zur ökonomischen Situation und Entwicklung des Betriebs bzw. des Unternehmens auf einer Betriebsversammlung geben. Ein Anlass, um mit der Belegschaft über geplante Investitionen zu diskutieren. Auf diese hat der Betriebsrat rechtlich keinen Einfluss. Und ein letztes Beispiel, wie eine rechtlich aussichtslose Situation gedreht werden kann: Befristungen sind kein Grund für den Betriebsrat, Einstellungen abzulehnen. Der Unternehmer kann die fehlende Zustimmung des Betriebsrats ersetzen lassen und wird immer Recht bekommen. Auf Dauer nervt das aber. Es gibt Beispiele, dass die Kapitalseite deshalb mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung abschloss, unter welchen Bedingungen und wieviele befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden können. Wichtig ist dabei, die Belegschaft aufzuklären, was Befristungen bedeuten.

Es gilt einen Weg zu finden, die abhängig Beschäftigten gegen die Spaltung zwischen Gewerkschaft und Betriebsrat wieder in Stellung zu bringen. Das setzt aber voraus, dass den Kolleginnen und Kollegen bewusst wird, wer den Reichtum produziert und was sie selbst wollen. Verkehrt wäre es, den Beschäftigten zu suggerieren: »Wir machen das für euch«. Stellvertreterpolitik erscheint zwar einfacher, führt aber nicht zum Ziel.


Anmerkungen

1 Vgl. WSI-Report NR. 34, 01/2017, S. 2

2 Michael Kittner: Arbeits- und Sozialordnung, Betriebsverfassungsgesetz, 45. überarb. Aufl., Köln 2020, S. 595

3 Rainer Trinczek zitiert hierzu Reiner Keßler: »Dass Rechtsnormen gesellschaftliche Machtverhältnisse widerspiegeln, zeigt sich nirgends so deutlich wie an der Regelung der Betriebsverfassung.« Rainer Trinczek: Betriebliche Regulierung von Arbeitsbeziehungen. In: Fritz Böhle/ u. a. (Hg.): Handbuch Arbeitssoziologie, ­Wiesbaden 2010, S. 845

4 »Das BetrVG räumt den Gewerkschaften nur sehr begrenzte Rechte im Betrieb ein. Gleichzeitig haben Betriebsräte mit dem BetrVG und der Wahl durch alle Beschäftigten eines Betriebes eine eigenständige Legitimationsgrundlage, die sie formal völlig unabhängig von den Gewerkschaften macht.« Hartmut Hirsch-Kreinsen/ u. a. (Hg.): Lexikon der Arbeits- und Industriesoziologie, Berlin 2013, S. 145

5 § 2 Abs.1 BetrVG

6 Das sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Zwar haben Gewerkschaften zu Recht mit dem BetrVG auch die Errichtung von Betriebsräten abgelehnt, aber diese Auseinandersetzung ging verloren. Heute ist es daher geradezu eine Pflicht, die Einhaltung beschlossener Gesetze einzufordern. Dabei gilt auch zu berücksichtigen, was die teilweise rabiate Einschüchterung von Beschäftigten, die sich für ihre Interessenvertretung einsetzen, mit ihnen macht.

7 Vgl. Werner Rügemer/Elmar Wigand: Die Fertigmacher. Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfung«, Köln 2017

8 Vgl. https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-5/tarifbindung-arbeitnehmer.html

9 https://www.mitbestimmung.de/html/mitbestimmung-in-­zahlen-14186.html

10 Allein die eingangs erwähnten Arbeits- und Sozialordnung listet auf mehr als 2.000 klein bedruckten Seiten mehr als 50 Gesetze und Verordnungen in Auszügen auf.

11 Vgl. Richard Detje; Dieter Sauer: Coronakrise im Betrieb. Empirische Erfahrungen aus Industrie und Dienstleistungen, Hamburg 2021

12 Vgl. Dieter Sauer u. a.: Rechtspopulismus und Gewerkschaften, Hamburg 2018

13 Grundsätzlich wird auf Betriebsratsseminaren gewerkschaftlich orientierter oder organisierter Bildungsanbieter danach gefragt, wie sich das Problem darstellt, welches Ziel verfolgt wird. Der Rechtsweg kann dabei ein Mittel sein.

14 Dieter Sauer: Arbeit im Übergang, Hamburg 2005

 

 

Quelle: Frank Rehberg: Stark nur mit Gewerkschaften, in: junge Welt, 04.04.2022,     S. 12 - 13.

Die Infoblog-Redaktion dankt dem Autor und der jungen Welt für die freundliche Abdruckgenehmigung 

 

6 Kommentare:

  1. Die Botschaft des Beitrags geht klar. Aber ich glaub, da brennt der Hut, wenn ich sowas lese wie: "Betriebsräte wurden 1920 als gesetzlich reguliertes Gegenmodell zur gewerkschaftlichen Vertretung aller Beschäftigten über Betriebsgrenzen hinweg geschaffen." Oder noch besser: »fortschrittliche Positionen seien in Gesetzesform festgeschrieben und ständig verbessert worden«. Am 13. Januar 1920 wurden vor dem Reichstag in Berlin mehrere Dutzend Arbeiter zusammengeschossen - das brutalste Vorgehen gegen eine Demo, das es in Deutschland je gab - und zwar, weil sie gegen dieses ach so fortschrittliche Gesetz waren, das die Betriebsräte kaltstellen, von alle wichtigen Fragen in Betrieb und Wirtschaft ausschließen, ihre Tätigkeit auf ein bisschen Mitsprache bei sozialen Angelegenheiten und Kündigungsschutz reduzieren sollte. Dieses Gesetz wurde nämlich nicht erlassen, um Betriebsräte einzuführen, sondern um ihren Einfluss zu begrenzen - also die letzten Relikte der Revolution zu beseitigen. Und daran hat sich bis heute trotz aller kleinen Fortschrittchen nur wenig geändert.
    Wir sollten uns vielleicht mal lieber mit unserer Geschichte beschäftigen, statt dauernd in irgendwelchen bescheuerten juristischen Kommentaren herumzuschmökern.

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    1. Das die Kapitalseite mit Unterstützung der Sozialdemokratie mit dem Betriebsrätegesetz von 1920 (und auch mit dem späteren Betriebsverfassungsgesetz) die Aufspaltung der Interessenvertretung der lohnabhängig Beschäftigten bewirkt hat, was global völlig anders lief, kann man wissen, wenn man sich informiert hat. Aber abgesehen davon, kann sich jeder Betriebsrat gewerkschaftlich organisieren und als Gewerkschafter Arbeitskämpfe durchführen. Niemand hindert ihn oder sie daran. Die Voraussetzung dafür ist halt politische Bildung.

      Und lustig finde ich immer wieder, wenn Betriebsräte, die sich widerstandslos elementar wichtige Grundrechte für ihre Interessenvertretung von den Chefs abknüpfen lassen, dann anfangen, von Revolutionsgeschichte zu schwadronieren.

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  2. Tja, wenn das so ist, liebe*r Anonym vom Freitag, 22. April 2022 um 17:46:00 MESZ, dann lag ich da wohl völlig falsch. Wenn ich gewusst hätte, was wir in Deutschland alles für tolle Möglichkeiten haben, dann hätte ich doch niemals so lustig schwadroniert. Kannst du mir echt glauben!

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  3. Jetzt stellt sich aber noch die Frage, wie du es findest, wenn Betriebsräte, die sich nicht widerstandslos elementar wichtige Grundrechte für ihre Interessenvertretung von den Chefs abknöpfen lassen, anfangen, von Revolutionsgeschichte zu schwadronieren. - Von der für dich offenbar unwichtigen Frage, ob das, was sie sagen, nicht vielleicht stimmen könnte, mal ganz zu schweigen!

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  4. Du hast voll Recht. Die sitzen in ihrem Betriebratsbüro, in der Tarifkommission von Verdi und in allen möglichen Ausschüssen und kriegen nix hin, aber ganz große Klappe, und Schuld sind immer die Andern.

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  5. Wirklich schön gesagt: „Die Voraussetzung dafür ist halt politische Bildung.“ Aber wo bleibt sie denn hier, wenn sich erst eine angeblich pflichtvergessener Betriebsrats-Schwadronierer zu Wort melden muss, damit die Tatsachen mal so ganz nebenbei klar gestellt werden.

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