Über Betriebsräte
Riders united will never be defeated: Gorillas-Beschäftigte erkämpfen Betriebsratswahlen
(Foto: www.arbeitsunrecht.de)
Alle vier Jahre wählen Angestellte und Arbeiter in den Unternehmen
dieses Landes ihre Interessenvertretungen. Bis Mai finden auch in diesem
Jahr die Wahlen zu den Betriebsräten statt. Die Zahl ihrer Mitglieder
bestimmt sich über die Größe der Belegschaft des jeweiligen Betriebs,
wobei das sogenannte Minderheitengeschlecht proportional zu seiner Größe
vertreten sein muss. Dass diese Vorschrift den »Gendergap« lange Zeit
nicht schließen konnte, wird an Zahlen deutlich: Noch im Jahr 2000 waren
nur etwa 24 Prozent der Betriebsratsmitglieder Frauen, während deren
Anteil an den Beschäftigten insgesamt 43 Prozent ausmachte. Inzwischen
entspricht die Repräsentanz in den Gremien weitgehend dem
Beschäftigtenanteil.1
Die gesetzliche Grundlage der Arbeit der
Betriebsräte ist das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) von 1972, das
mehrmals geändert wurde und auf das Betriebsrätegesetz von 1920
zurückgeht. »Verfolgt man die Geschichte der gesetzlichen
Interessenvertretung der Arbeitnehmer im Betrieb an den Texten der
einander folgenden Gesetze, so kann man (…) den Eindruck gewinnen,
fortschrittliche Positionen seien in Gesetzesform festgeschrieben und
ständig verbessert worden«, schreibt der Arbeitsrechtler Michael
Kittner, schränkt aber sogleich ein: »Jedoch nur im Zusammenhang mit der
politischen, sozialen und ökonomischen Entwicklung können die
Veränderungen des BetrVG und seiner Vorgänger verstanden und bewertet
werden.«2 Wenn der Autor im folgenden die Entwicklung der deutschen
Betriebsverfassung auch als eine Geschichte schwerer Niederlagen der
Arbeiterbewegung beschreibt, weist er gleichzeitig auf die Ambivalenz
dieses Gesetzes und vieler die Arbeitswelt normierender Verordnungen und
Rechtsprechungen hin.3
Pendant zu den Gewerkschaften
Betriebsräte
wurden 1920 als gesetzlich reguliertes Gegenmodell zur
gewerkschaftlichen Vertretung aller Beschäftigten über Betriebsgrenzen
hinweg geschaffen. Diese Entwicklung setzte sich trotz der Streiks und
der Ablehnung des Betriebsverfassungsgesetzes durch die Gewerkschaften
fort.⁴
Der maßgebliche Unterschied zwischen Gewerkschaften und
Betriebsräten ist im BetrVG so formuliert: Betriebsräte »arbeiten
vertrauensvoll (…) zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs
zusammen«.⁵ Daher darf der Betriebsrat nicht zum Arbeitskampf aufrufen
und ihn nicht als Mittel eines betrieblichen Konfliktes einsetzen. Im
Konfliktfall entscheidet, sofern der Betriebsrat in der betreffenden
Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht besitzt, eine paritätisch besetze
»Einigungsstelle« mit einem »unparteiischen« Vorsitzenden (zumeist ein
Arbeitsrichter) verbindlich. Jedenfalls sind, wie es an anderer Stelle
im BetrVG (§ 74 Abs. 2 ) heißt, »Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen
Arbeitgeber und Betriebsrat (…) unzulässig«. Davon abgesehen könnte der
Betriebsrat auch gar keinen Arbeitskampf veranlassen, da er über keine
Streikkasse verfügt, und betriebsübergreifende Streiks wären so auch
kaum möglich. Ein entscheidendes Druckmittel, die Unterbrechung der
Mehrwertproduktion, steht ihm nicht zur Verfügung. Das heißt aber nicht,
dass Betriebsratsangehörige in ihrer Funktion als
Gewerkschaftsmitglieder und Beschäftigte nicht zu Arbeitskampfmaßnahmen
aufrufen dürfen. Ganz im Gegenteil: Betriebsräte sind meist bekannt und
»Autoritätspersonen«, die Arbeitskampfmaßnahmen unterstützen können.