Eine Analyse des Koalitionsvertrages aus Gewerkschaftssicht
Betriebsrät*innen / Mitbestimmung
Ab Zeile 2341 beschreibt die Ampelkoalition ihr Ziel, die Mitbestimmung weiter zu entwickeln. Die Möglichkeiten der digitalen Betriebsratsarbeit sollen in der Entscheidung der Betriebsräte liegen.
Wir als Gewerkschaften sollen ein digitales Zugangsrecht entsprechend dem analogen Zugangsrecht zu den Betrieben bekommen. Die Behinderung der Betriebsratsarbeit, also auch bei der Einleitung von Betriebsratswahlen soll zukünftig ein Offizialdelikt sein und damit wären die Staatsanwaltschaften zuständig. Auch die Unternehmensmitbestimmung soll vor allem bei SE Gesellschaften weiterentwickelt werden. Inwieweit die Umgehungstatbestände vor allem der Konzerne im Einzelhandel bei der Umgehung der Unternehmensmitbestimmung angegangen werden bleibt offen.
In Zeile 4513 beschreien sie das Ziel auch die europäische Ebene in der Mitbestimmung zu stärken.
Tarifverträge / Tarifautonomie
Ab Zeile 2328 wird die
Stärkung der Tarifautonomie und der Tarifbindung als Ziel formuliert.
Bei Ausgliederungen mit dem Ziel der Tarifflucht soll in Zukunft die
Fortgeltung des bisherigen Tarifvertrages sicher
gestellt werden. Zur Verbesserung der Allgemeinverbindlichkeit unserer
Tarifverträge findet sich leider nichts.
Schutz des freien Sonntags
Die Ampelkoalition konnten sich wohl nicht zu einem Bekenntnis des freien Sonntags durchringen. Einzige Erwähnung finden Sonntagsöffnungen in Zeile 4117 im Zusammenhang mit öffentlichen Bibliotheken. Hier wollen sie Sonntagsöffnungen ermöglichen.
Mindestlohn / Altersarmut
In Zeile 85 wird das Versprechen formuliert den gesetzlichen Mindestlohn auf 12 Euro anzuheben. Leider gibt es kein erklärtes Ziel der Altersarmut den Kampf anzusagen (der Begriff kommt auf den 177 Seiten nicht vor) , vor allem auch bei unseren Kolleginnen und Kollegen im Handel der drohenden Altersarmut entschieden entgegen zu treten. An gleicher Stelle wird mit der Formulierung das Rentenniveau stabil halten zu wollen mit der gleichzeitigen Ausweitung der kapitalgedeckten privaten Altersversorgung nichts für unsere Betroffenen im Kampf gegen Altersarmut erreicht.
Einzelhandel
Der Koalitionsvertrag formuliert ab Zeile 858 ein Bekenntnis zum stationären Handel und spricht sich für fairen Wettbewerb aus. Das Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ und das Programm „Lebendige Zentren“ sollen fortgesetzt werden. Sie wollen wohl bei der Rückzahlung der Corona Hilfen den Händlern entgegen kommen.
Arbeitszeit
Scheinbar soll es nicht zum befürchteten Angriff auf das eh schon schlechte Arbeitszeitgesetz, durch Verkürzung der Ruhenszeiten und Ausweitung der täglichen Arbeitszeit, kommen. In Zeile 2228 ist lediglich beschrieben, dass den Gewerkschaften das Recht eingeräumt wird in Tarifverträgen Eingriffe vorzunehmen. Unser ver.di Vorsitzender Frank Werneke hat aber solchen Angriffen bereits eine Abfuhr erteilt.
Dies soll nur eine schnelle und erste Auswertung sein.
Klar wird aber, dass bei der Umsetzung sowie bei den Themen die nicht genannt sind,. unser engagiertes gewerkschaftliches Handel in den nächsten Monaten und Jahren gefragt ist. Der Koalitionsvertrag ist nicht geeignet die Hände in den Schoss zu legen und abzuwarten. Die Arbeitgeber und Konzerne werden konsequent ihre Interessen verfolgen. Lassen wir nach, werden sie sich sofort zu Lasten unserer Kolleginnen und Kollegen durchsetzen. Deshalb müssen wir in den Betrieben noch stärker werden.
Quelle: ver.di Handel Bayern
Hier geht´s zum Koalitionsvertrag
Armutsrenten und weitere Tarifflucht, das ist der Fortschritt a la Ampel.
AntwortenLöschenWahrscheinlich haben sich die meisten einfach verwählt. Ich wollte ja mein Kreuz auch bei der CSU machen - und denn war es plötzlich ganz woanders. Das ist bestimmt vielen so gegangen.
AntwortenLöschenIch finde das ganze Geampel wirklich faszinierend - vor allem natürlich die Grünen. Denen ist es gelungen, in knapp zweieinhalb Monaten mehr Ideale zu verraten, als die Union je hatte.
AntwortenLöschen