Montag, 29. November 2021

Was Beschäftigte von der Ampel zu erwarten haben

 Eine Analyse des Koalitionsvertrages aus Gewerkschaftssicht

 


Betriebsrät*innen / Mitbestimmung

Ab Zeile 2341 beschreibt die Ampelkoalition ihr Ziel, die Mitbestimmung weiter zu entwickeln. Die Möglichkeiten der digitalen Betriebsratsarbeit sollen in der Entscheidung der Betriebsräte liegen.

Wir als Gewerkschaften sollen ein digitales Zugangsrecht entsprechend dem analogen Zugangsrecht zu den Betrieben bekommen. Die Behinderung der Betriebsratsarbeit, also auch bei der Einleitung von Betriebsratswahlen soll zukünftig ein Offizialdelikt sein und damit wären die Staatsanwaltschaften zuständig. Auch die Unternehmensmitbestimmung soll vor allem bei SE Gesellschaften weiterentwickelt werden. Inwieweit die Umgehungstatbestände vor allem der Konzerne im Einzelhandel bei der Umgehung der Unternehmensmitbestimmung angegangen werden bleibt offen.

In Zeile 4513 beschreien sie das Ziel auch die europäische Ebene in der Mitbestimmung zu stärken.

Tarifverträge / Tarifautonomie

Ab Zeile 2328 wird die Stärkung der Tarifautonomie und der Tarifbindung als Ziel formuliert.  Bei Ausgliederungen mit dem Ziel der Tarifflucht soll in Zukunft die Fortgeltung des bisherigen Tarifvertrages sicher gestellt werden. Zur Verbesserung der Allgemeinverbindlichkeit unserer Tarifverträge findet sich leider nichts.

Schutz des freien Sonntags

Die Ampelkoalition konnten sich wohl nicht zu einem Bekenntnis des freien Sonntags durchringen. Einzige Erwähnung finden Sonntagsöffnungen in Zeile 4117 im Zusammenhang mit öffentlichen Bibliotheken. Hier wollen sie Sonntagsöffnungen ermöglichen.

 

Mindestlohn / Altersarmut

In Zeile 85 wird das Versprechen formuliert den gesetzlichen Mindestlohn auf 12 Euro anzuheben. Leider gibt es kein erklärtes Ziel der Altersarmut den Kampf anzusagen (der Begriff kommt auf den 177 Seiten nicht vor) , vor allem auch bei unseren Kolleginnen und Kollegen im Handel der drohenden Altersarmut entschieden entgegen zu treten. An gleicher Stelle wird mit der Formulierung das Rentenniveau stabil halten zu wollen mit der gleichzeitigen Ausweitung der kapitalgedeckten privaten Altersversorgung nichts für unsere Betroffenen im Kampf gegen Altersarmut erreicht.

 

Einzelhandel

Der Koalitionsvertrag formuliert ab Zeile 858 ein Bekenntnis zum stationären Handel und spricht sich für fairen Wettbewerb aus. Das Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ und das Programm „Lebendige Zentren“  sollen fortgesetzt werden. Sie wollen wohl bei der Rückzahlung der Corona Hilfen den Händlern entgegen kommen.

 

Arbeitszeit

Scheinbar soll es nicht zum befürchteten Angriff auf das eh schon schlechte Arbeitszeitgesetz, durch Verkürzung der Ruhenszeiten und Ausweitung der täglichen Arbeitszeit, kommen. In Zeile 2228 ist lediglich beschrieben, dass den Gewerkschaften das Recht eingeräumt wird in Tarifverträgen Eingriffe vorzunehmen. Unser ver.di Vorsitzender Frank Werneke hat aber solchen Angriffen bereits eine Abfuhr erteilt.

 

Dies soll nur eine schnelle und erste Auswertung sein.  

Klar wird aber, dass bei der Umsetzung sowie bei den Themen die nicht genannt sind,. unser engagiertes gewerkschaftliches Handel in den nächsten Monaten und Jahren gefragt ist. Der Koalitionsvertrag ist nicht geeignet die Hände in den Schoss zu legen und abzuwarten. Die Arbeitgeber und Konzerne werden konsequent ihre Interessen verfolgen. Lassen wir nach, werden sie sich sofort zu Lasten unserer Kolleginnen und Kollegen durchsetzen. Deshalb müssen wir in den Betrieben noch stärker werden.

 

Quelle: ver.di Handel Bayern

Hier geht´s zum Koalitionsvertrag

 

3 Kommentare:

  1. Armutsrenten und weitere Tarifflucht, das ist der Fortschritt a la Ampel.

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  2. Wahrscheinlich haben sich die meisten einfach verwählt. Ich wollte ja mein Kreuz auch bei der CSU machen - und denn war es plötzlich ganz woanders. Das ist bestimmt vielen so gegangen.

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  3. Ich finde das ganze Geampel wirklich faszinierend - vor allem natürlich die Grünen. Denen ist es gelungen, in knapp zweieinhalb Monaten mehr Ideale zu verraten, als die Union je hatte.

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