Samstag, 18. Dezember 2010

Sozialtarifvertrag oder Sozialplan: Wo liegt da der Unterschied?


Zunächst einmal müssen sich ein Sozialtarifvertrag oder ein betrieblicher Sozial­plan inhaltlich nicht voneinander unterscheiden. Prinzipiell kann in beiden das gleiche geregelt werden. Übrigens hat das Bundesarbeitsgericht höchstrichterlich entschieden, dass alle Dinge, die man typischerweise in einem Sozialplan verein­bart (Abfindungen, Versetzungen, Qualifizierungen etc.) eben auch tariffähig sind.Kommen wir nun darauf zu sprechen, warum STV und Sozialplan dennoch zwei Paar Stiefel sind. Das liegt zum einen daran, mit wem der Arbeitgeber die Vereinbarungen trifft. Bei einem Tarifvertrag ist dies immer die Gewerkschaft (im Falle von Hugendubel also ver.di), beim Sozialplan der örtliche Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat. 
Damit sind wir auch schon beim Kernproblem angelangt, nämlich der Frage der Durchsetzbarkeit. Wenn die Geschäftsleitung den Betriebsräten eine so starke Rolle zuweist, ehrt das sicherlich unsere Interessenvertretungen. Aber ausgerechnet in allen Fragen, die mit der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens zu tun haben, also dort, wo letztlich über die Arbeitsplätze entschieden wird, billigt der Gesetzgeber dem Betriebsrat nur relativ schwache Beteiligungsrechte zu. Da gibt es überhaupt nichts zu beschönigen. Will z.B. ein Arbeitgeber einen Betrieb schließen, kann das auf rechtlichem Wege durch den BR kaum verhindert werden. In einem Sozialplan geht es dann regelmäßig nur noch darum, die Folgen des Arbeitsplatzverlustes abzumildern.
Kommen wir nun darauf zu sprechen, warum STV und Sozialplan dennoch zwei Paar Stiefel sind. Das liegt zum einen daran, mit wem der Arbeitgeber die Vereinbarungen trifft. Bei einem Tarifvertrag ist dies immer die Gewerkschaft (im Falle von Hugendubel also ver.di), beim Sozialplan der örtliche Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat. 
In manchen Fällen kann es sogar Streit darüber geben, ob trotz größerem Arbeitsplatz - Abbau überhaupt ein Sozialplan abgeschlossen werden muss und Abfindungen zu zahlen sind. Dann wird es für Betriebsräte nochmals schwerer, gute Regelungen für die Betroffenen durchzusetzen. 
Ein Sozialtarifvertrag ist natürlich auch kein Allheilmittel. Aber ver.di stehen eben andere Mittel zu Gebote als dem Betriebsrat. Dieser darf nicht zu Aktionen und Arbeitskampfmaßnahmen aufrufen, wenn er etwas erreichen will. Unsere Gewerkschaft hingegen schon. Ist der Arbeitgeber also nicht willens, überhaupt Verhandlungen aufzunehmen oder weigert sich, bestimmte Forderungen zu akzeptieren, kann man ihn zum Abschluss eines Sozialtarifvertrags auf politischem Wege zwingen.
Auch ein Sozialplan ist erzwingbar, und zwar über eine sog. „Einigungsstelle“. Unter dem Vorsitz eines neutralen Dritten (zumeist ist dies ein Arbeitsrichter) versuchen die Betriebsparteien, sich zu verständigen). Das hat der Nürnberger Betriebsrat in diesem Jahr mit Erfolg gemacht. Mögliche Einschränkung siehe oben.
Was heißt das nun bezogen auf das neue Angebot der Geschäftsleitung von Hugendubel, den zum 31.12.2010 auslaufenden Sozialplan um zwei Jahre zu verlängern, wie im letzten Aushang mitgeteilt wurde?
Unser Arbeitgeber will freiwillig einen Sozialplan unterschreiben, obwohl es im Augenblick keinen konkreten Anlass (Schließungen, weiteres Outsourcing) gibt. Freiwillig hört sich gut an, heißt aber auch, er muss es nicht tun. Und bedeutet damit, dass ein Weg über die Einigungsstelle verschlossen bliebe.
Den Sozialplan aus 2009 einfach weitergelten zu lassen, kann nicht die Lösung sein. Dann bliebe es im Falle von Kündigungen bei zu niedrigen Abfindungen, dann gäbe es keine Regelungen zur Option Kurzarbeit, zur Zumutbarkeit neuer Arbeitsplätze oder zu Hilfen beim Umzug.
Gut, dass sich die Geschäftsleitung bewegt. Wenn wir aber mehr Sicherheit wollen, müssen wir auch mehr dafür tun. Lasst uns deshalb weiter für einen Hugendubel – Sozialtarifvertrag kämpfen!

Zusatzinformation: 
Mitbestimmungsmöglichkeiten des Betriebsrates 
Bei personellen Einzelmaßnahmen hat der Betriebsrat zahlreiche Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte. Zu den personellen Angelegenheiten zählen Dinge wie Umgruppierungen, Einstellungen und Kündigung.
Allerdings muss beachtet werden, dass Massenentlassungen, geplante Stilllegungen und eine Verlagerung des Betriebes nicht zu den personellen Einzelmaßnahmen zählen.
All diese Dinge gehören zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten und hier hat der Betriebsrat die geringste Mitbestimmung. Da es um unternehmerische Entscheidungen geht, sind diese Rechte begrenzt und können grundsätzlich vom Betriebsrat nicht verhindert werden.
Ihm bleiben in diesen Fällen nur Beratungsmöglichkeiten und letztendlich die Verhandlung über einen Sozialplan.
Der Sozialtarifvertrag greift genau in solchen Krisensituationen, wie Filial- und Abteilungsschließungen oder gar einer Kündigungswelle!

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