Ein Kommentar
Die Antwort auf diese Frage ist nicht schwer und sollte allgemein bekannt sein. Im Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen des Buchhandels und der Verlage in Bayern heißt es: „Der Arbeitnehmer oder der Auszubildende erhält einmal pro Kalenderjahr eine zusätzliche Leistung, die ganz oder in Teilen zum Urlaubsbeginn oder an Weihnachten zu zahlen ist (…) Die zusätzliche Leistung beträgt 150%. Grundlagen für die Berechnung der zusätzlichen Leistung ist das Tarifentgelt am 1 April eines jeden Jahres.“
Soweit, so gut! Aber wie kommt es zu dieser Regelung? Bekommen wir Weihnachtsgeld, weil wir so fleißig und tüchtig sind? Weil unser Arbeitgeber einfach nett ist und es gut mit uns meint?? Weil wir so brav sind und nicht streiken???
Oder weil wir uns organisiert und mit unserer Gewerkschaft die Forderung nach all den wunderbaren Dingen, die in Tarifverträgen festgeschrieben sind, immer wieder neu erhoben und in Verhandlungen oder Arbeitskämpfen durchgesetzt haben????
Letzteres ist der Fall. Deshalb müssten eigentlich alle Beschäftigten nicht nur unseres, sondern jedes Betriebes überhaupt gewerkschaftlich organisiert sein und sich gemeinsam für ihre Tarifverträge einsetzen. Denn strenggenommen stehen die dort vereinbarten Leistungen nur Gewerkschaftsmitgliedern zu.
Dass Arbeitgeber Tarifentgelte und Weihnachtsgeld auch den übrigen gewähren, hat allein stretegische Gründe: sie erreichen damit, dass große Teile ihrer Belegschaften es nicht für nötig halten, sich zu organisieren und zur Durchsetzung ihrer Interessen an Streiks teilzunehmen.
Die Kohle kommt ja trotzdem, so wie der Strom aus der Steckdose kommt. Für den Arbeitgeber rechnet sich das. Er schwächt damit die Gewerkschaften und muss insgesamt allen weniger zahlen: den Mitgliedern wie den Nichtmitgliedern.
Wenn manche Arbeitnehmer*innen also meinen, sie machen es besonders schlau, wenn sie sich Gewerkschaftsbeiträge sparen und sich obendrein beim Arbeitgeber lieb Kind machen, weil sie arbeiten, statt zu streiken, während andere den Kopf hinhalten und ihnen ihre nächste Gehaltserhöhung und ihr Weihnachtsgeld erkämpfen, lügen sie sich in die eigene Tasche.
Denn davon hat niemand einen Vorteil – schließlich und endlich werden alle verlieren, außer dem Arbeitgeber. Das ist ein bisschen so, als würden in einem Ruderboot fünfzig Leute sitzen, von denen aber nur fünf rudern. Am Schluss wird keine*r weit kommen.
Mit anderen Worten: Solidarität und Zusammenhalt sind gefragt. Gerade jetzt, in einer Zeit, in eine Krise die andere jagt, in einer Zeit, in der sich angesichts hoher Inflation und steigender Lebenshaltungskosten immer mehr Menschen Sorgen um ihre Zukunft machen müssen – und gerade unter Buchhändler*innen. Denn es ist inzwischen kein Geheimnis mehr, dass sie es sind, die von allen im Einzelhandel Beschäftigten am miesesten verdienen.
Deshalb sollten alle unsere Kolleg*innen, die dieser Tage auf ihre Gehaltsabrechnungen schauen und sehen, dass sie ihr wohlverdientes Weihnachtgeld erhalten haben, sich fragen, was verantwortungsvoller, kollegialer, aufrichtiger, ehrlicher ist: für die eigenen Interessen selbst eintreten oder sich wegducken und andere für sich kämpfen lassen?
Ich freu mich für jeden, der überhaupt noch Weihnachtsgeld bekommt... die Neuen bekommen ja schon keines mehr.
AntwortenLöschenEntgegen dem Irrglauben mancher Beschäftigter ist das "Weihnachtsgeld" keine milde Gabe von Herrn und Frau Hugendubel, sondern eine tarifliche Lohnsonderzahlung, die alle Beschäftigten, die bei Hugendubel im Geltungsbereich eines Tarifvertrages arbeiten, d.h. in der Tat ALLE und nicht "Alte" oder "Neue". Also aucn Streibrecher, die den Streikenden in den Rücken fallen, sich bei den Chefs einschleimen, keine Gewerkschaftsbeiträge bezahlen aber sich nicht entblöden, tarifliche Leistungen zu kassieren.
Löschen