Einige Klarstellungen zum Interview
von Nina Hugendubel im Buchmarkt
Seit Monaten streiken unsere Kolleg*innen in Ingolstadt, Mainz, München
und Würzburg. Läden blieben geschlossen oder mussten früher schließen.
An der Geschäftsführung ist das nicht ganz so spurlos vorübergegangen,
wie sie uns weismachen will. Zum ersten Mal hat Nina Hugendubel sich
nun in einem Interview im Buchmarkt am vergangenen Wochenende zur laufenden
Tarifrunde geäußert.
Hier ein paar Richtigstellungen zu ihren Antworten:
Hugendubel zeigt (angeblich) Verständnis für die Streiks und brüstet sich
damit, freiwillig ab November 5,5% mehr zu bezahlen. Angesichts be-
schämend niedriger Gehälter im Buchhandel, jahrelang ausgebliebener
Lohnerhöhungen und einer immer noch massiven Teuerungsrate ist das
nicht einmal der berühmte „Tropfen auf dem heißen Stein“.
Hugendubel ist zwar nicht in der Verhandlungsdelegation der Arbeitgeber
vertreten, nimmt als größter Buchhändler in Bayern aber mit Sicherheit
Einfluss auf die Verhandlungen. Deshalb wird unsere Firma vollkommen zu
Recht bestreikt. Das Almosen (siehe oben) ändert daran überhaupt
Der Verweis auf die Inflationsrate von 3,8% im Oktober führt in die Irre.
Über das gesamte letzte und auch in den übrigen Monaten dieses Jahr lag
die Teuerung deutlich höher. Die Beschäftigten haben dadurch heftige
Reallohnverluste erlitten. Hier gibt es nichts zu verharmlosen.
Unsere Forderung nach 2,50 Euro mehr pro Stunde soll insbesondere den
unteren Lohngruppen zu Gute kommen. Wenn dies dort eine Lohnerhöhung im zweistelligen Prozentbereich bedeutet, ist das keineswegs übertrieben, sondern
bittere Notwendigkeit!
Mit den bisherigen Gehältern zu überleben, wird immer mehr zu einem Ding der
Unmöglichkeit.Wenn als Kassier*in im Supermarkt zum Teil mehr verdient wird als
langjährige Buchhändler*in bei Hugendubel, ist das schlicht und einfach
ein Armutszeugnis für unser Unternehmen!
Wer gerne liest, fühlt sich als Beschäftigter bei uns wohl? Das traf
vielleicht in einer fernen Vergangenheit zu, als die Kolleg*innen noch
Freiräume bei ihrer Arbeit hatten, als ihr Know How noch gefragt war und
man bei Hugendubel ein ehrliches Interesse an ihrer Meinung zeigte.
Der Beruf der Buchhändler*in soll eine sinnstiftende Funktion haben?
Unter den jetzigen Bedingungen? Mit permanenter Arbeitsüberlastung?
Beinahe vollkommener Entmündigung?
Wenn es für jeden Handgriff eine Vorgabe aus der Zentrale gibt? Wenn die Beschäftigten sich wie kleine Kinder fühlen müssen, die lernen sollen, wie man den Löffel richtig hält?
Bei Arbeitsmittel, die einen eher von der Arbeit abhalten, als sie zuerleichtern?
Mit Verlaub, das ist Bullshit!
Weiterentwicklungsmöglichkeiten? Was mag damit bloß gemeint sein? Etwa klug konzipierte Weiterbildungsangebote? Eine höhere Eingruppierung, wenn neue Aufgaben dazu kommen undmehr Verantwortung übernommen wird? Eine unbefristete Übernahme nach erfolgreich abgeschlossenerAusbildung?
Wer das irgendwo findet, möge sich bei der Redaktion melden!
Vielen Dank für diese vollkommen richtige Gegendarstellung. Wer länger als ein Jahr bei Hugendubel arbeitet, erkennt sehr schnell, mit wieviel Augenwischerei und falschen Darstellungen hier gehandelt wird. Ständig steigende Anforderungen und Leistungsverdichtung bis zur Burnout-Grenze haben sicher nichts mit Freude am Arbeiten und Wohlfühlen am Arbeitsplatz zu tun, und auch garantiert nichts Sinnstiftendes. Unsere Illusionen, das Intellektuelle und Interessante an unserem Beruf haben wir schon lange an der Eingangstür abgeben müssen. Jetzt sind Ernüchterung, Frustration und Dienst nach Vorschrift angesagt.
AntwortenLöschenSehe ich genauso.
AntwortenLöschenNach all den Jahren, in denen wir uns zu Hause, außerhalb der Arbeitszeit für das Verkaufen mit den Büchern beschäftigen sagt uns Frau Hugendubel, dass wir nicht so viel verdienen brauchen, weil unsere Tätigkeit sinnstiftender ist als die der Kassierenden und weil wir Bücher gut leiden können????!!!?
EIN RESPEKTLOSER SCHLAG INS GESICHT.
Ich bin schon lange in der Partei... ähh... in dieser Firma beschäftigt.
AntwortenLöschenUnd ich bin der Ansicht, dass Nina und Maximilian Hugendubel eine ehemals relativ "fortschrittliche" Unternehmenskultur, die sicher auch motivierend auf viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirkte und deren Stärken und Fähigkeiten im Sinne des Unternehmenserfolgs zu nutzen wusste, mittlerweile zerstört haben. Umgeben von einigen verbliebenen "Abnickern" in der Zentrale haben sie den Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen vor Ort in den Filialen verloren, sie wollen ihn ja auch gar nicht wirklich.
Nina Hugendubels Ausführungen in dem Interview sind reine Augenwischerei gegenüber der Branchenöffentlichkeit, ich bin nicht nur peinlich berührt, ich bin empört. Es ist erschütternd, für wie dumm diese Geschäftsführung die Belegschaft hält. Oder ist sie sich einfach so sicher, dass ein großer Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich aus Angst oder Apathie nicht deutlicher äußern wollen?