10 Argumente gegen Streikbruch
1. »Ein Streik gefährdet doch nur unsere Arbeitsplätze.«
Noch kein einziges Unternehmen ist durch Lohnforderungen in die Krise geraten. Nur wegen eines Streiks geht keine Firma pleite. Unternehmen gehen pleite, wenn Manager*innen Mist bauen, nicht weil Gewerkschaften ein existenzsicherndes Gehalt fordern, das für ein gutes Leben ausreicht.
2. »Ich kann mein Team mit der vielen Arbeit nicht allein lassen. Das wäre unsolidarisch.«
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wer sich seinen Kolleginnen und Kollegen verpflichtet fühlt und solidarisch denkt, unterstützt den Arbeitskampf um höhere Löhne. Alle dürfen an einem Streik teilnehmen, niemand muss währenddessen die Arbeit der anderen übernehmen. Jene, die das tun, nennt man Streikbrecher – und das ist genau das Gegenteil von Solidarität.
3. »Ich arbeite sehr gerne hier. Mit meinem Gehalt komme ich zurecht. Warum sollte ich es auf einen Streit mit meinem Chef ankommen lassen?«
Streiken heißt nicht streiten. Streik ist ein Instrument zur Klärung der unterschiedlichen Interessen von Unternehmern und Beschäftigten, das aus unserer Verfassung abgeleitet wird (Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz).
Dieses Grundrecht soll für das notwendige Gleichgewicht in einer sozialen Marktwirtschaft sorgen. Und übrigens: Was heißt »mit dem Gehalt zurecht kommen«? Am Ende muss jede*r mit dem auskommen, was er oder sie verdient.
Ob die eigene Arbeitsleistung damit korrekt bezahlt ist, steht auf einem anderen Blatt. Schau ruhig einmal die Rentenauskunft an, die regelmäßig kommt bzw. online eingesehen werden kann. Du willst doch auch im Alter noch »zurechtkommen«, oder?! Auch deshalb sind regelmäßige Lohnsteigerungen notwendig.
4. »Wenn ich heute streike, muss ich das morgen wieder reinarbeiten. Das bringt nichts und erzeugt keinen Druck auf den Unternehmer.«
Beschäftigte sind nicht verpflichtet, die Zeit der Streikbeteiligung vor- und nachzuarbeiten. Trotzdem ist der Rückstand nach einiger Zeit wieder aufgeholt. Und das ist auch gut so: Schließlich wollen wir »unseren« Betrieb nicht ruinieren.
Wie lange es dauert, bis die Geschäfte wieder normal laufen, hängt vor allem von der Streikdauer ab. Das weiß auch der Unternehmer und er wird versuchen einzuschätzen, wie entschlossen die Belegschaft ist. Das wichtigste Signal ist dabei die Anzahl der Streikenden.
Je mehr Leute beim Start eines Streiks dabei sind, umso größer ist der Druck auf den Chef oder die Chefin, weil er oder sie dann eine längere Arbeitsniederlegung fürchten muss. Wer also Wert auf einen kurzen Streik legt, macht am besten von Anfang an mit.
5. »Ich bin bestimmt die Einzige von uns beim Streik. Tut mir leid, aber das trau‘ ich mich echt nicht.«
Stimmt, das könnte eine komische Situation sein. Aber du kannst selbst etwas dagegen tun: Streiks fallen nicht vom Himmel, sondern kündigen sich in der Regel schon Wochen vorher an. Sprich im Kreis deiner Kolleginnen und Kollegen über den »Streikfall«.
Diskutiere mit ihnen und stimmt euch ab. Je mehr Leute dabei sind, umso leichter fällt es mitzumachen. Am Ende haben dann jene die Arschkarte, die sich unsolidarisch zeigen. Die meisten Streikbrecher bewundern übrigens den Mut der Aktiven.
6. »Ich weiß nicht genug darüber, welche Folgen ein Streik für mich persönlich haben kann. Darum kann ich mich jetzt nicht entscheiden.«
Durch Flugblätter und auf Betriebsversammlungen informiert ver.di die Beschäftigten ausführlich über den Streik. Wer trotzdem noch Fragen hat, kann jederzeit bei der zuständigen ver.di-Gewerkschaftssekretärin bzw. ihrem Kollegen nachfragen. Nur die Gewerkschaft darf zum Streik aufrufen. Der Chef oder die Chefin darf den Streik nicht verbieten oder Beschäftigte wegen einer Streikbeteiligung benachteiligen oder mit Konsequenzen drohen.
7. »Streiken ist nur was für Gewerkschafter*innen, und da bin ich aus verschiedenen anderen Gründen kein Mitglied.«
Das ist sehr schade, lässt sich aber ändern. Streikrecht ist Grundrecht und die meisten größeren Unternehmen im Handel bezahlen die Beschäftigten nach denselben Tarifgruppen, egal ob organisiert oder nicht.
Also profitierst auch du als Nicht-Mitglied von den Arbeitsniederlegungen der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten. Streikgeld gibt‘s natürlich nur für Mitglieder, aber du kannst noch am Streiktag in die Gewerkschaft eintreten. Dann erhältst du ebenfalls Streikgeld, wenn auch fairerweise einen geringeren Betrag als deine Kolleg*innen, die schon länger dabei sind.
Zu unseren Mitgliedsbeiträgen: Bei ver.di führst du gerade mal 1% deines Monatslohns an die Gewerkschaft ab. Wenn wir z.B. 4% mehr Lohn erkämpfen, hat sich dieser geringe Beitrag schon ausgezahlt. Und wenn wir noch ein paar mehr ver.di-Mitglieder wären, könnten das nächste Mal auch 6% drin sein.
Einigkeit macht stark und Solidarität lohnt sich, auch finanziell.
8. »Wenn die anderen streiken, reicht das doch. Nach dem Streik kriege ich automatisch mehr Geld und stehe vor meinem Chef auch noch gut da.«
Ob dein Chef dich wirklich so toll findet, oder ob er sich Gedanken über deinen Teamgeist und dein Selbstbewusstsein macht, sei mal dahingestellt. All deine Ansprüche und Rechte sind irgendwann mit Streiks durchgesetzt worden. Und sie müssen immer wieder mit Streiks verteidigt werden.
Ein witziger Slogan der Tarifbewegung im Handel bringt das so auf den Punkt: »Streiken ist wie Beschweren, nur krasser«.
Fakt ist in jedem Fall: Je mehr Beschäftigte gewerkschaftlich organisiert sind, je mehr von ihnen hinter den Tarifforderungen stehen und sich aktiv dafür einsetzen – von Pausenaktionen über Warnstreiks hin zu ein- und mehrtägigen Tagesstreiks – desto besser sind unsere Durchsetzungskraft und die erzielten Abschlüsse, also auch deine Lohnentwicklung.
9. »Ich bin Auszubildender und darf doch sowieso nicht streiken!«
Da das Streikrecht ein Grundrecht ist, steht es auch Auszubildenden zu. Wenn es in der Tarifrunde auch um eure Ausbildungsbedingungen (z. B. Ausbildungszeiten, Ausbildungsvergütungen) oder um die Übernahme geht, dürft ihr auf jeden Fall streiken!
Das Streikrecht toppt auch das Ausbildungsrecht und damit die Berufsschulpflicht. Diese ist für die Dauer der Streikteilnahme ausgesetzt, das Fehlen gilt als entschuldigt. Um unnötigen Ärger zu vermeiden: Sagt vorher Bescheid, dass ihr wegen eurer Streikteilnahme in der Zeit nicht am Unterricht teilnehmen werdet.
10. »Die Chefs haben doch sowieso immer die besseren Karten….«
Verantwortung, Wertschätzung und soziales Entgegenkommen sind bei unseren Gegnern in den Tarifkonflikten tatsächlich äußerst selten. Es sei denn, sie werden dazu gezwungen.
Dort, wo viele Kolleginnen und Kollegen die Arbeit niederlegen und mit Aktionen klare Kante zeigen, gelingt uns das immer wieder. Und wenn wir erfolgreich zu Streiks für bessere Einkommen und gesündere Arbeitsbedingungen aufrufen, nutzt das unmittelbar auch dem Aufbau gewerkschaftlicher Gegenmacht.
Mehr Streikende, wirksame Arbeitskämpfe und mehr Gewerkschaftsmitglieder verschlechtern das Blatt der Kapitalseite, um im Bild zu bleiben. Und das kann in einer Wirtschafts- und Sozialordnung, deren Markenzeichen soziale Ungerechtigkeit, Umweltzerstörung und die stetige Steigerung der Profite sind, nur von Vorteil sein.
Denn wir brauchen eine gerechtere, solidarische Gesellschaft. Gerade der Handel bietet mit Tarifflucht und Lohndumping ein Paradebeispiel für asoziales Handeln, dem mit mehr gewerkschaftlicher Gegenmacht begegnet werden muss.
Für ver.di bleibt deshalb die Forderung nach Tarifverträgen, die für alle Unternehmen verbindlich gelten, ganz oben auf der Tagesordnung: Die Tarifabschlüsse sollen mit Hilfe einer Gesetzesnovelle auch gegen den Willen der Arbeitgeber für allgemeinverbindlich erklärt werden können, so der Kern unserer AVE-Initiative.
Erwerbs- und Altersarmut lassen sich erfolgreich bekämpfen: Durch engagierte, streikbereite ver.di-Mitglieder im Betrieb, die auch andere dazu motivieren, ihre eigene Sache in die Hand zu nehmen und u.a. für das gemeinsame Ziel existenzsichernder Einkommen zu kämpfen!
Quelle: www.verdi.de
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