Mittwoch, 21. April 2021

Was Beschäftigte bei der Steuererklärung beachten müssen

 Progressionsvorbehalt: Kurzarbeit und Einkommensteuer 2020


 Rechner

 

Viele Millionen Beschäftigte sind in der Corona-Krise auf Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld oder andere Leistungen angewiesen. Das kann bei der nächsten Steuererklärung Folgen haben. So kann der sogenannte Progressionsvorbehalt dazu führen, dass sie Steuern nachzahlen müssen. Ein Ratgeber für Beschäftigte.

Progressionsvorbehalt: 1,6 Milliarden Euro für den Staat

Der Fiskus nimmt für das Steuerjahr 2020 1,6 Milliarden Euro durch den sogenannten Progressionsvorbehalt beim Kurzarbeitergeld ein. Dies teilte Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag mit. „Der DGB fordert schon seit vielen Monaten, den Progressionsvorbehalt auszusetzen. Die Koalition muss jetzt endlich handeln, um weitere Härten für die Beschäftigten in Kurzarbeit zu verhindern. Wer mit dem Kurzarbeitergeld erhebliche Einkommenseinbußen hinzunehmen hat, soll nicht auch noch mit höheren Steuern zu kämpfen haben.

Steuernachzahlungen für Beschäftigte?

Gerade für Beschäftigte, die keine Aufstockung des Kurzarbeitergelds durch den Arbeitgeber bekommen, drohen untragbare Mehrbelastungen. Das gelte beispielsweise für Teile der Gastronomie, für den Einzelhandel, die Hotellerie aber auch andere eher mittelständisch geprägte Branchen. „Die Krise bringt ohnehin hohe Kaufkraftverluste mit sich. Auch deshalb ist es angebracht, dass hart getroffene Beschäftigte nicht noch zusätzlich durch höhere Steuern zu belasten“, so Körzell.

Kurzarbeit und Steuer: Die aktuelle Situation

Für mehr als zehn Millionen Menschen wurde in der Corona-Krise Kurzarbeitergeld beantragt, dass belegen die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit. Zudem ist die Arbeitslosenzahl 2020 um 429.000 im Vergleich zu Vorjahr gestiegen. Viele dieser Menschen waren und sind auf Lohnersatzleistungen angewiesen, also Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld I oder etwa Entschädigungszahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz. All diese Leistungen sind zwar steuerfrei, doch erhöhen sie den Steuersatz auf den regulären Arbeitslohn. Man sagt: Die Leistung unterliegt dem Progressionsvorbehalt.

Die Folgen des Progressionsvorbehalts

Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass Menschen, die in der Corona-Krise ihren Job verloren haben, mehr Steuern zahlen müssen und in vielen Fällen auch noch Steuern nachzahlen müssen. Denn der Arbeitgeber kann und darf beim monatlichen Lohnsteuerabzug nicht den höheren Steuersatz anwenden. Die Buchhaltung führt die Steuern so ab, als wäre keine Lohnersatzleistung gezahlt worden. Die Finanzämter fordern dann im Jahr 2021 eine Steuererklärung ein. Wer dann keine nennenswerten Werbungskosten geltend machen kann, wird eventuell Geld nachzahlen müssen. In manchen Fällen kann es aber, je nach Lage des Einzelfalls, auch zu höheren Erstattungen kommen. Dies hängt vor allem von der Steuerklasse sowie der Höhe der Lohnersatzleistung und davon ab, wie lange diese bezogen wurde.

 

Warum gibt es den Progressionsvorbehalt?

Die Höhe des Steuersatzes ist in der deutschen Lohn- und Einkommensteuer grundsätzlich abhängig von der Höhe des steuerpflichtigen Einkommens. Dahinter steht der Gedanke der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit: Wer mehr verdient, soll auch einen größeren Teil seines Einkommens als Steuern zahlen müssen.

Da sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aber nicht nur an den steuerpflichtigen Einkünften bemisst, sondern auch steuerfreie Bezüge diese Leistungsfähigkeit erhöhen können, kommt es zu diesem Effekt. Der Gesetzgeber hat dafür den Progressionsvorbehalt vorgesehen. Aus gewerkschaftlicher Sicht ist der Vorbehalt deshalb nicht von vornherein als ungerecht abzulehnen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat den Mechanismus gebilligt.

Was rät der DGB den Arbeitnehmerinnen?

Betroffene sollten sich auf eine Steuernachzahlung vorbereiten. Wenn man zwischen zehn bis zwölf Prozent der erhaltenen Lohnersatzleistungen zurücklegt, ist man meist auf eine Steuernachzahlung ausreichend vorbereitet. Auf der Webseite des bayerischen Landesamtes für Steuern   gibt es einen speziellen Rechner, mit denen Beschäftigte eine mögliche Nachzahlung, aber gegebenenfalls auch eine Erstattung, berechnen können.

Was gilt bei Zuzahlungen auf das Kurzarbeitergeld?

In vielen Branchen haben die DGB-Gewerkschaften Zuzahlungen der Arbeitgeber auf das Kurzarbeitergeld (von 60 bzw. 67 Prozent des vormaligen Nettolohns) erkämpft. Legt das Unternehmen was zum Kurzarbeitergeld oben drauf, so bleibt auch diese Zahlung steuerfrei, wenn beide Zahlungen zusammen auf der Berechnungsgrundlage des Kurzarbeitergeldes 80 Prozent nicht übersteigen. Auch hier greift der Progressionsvorbehalt.

Das ist zu beachten, wenn man seinen Job verloren hat

ArbeitnehmerInnen, denen gekündigt wird, erhalten möglicherweise eine Abfindung. In dieser Situation sollten sie sich fachkundige Beratung zur Seite holen. Denn eine solche Zahlung kann zu einem starken Anstieg der Steuerzahlung führen. Steuer-ExpertInnen können helfen, die Steuerlast auf das Nötigste zu begrenzen. So kann es zum Beispiel für Verheiratete günstiger sein, wenn sie auf eine gemeinsame Veranlagung verzichten.

Beratung für Beschäftigte bei Steuerfragen

Wer fachkundige Hilfe sucht, sollte bei seiner Gewerkschaft nachfragen. Hier kann man entweder kostenlose Hilfe durch fachkundige Ehrenamtliche erhalten. Oder die Gewerkschaften können vor Ort einen Tipp geben, bei welchem Lohnsteuerhilfeverein ein Gewerkschaftsmitglied einen Rabatt erhält.

 

DGB-Broschüre Lohnsteuer Grundbegriffe 2020 


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