Mittwoch, 15. Februar 2012

MEDIEN-LINKS: Kardinalsfehler, verspätetes Aufwachen - und das Management-Buyout


1. Die Münchner Hugendubel-Betriebsversammlung landet auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung

SZ-Redakteur Matthias Drobinski schreibt am 07.02.2012 (Print-Ausgabe, Seite 1) über den Verkauf des Weltbild-Konzerns unter dem Titel Profit mit der Sünde – und beginnt seinen Artikel mit der Tags zuvor im Münchner Literaturhaus versammelten Hugendubel-Belegschaft:

… den etwa 100 Hugendubel-Buchhändlern ist nicht nach Kampf zumute … anders als den Augsburger Weltbild-Kollegen, die kürzlich zornig zum Dom und zum Haus des dortigen Bischofs … marschierten, um ihrer Forderung nach einem Zukunftstarifvertrag Nachdruck zu verleihen. In München schwebt Unsicherheit im Raum: Was wird aus uns, wenn Weltbild verkauft wird … ?  … Die katholische Kirche … steht als große Arbeitsplatzgefährderin da.

Foto: wallguenter

2. Marx schwänzt Betriebsversammlung. Ein Kardinalsfehler – meint die Münchner Abendzeitung 
  
Kardinal Reinhard Marx blieb der Veranstaltung im Literaturhaus kommentarlos fern!

Der Betriebsratsvorsitzende Uwe Kramm: 
Bei der Versammlung ging es darum, die Mitarbeiter für die Auswirkungen eines Weltbild-Verkaufs auf ihre eigenen Arbeitsplätze zu sensibilisieren. 
 

Denn laut Gewerkschaft Verdi ist noch völlig offen, was nach dem Konzern-Verkauf mit der Weltbild-Tochterfirma Hugendubel geschehen wird. Die Beschäftigten fordern – ähnlich wie ihre Augsburger Weltbild-Kollegen – dringend eine tarifvertragliche Absicherung ihrer ungewissen Zukunft durch einen Sozial- oder Zukunftssicherungs-Tarifvertrag … Denn Hugendubel ist im Umbruch, „weiterer Personalabbau und Entlassungen stehen auf der Agenda“, heißt es beim „Hugendubel-Verdi-Infoblog“.



3. Aufbegehren später – vermutet der Buchreport

Während in Augsburg im Kampf um den Zukunftstarifvertrag bereits offen über Arbeitskampf diskutiert wird, herrscht in München eine auffällige Ruhe unter Mitarbeitern  – … der Funke ist noch nicht übergesprungen. „Die Passivität unserer Belegschaft ist erschreckend. (...) kämpferisch geht anders“, rekapituliert ein Leser im Hugendubel-Blog …

Betriebsratschef Uwe Kramm: „Wir müssen uns endlich auf die Hinterbeine stellen … Wenn wir bei Hugendubel eine tarifliche Absicherung haben wollen, müssen wir selbst aktiv werden.“ 

Und der Kommentar eines Buchreport-Lesers (J. Most aus Augsburg):
Schön ausgedrückt: Der Betriebsrat "ringt" um einen Sozialtarifvertrag. Das wird nie was. 
Die Belegschaft aber könnte ihn gemeinsam mit der Gewerkschaft "durchsetzen" – wenn sie das denn wollte …



4. In der Augsburger Allgemeinen befasst sich Michael Kerler mit eventuellen Kaufinteressenten des Weltbild-Konzerns: Die Frage nach dem Käufer ist noch offen

Die Gesellschafter wollen ... Ende Februar / Anfang März Richtlinien für den Verkauf festlegen. Dann wird es ernst. Namen kursieren bereits reichlich. 

Acht Szenarien werden skizziert und bewertet: 

- Medienhäuser: Bertelsmann, Holtzbrinck, Burda, …

- Buchhandelskette Thalia  

- Versandunternehmen: Amazon, Otto, …

- Kaufhausketten: Kaufhof, Karstadt (Investor Berggruen)

- Zerschlagung - und Verkauf der Filetstücke

- Finanzinvestoren
(nach der Methode: Firma aufkaufen – sanieren - unrentable Sparten schließen - um die Firma schließlich teurer weiterzuverkaufen …)

- Einstieg der obersten Mitarbeiter
(Bei einem Management-Buy-out übernehmen die leitenden Angestellten die Mehrheit des Betriebs ...
Schwer wird es hier aber wohl, Kapital aufzubringen: „Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass doch ein Finanzinvestor ins Boot geholt wird“, sagt Fusions- und Übernahmeexperte Axel Bartholomäus vom Beratungsunternehmen Bartholomäus & Cie -
http://www.ba-cie.de )

- Die Kirche verkauft nicht; stattdessen übernimmt ein kirchennahes Unternehmen die Geschäfte (in den Händen einer Bank oder Stiftung)

Carel Halff wird zitiert mit „Denken Sie nicht an die üblichen Verdächtigen“





6 Kommentare:

  1. Tja, wir werden noch richtig berühmt. Fragt sich bloß womit?!
    ("Zu spätes Aufbegehren" irgendwann mal auf dem SPIEGEL-Titel?)

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  2. "Wie die Schafe zur Schlachtbank geführt", könnte doch eine Schlagzeile lauten?

    Oder hier positiv:

    Einer für alle, Alle für Einen

    Wir haben es selbst in der Hand, wie der Titel lauten wird.

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    1. Ja, wir haben es in der Tat "selbst in der Hand". Allerdings ist das schon länger kein Geheimnis mehr.

      Doch was tut sich:

      "Bei der Versammlung ging es darum, die Mitarbeiter für die Auswirkungen eines Weltbild-Verkaufs auf ihre eigenen Arbeitsplätze zu sensibilisieren." (AZ)

      "Den Hugendubel-Buchhändlern ist nicht nach Kampf zumute" (SZ)

      "In München herrscht eine auffällige Ruhe unter den Mitarbeitern. Der Funke ist noch nicht übergesprungen." (Buchreport)

      "Wir müssen uns endlich auf die Hinterbeine stellen. Wenn wir bei Hugendubel eine tarifliche Absicherung haben wollen, müssen wir selbst aktiv werden." (Uwe Kramm im Buchreport)

      Alles klar?

      Es ist (fast) zum Verweifeln!

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  3. Öhm also ich für meinen Teil bin zu allem möglichen bereit, sehe aber nicht ein das zu organisieren und zu initiieren. Dafür habe ich meinen Betriebsrat in der Filiale gewählt. Dafür ist er jede Woche stundenlang in Sitzung oder bei Seminaren. Also erwarte ich dass er auch seinen Job macht.

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    1. Viele inaktive, übervorsichtige, konfliktscheue und gewerkschaftsferne BR-Mitglieder: das ist wirklich ein riesiges Problem in unserer Firma. Die Augsburger Weltbild-Kollegen führen uns vor Augen, wie das ganz anders aussehen und Erfolg haben kann.
      Doch nun ist es mal so bei uns, leider. Und BR-Wahlen sind jetzt auch keine, um die Verhältnisse dort zu korrigieren. Deshalb müssen WIR von unten Druck machen und den BR zu Aktionen bringen!
      Das wird funktionieren, es liegt an UNS!!!

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  4. Die "vielen inaktiven, übervorsichtigen, konfliktscheuen und gewerkschaftsfernen BR-Mitglieder" gibt es zwar tatsächlich.
    ABER: ich habe sie fast alle bei der letzten Betriebsversammlung gesehen,
    8o% der Belegschaft aber leider nicht.

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